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Arbeiten nah am Stammbaum

Drei von vier Unternehmen im deutschsprachigen Raum sind Familienunternehmen. Speziell ihnen widmet sich seit 1998 ein Institut an der Universität Witten/Herdecke. Jahr für Jahr organisieren die Studierenden dort einen Kongress zum Thema, in diesem Jahr unter dem Motto "Mut proben".

Von Christina Schaffrath | 10.02.2006
    Bei den Familienunternehmern ist Marko Sieber der Mut in besonderer Weise aufgefallen:

    " Es gibt Unternehmer, die sich verschuldet haben, um ihre Mitarbeiter zu halten, es gibt Unternehmer, die Firmen wieder zurückgekauft haben, die sie in der Vergangenheit verkauft haben, um Mitarbeiter zu retten, das empfinde ich schon als Mut."

    Klett Schulbücher, Ratiopharm Kopfschmerztabletten, Ritter Sport Schokolade, diese Produkte kommen nicht aus anonymen Großkonzernen, sondern aus überschaubaren Familienunternehmen. Das wissen die wenigsten, auch die Kongressorganisatoren haben sich da gewundert. Für Marko Sieber sind Familienunternehmen das Rückgrat der Gesellschaft.

    " Ich denke, es ist die Gesellschaftsform der Zukunft. Ich denke, die Wertdiskussion kommt immer mehr auf, und ich denke wir sind in unserer Generation auf dem ersten Schritt dahin, dass es nicht nur um einen reinen Kapitalwert geht, sondern dass es auch um andere Werte geht, und ich glaube es ist die einzige Institution, wenn man sich in der Gesellschaft umschaut, die diese realisieren kann."

    In der Praxis stehen Familienunternehmer vor ähnlichen Problemen, eines ist zum Beispiel die Liquidität. Familienunternehmen haben in Deutschland eine sehr niedrige Eigenkapitalquote. Sie müssen sich in größerem Maße fremd finanzieren, was durch erhöhte Anforderungen der Banken bei Kreditvergaben erschwert wird. Auch die Unternehmensnachfolge bringt immer wieder Konflikte: fehlende Nachfolger, Patriarchen, die nicht gehen wollen, Streit in der Familie. Die Kombination von Familie und Unternehmen sorgt leicht für Spannungen:

    " Probleme in der Familie kann sich jeder vorstellen, Probleme im Unternehmen kann sich jeder vorstellen, wenn man sich die jetzt noch kombiniert vorstellt, dann ist man glaube ich nahe dran Familienunternehmer zu sein und mit diesem Problem umgehen zu müssen."

    Der Kongress versucht den Familienunternehmern in Workshops Lösungsansätze zu bieten. Denn: Über ihre Probleme reden sie nicht gern, schon gar nicht öffentlich. Medienvertreter sind bei den Workshops am Wochenende nicht erwünscht.

    Familienunternehmