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Arbeiten in der zweiten Reihe

Die Volksparteien haben Nachwuchssorgen, denn immer weniger junge Leute engagieren sich in Parteien. Die wenigen Jungpolitiker, die im Bundestag sitzen, versuchen den Interessen ihrer Generation mehr Geltung zu verschaffen, oft auch über Parteigrenzen hinweg.

Von Sabine Adler und Frank Capellan | 21.08.2008
    "Die Sitzung ist eröffnet."

    Ein Blick ins Reichtagsgrund genügt: Ein Jugendtreff ist der deutsche Bundestag keineswegs. Wie die beiden Volksparteien nicht nur immer weniger, sondern auch immer ältere Mitglieder haben, sind auch im deutschen Parlament Nachwuchspolitiker seltener anzutreffen. Dennoch: Es gibt sie. Die inzwischen mitgliederstärkste Partei, die CDU, stellt zusammen mit der CSU 225 Abgeordnete, nur 20 in der Unionsfraktion sind unter 35 Jahre alt. Andreas Jung aus Stockach im Landkreis Konstanz gehört dem Parlament inzwischen seit drei Jahren an und gilt mit seinen 33 Jahren als Greenhorn. Allerdings haben keineswegs nur die jungen, sondern alle frisch gewählten Volksvertreter zu Beginn jede Menge zu lernen und dürfen sich nicht scheuen, sogar ganz simpel klingende Fragen zu stellen.

    "Wo sitze ich eigentlich im Bundestag. Und ich dachte, weil ich es von meinem Vorgänger schon so wusste, der hat unten in seinem Keller noch seinen alten Sessel stehen, wo sein Name draufsteht, und deshalb sage ich, hat jeder seinen eigenen Platz. Da erzählte mir ein älterer Kollege, es sei also nicht so, sondern nur vorne wäre reserviert für Fraktionsvorstand und dahinter ist es so, dass jeder so sitzt, wie er eben morgens kommt. Also wenn man früh da ist, sitzt man weit vorne."

    Ob Fraktionschef Volker Kauder oder der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Norbert Röttgen, die meisten CDU-Abgeordneten sind ansprechbar für den Nachwuchspolitiker. Er fühlt sich in der Landesgruppe, in den Arbeitsauschüssen wie in der gesamten großen Fraktion gut aufgehoben. Wenngleich er in Berlin eines nicht vorfindet:

    "Gleichzeitig heißt es natürlich nicht, dass - wie man jetzt bei uns zuhause sagen würde - dass alles a g'mähtes Wiesle ist - also eine gemähte Wiese - man muss sich natürlich selber einarbeiten, man muss sagen, dass man sich in den Themen engagiert, also man muss sich stückweit seinen Platz schon auch erkämpfen."

    Ein einflussreicher Förderer kann den Start in ein erfolgreiches politisches Leben ungemein erleichtern, doch so viel Glück wie die 35-jährige Katharina Reiche aus Potsdam haben freilich wenige:

    "Klar ist, dass Angela Merkel 2005 mich vorgeschlagen hat, auch in der Fraktion, und mir ermöglicht hat, die Themen Bildung und Forschung - ja auch Zukunftsthemen, aber auch Umwelt- und Energiepolitik zu verantworten, zu überantworten und das war für mich eine Herausforderung, aber auch eine Chance zugleich. Auch ein Friedrich Merz hat mir ermöglicht, zu den Zeiten, als er den Fraktionsvorsitz innehatte, mich um einen sehr heiklen Bereich zu kümmern, nämlich die Biopolitik, also alles was zum Thema Stammzellforschung, ethische Fragen in der Medizin zu tun hat."

    Sozialdemokrat Florian Pronold allerdings legt Wert darauf, auch ohne großen Fürsprecher etwas geworden zu sein.

    "Ich hatte nie einen Ziehvater oder einen Förderer, der mich da speziell gehegt und gepflegt hätte!"

    "Ich kämpfe für meine Positionen!" betont der 36-Jährige selbstbewusst. Offenbar mit Erfolg: 1993 mit 21 in den SPD-Landesvorstand Bayern gewählt, seit 2004 Parteivize in Bayern, seit einem Jahr Mitglied im SPD-Bundesvorstand - der Rechtsanwalt aus Passau kommt bei den Genossen an, weil er auffällt:

    "Mei Urgroßmutter hat den Wahlspruch gebracht 'Lieber die Leut sagen, sie is bees, als dass sie sagen, sie is bleed' - auf Hochdeutsch: 'Besser man wird für böse gehalten als für blöd!'"

    Für böse halten Pronold viele, als er 2003 gegen Gerhard Schröder rebelliert. Der Querkopf aus Bayern will die Reformagenda des Kanzlers abmildern und sorgt für Schlagzeilen, weil er das erste Mitgliederbegehren in der Geschichte der Sozialdemokraten anstrengt:

    "Wer Politik verändern will, der muss auch anecken, und wer nicht aneckt, ist falsch in der Politik!"

    Meint der heutige Chef der bayerischen SPD-Politiker im Bundestag. Doch für Pronold gibt es auch Grenzen. Dass Wolfgang Clement aus der SPD fliegen soll, hält er für konsequent. "Der hat sich so weit von der Partei entfernt", so sein Urteil. "Da hat doch sowieso niemand mehr geglaubt, dass er noch SPD-Mitglied ist!" Wer sich so unsolidarisch verhält, muss seiner Ansicht nach mit einem Rausschmiss rechnen. Pronold wirft dem Ex-Minister vor, zu wenig für seine Überzeugungen gestritten zu haben.

    "Wenn man anstrebt, etwas zu verändern, dann wird man das nicht im Schlafwagen erreichen, sondern dann muss man für politische Mehrheiten kämpfen, da muss man unter Umständen auch von einer Minderheitsposition ausgehend lange Wege in Kauf nehmen, bis man eine Mehrheitsposition hat!"

    Damals beugte er sich der Mehrheit, nachdem ein Sonderparteitag Schröders Agenda abgesegnet hatte, heute sieht er sich am Ende seines langen Weges, weil unter Kurt Beck Teile dieser Agenda verändert werden. Sich Respekt verschaffen, weil man auch mal gegen den Strom schwimmt? - Pronold lächelt:

    "Jung, links und aufmüpfig kam damals wie heute in der Bayern-SPD gut an!"

    Eine Einstellung, der Pronolds Fraktionskollege Sören Bartol durchaus etwas abgewinnen kann:

    "Ich glaube, wir haben hier durchaus einige Charakterköpfe, die auch durch ihre Leistung gezeigt haben, dass sie selber etwas schaffen und sich dann auch mal etwas rausnehmen können. Wenn man Politiker möchte, die vielleicht auch mal ein bisschen Kanten und Ecken haben, dann muss man auch mal das Auge zudrücken, wenn es einem auch nicht gerade passt, was von denjenigen gerade gesagt worden ist."

    Katja Mast dagegen ist es zuwider, wenn sich Fraktionskollegen vor allem deshalb nach vorne drängen, um auf sich aufmerksam zu machen.

    "Für mich ist es so, dass ich sage: Ich profiliere mich mit der SPD und nicht gegen die SPD, und so mache ich auch Politik!"

    "Weil mancher das offenbar anders sieht, werden Sozialdemokraten als zerstritten wahrgenommen", beklagt die 37-jährige SPD-Abgeordnete aus Baden-Württemberg. "Einzelne schaden da der Partei!"

    "Es sind wahrscheinlich zwanzig oder dreißig, bei denen das regelmäßig stattfindet. Letztendlich entscheiden die Partei-Untergliederungen vor Ort, wen sie nominieren, wen sie in den Bundestag schicken, und die Wählerinnen und Wähler wählen auch einen Politikstil, wenn sie ihren Abgeordneten wählen."

    Ihr Stil jedenfalls ist es nicht, sich mit provokanten Thesen oder gezielten Sticheleien von der Masse der Genossen absetzen zu wollen. Katja Mast sucht ganz offensichtlich Rat von außen. Zuhause, in ihrem Pforzheimer Wahlkreis, hat sie sogar Schüler zu ihren persönlichen Politikberatern gemacht. "Was würden Sie denn der SPD empfehlen?", fragt sie, als das Gespräch auf das desolate Erscheinungsbild der Partei kommt. Dass die Sozialdemokraten gerade wieder über den richtigen Umgang mit der Linkspartei streiten, dass Andrea Ypsilantis Ambition, doch noch eine Minderheitsregierung in Hessen auf die Beine stellen zu wollen, wieder für Schlagzeilen sorgt, das bereitet Sozialdemokraten wie Katja Mast großes Unbehagen.

    "Was die SPD nicht so gut hinbekommt, ist, sich heftig zu streiten und hinterher in der Öffentlichkeit gemeinsam aufzutreten. Da - finde ich - kann man ab und zu von unserem Koalitionspartner lernen!"

    Der CSU-Politiker Karl Theodor Freiherr von Guttenberg will auffallen, nicht nur mit Worten. Zum Interview lädt er in die Parlamentarische Gesellschaft gegenüber dem Bundestag, denn sein Abgeordnetenbüro habe er an seine Mitarbeiter abgetreten, da er es ohnehin meist nicht benutze. Vor allem zu Beginn seiner Abgeordnetentätigkeit fühlte er sich selbst immer wieder auf die Probe gestellt. Die Versuchung, sich deutlich vernehmbar zu Wort zu melden, war hoch.

    "Zunächst reflexartig hoch und irgendwann beginnt man zu begreifen, dass die schnelle Äußerung beziehungsweise die renitente Äußerung sich nicht verselbständigen darf dahingehend, als dass man zur renitenten Institution wird. Das erhält einem zwar einen hohen Aufmerksamkeitsgrad in der Öffentlichkeit über eine ganze Weile hinaus, aber es gibt eben doch eine gewisse Grundarbeit zu erledigen, wofür man immer wieder auch die Unterstützung von Kollegen und der Fraktion braucht. Und Renitenz, ich sag jetzt mal zelebrierte Renitenz, ich bin sicher auch ein renitenter Mensch, aber zelebrierte Renitenz bei nahezu jedem Thema führt zwangsläufig auch immer zur Brüskierung jener, denen gegenüber man sich als widerständig erweist."

    Der christsoziale Oberfranke von Guttenberg ist kritisch genug, den Anteil zu kennen, den die Abgeordneten selbst daran haben, dass politische Auseinandersetzungen nicht mehr in den Parteistuben und Fraktionssälen geführt werden, sondern offen über die Medien. Von beiden Seiten, Presse und Politik wünscht er sich eine Rückbesinnung auf ihre eigentlichen Aufgaben und Rollen.

    "Wir haben ja im politischen Geschäft mittlerweile eine unsägliche Blackberry-Kultur, wenn Sie in eine Gremien-Sitzung gehen und sehen, wer alles unter den Tischen bereits den derzeitigen Diskussionsstand und die Deutung des Diskussionsstandes bereits nach außen gibt, da schüttelt es einen manchmal. Ich habe aber auch den Eindruck, dass es in Redaktionssitzungen nicht gänzlich unterschiedlich abläuft, zumindest manchmal, dass durchaus auch der Fall sein könnte. Dieser Kultur, ich möchte nicht sagen Unkultur, wird man sich annehmen müssen, wird man sich kreativer annehmen müssen. Da reicht es natürlich nicht, tränenblind nostalgisch die letzten Jahrzehnte zu beschwören, sondern es wird wahrscheinlich eines Stilwechsels bedürfen, der eine gewisse Distanz, respektvolle Distanz, wieder zulässt, der auch einmal, und das ist ein Anspruch, der in beide Gruppen hineingeht, in die Medien wie in die Politik, der auch einmal das Führen eines verwegenen Gedankens zulässt."

    Andreas Jung aus dem Landkreis Konstanz ist vier Jahre jünger, geht dennoch bedeutend vorsichtiger zu Werke, verwegenen Gedanken sind seine Sache nicht, Widerspruch schon. Ob Gesundheitsreform oder Staatsverschuldung, wenn die Interessen der zukünftigen Generationen nicht berücksichtigt werden, stellt er sich mit den jungen Abgeordneten seiner Fraktion auch mal gegen die Mehrheit. Katarina Reiche, die ihre Bekanntheit auch ihrem Eintreten für die Atompolitik gegen die Mehrheitsmeinung verdankt, gibt zu bedenken, dass sich die Wichtigkeit eines Politikers nicht allein an dessen Bekanntheit festmacht.

    "Es gibt sehr, sehr viele Kollegen, die an wirklich wichtigen Schaltstellen sind, die vermutlich die breite Masse der Bevölkerung nicht kennt, und die trotzdem wichtig, einflussreich, ja mächtig sind. Ein gewisser Bekanntheitsgrad ist vermutlich auch nicht von Nachteil, weil, es ermöglicht Botschaften und Themen zu setzen für die eigene Partei, aber auch für bestimmte Themen, auch zu werben, zu überzeugen, ja auch zu provozieren."

    Gemessen am Durchschnittsalter von 57 Jahren bei den Genossen und den 56 Jahren in der CDU sind die Bundestagsabgeordneten mit ihren durchschnittlich 49,3 Jahren vergleichsweise jung.

    Den Parteien kommen die Mitglieder abhanden, bei der SPD sind es seit Anfang der neunziger Jahre pro Jahr im Schnitt 24.000. Die Union hatte nie so viele Mitglieder wie die SPD, auch sie verliert welche. Und erstmals liegen SPD und CDU nahezu gleichauf mit rund 530.000. Zahlen, die Finanzminister und SPD-Vize Peer Steinbrück berechtigterweise Sorgen machen.

    "Eines Tages ist diese Partei nur noch die AG 60 plus, wenn wir nicht aufpassen!"

    Steinbrück sorgt sich darum, dass den Sozialdemokraten nicht nur die Parteisoldaten davonlaufen, sondern auch nicht genügend neue rekrutiert werden. Junge Leute heute hätten eben ein ganz anderes Verhältnis zur Politik:

    "Sie sind bereit, sich projektbezogen zu engagieren, aber sie sind nicht mehr bereit, sich über Jahrzehnte mit einer SPD zu verheiraten."

    Für Sören Bartol dürfte das nicht gelten. Der SPD-Abgeordnete behauptet von sich selbst, familiär vorbelastet zu sein. Schon seine Mutter war eine aktive Sozialdemokratin, da gehe man mit auf Feste und Veranstaltungen, solange bis man selber anfängt, politisch zu denken.

    "Und dann entscheidet man sich entweder für das Gegenteil von dem, was seine Eltern machen oder man sagt: Jawohl, diese Partei, das ist etwas, das gefällt dir, das macht dir Spaß, da willst du dich engagieren, und so ist es damals bei mir angefangen. "

    Als 16-Jähriger tritt er 1990 in die SPD ein. Bartol schmunzelt: "In meinem Parteibuch sind noch zwei Unterschriften, eine von Oskar Lafontaine, eine von Gerhard Schröder, das weiß ich noch ganz genau!" Weil er was verändern wollte, kandidierte er schließlich für den Bundestag. "Das ist Grundvoraussetzung", meint der in Marburg lebende Diplom-Politologe:

    "Ich glaube schon, dass an diesem idealistischen Anspruch, ob ich nun mit 50 das erste Mal in den Deutschen Bundestag komme oder wie ich damals mit 27, der Anspruch, etwas zu verändern, ist bei beiden gleich. Sonst sollte man auch nicht in den Deutschen Bundestag gehen!"

    Auch Katja Mast möchte etwas verändern. Bevor sie 2005 ins Parlament kam, hatte sie schon eine vielversprechende Karriere als Personalreferentin bei der Deutschen Bahn begonnen, doch dann wollte sie daran mitwirken, die Gesellschaft zum Guten zu verändern, etwa die Bildungschancen in Deutschland zu verbessern,

    "weil ich an meiner eigenen Biografie erlebt habe, wie wichtig es ist, auch die Chance zu haben, wenn man aus einem Hintergrund kommt wie ich, Abitur machen zu können, studieren zu können. Das ist der Grund, warum ich in die Politik gegangen bin, und wo ich auch finde, dass man viel bewegen kann."

    Die Mutter war alleinerziehend, brachte mit einer Halbtagsstelle vier Kinder alleine durch, erzählte sie. Da habe sie die Frage von sozialer Gerechtigkeit besonders umgetrieben - für sie lag der Weg in die SPD auf der Hand. Für Florian Pronold aus Bayern hat sich zunächst mit ehrenamtlicher Tätigkeit nach oben gearbeitet, in welcher Partei er sich engagieren würde, war für ihn zunächst gar nicht so klar:

    "Ich hab geschwankt so ein bisschen zwischen Rot und Grün, so rein vom Lebensgefühl her. Ich hab aber ein paar Monate vorher ein Buch gelesen über die Geschichte der SPD und insbesondere über den Widerstand gegen den Nationalsozialismus, und das hat mich tief beeindruckt. Da war für mich sehr klar, das geht aus dieser antifaschistischen Tradition in die sozialdemokratische Richtung."

    Bei den Christdemokraten führt der Weg in die Partei klassisch über die Junge Union, Andreas Jung aus Stockach am Bodensee ist ein Paradebeispiel.

    "Ich komme aus einem kleinen Ort, es gab kein Jugendhaus, es gab keine Zugverbindung, es gab keinen Stadtjugendpfleger, es gab für Jugendliche außer Fußball und Musikverein sehr wenig. Und wir haben dann gesagt, so darf es nicht bleiben, wir haben uns mit Freunden dafür eingesetzt, dass sich das ändert und haben dann sehr schnell gemerkt, dass, wenn man sich engagiert, wenn man Mitstreiter für seine Sache findet, dann kann man auch im Kleinen was bewegen."

    Wer heute in der Union um die 40 ist, für den war Helmut Kohl das Zugpferd in die CDU. Katharina Reiche ist voller Bewunderung für das Lebenswerk des Kanzlers der Einheit und Europas, dabei hat sie ihn selbst nur selten in kleineren Runden erlebt. Die SPD wäre für die Mutter dreier Kinder, über die eine Zeit lang in der Union getuschelt wurde, weil sie nicht verheiratet war, nicht in Frage gekommen.

    "Als familien- und hyperfrauenfreundlich kann ich auch eine SPD nicht empfinden. Wenn man sich mit jüngeren Kolleginnen auseinandersetzt und spricht, die beispielsweise auch Kinder bekommen haben während ihrer Abgeordnetentätigkeit, da stellt man Erschreckend- oder vielleicht auch Beruhigenderweise viele Parallelen fest."

    Linke Positionen bestimmen das Wirken des Sozialdemokraten Florian Pronold. Die Vermögenssteuer will er wieder einführen, um für mehr Gerechtigkeit zwischen Armen und Reichen zu sorgen. Geld gerechter zu verteilen, ist sein Ziel, deshalb hat er sich der Finanzpolitik verschrieben:

    "Ich verschweige auch nicht, dass es mir genauso lieb gewesen wäre, in den Bereich Arbeit und Soziales zu gehen, aber es ist so als Neuer, dass man nicht gleich in die Ausschüsse kommt, in die man gern will."

    "Das Spannende ist, in Berlin Inhalte umzusetzen, die man aus den Wahlkreisen mit auf den Weg bekommt", meint sein Parteifreund Sören Bartol.

    "Ich möchte jetzt nicht langweilig klingen, aber, ich bin 34 Jahre alt, ich bin jetzt seit 2002 im Deutschen Bundestag, ich selber muss sagen, für mich persönlich läuft es hier sehr gut, ich bin stellvertretender Sprecher meiner Arbeitsgruppe Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung, und ich finde, dass ich persönlich sehr zufrieden bin mit dem, was ich hier mache!"

    Freund - Feind - Parteifreund, diese Sicht auf die eigenen Parteifreunde ist den jungen Genossen wie Christdemokraten zu negativ. Dennoch geben sie hinter vorgehaltener Hand zu, dass es mitunter leichter ist, sich mit den Abgeordnetenkollegen jenseits der Parteigrenzen auszutauschen. Wichtig findet Katharina Reiche von der CDU diese Kontakte gerade im Hinblick auf ein mögliches gemeinsames Regieren allemal.

    "Wir haben jetzt einen Koalitionspartner, wo wir halt vor drei Jahren nicht dachten, dass wir ihn je haben würden, und da sind auch Netzwerke und ein Austausch jenseits von Ausschüssen, Koalitionsrunden wichtig. Aber es menschelt im Parlament wie es auch sonst menschelt."

    Karl Theodor Freiherr von Guttenberg hat auch mit der Linkspartei keine Berührungsängste, zumal wenn es um die jüngeren Kollegen geht, doch für Katharina Reiche und Andreas Jung sind Sondertreffen mit der Linkspartei tabu.

    "Wenn man jetzt gerade die junge CDU, Abgeordnete der jungen Grüne nimmt, dass man da auf einer sehr guten persönlichen Ebene sich treffen kann, miteinander reden kann und im übrigen auch in vielen inhaltlichen Fragen gar nicht so weit auseinander ist. Bei den Linken ist es so, dass jedenfalls wir als Junge in der Union da keine Treffen machen, weil wir aus der Vergangenheit der Partei der Linken da auch auf der Ebene die Zusammenarbeit ablehnen."

    Florian Pronold, der junge Genosse, der sich selbst als aufmüpfig bezeichnet, gehen die Kontakte einiger seiner Kollegen zu Abgeordneten der Linkspartei zu weit. Auch er engagiert sich in der sogenannten "Denkfabrik", einem Zusammenschluss junger Sozialdemokraten, die ganz bewusst auch die Diskussion mit Mitgliedern anderer Parteien suchen. Dass die sich aber im Juni mit Abgeordneten der Linkspartei trafen, hält er für einen Fehler.

    "Nicht, weil ich da ein Problem damit hätte, dass man miteinander spricht, aber wir haben eine Position beschlossen über die Frage Umgang mit der Linkspartei. "

    Und die habe er als SPD-Vorstandsmitglied mit getragen und die laute nun mal: Keine Gespräche mit Mitgliedern der Linken außerhalb der SPD. Die Volksvertreter quer durch die Parteien sind sich bewusst: Sie sind die Zeitarbeiter der Nation, ihre Beschäftigung kann mit dem Ende einer Wahlperiode vorbei sein. Andreas Jung vom Bodensee hütet sich deshalb vor allzu viel politischem Ehrgeiz.

    "Also ich glaube, das wäre falsch zu sagen, ich such mir jetzt dieses oder jenes Amt aus und das will ich erreichen, erstens, wenn man Politik macht, dann geht es erst mal um die Sache, man will in der Sache was bewegen, dann gehört zweitens natürlich dazu, dass man weiß, man kann vielleicht ein bisschen mehr bewegen, wenn man in der ein oder anderen Position ist. Aber ich glaube, jeder der Politik macht, weiß auch, dass es so viele unterschiedliche Wege gibt, dass es so viele Faktoren gibt, die dann solche Entscheidungen beeinflussen. Das ich finde, es wäre falsch, sich ganz konkret zu äußern, ein Ziel zu setzen."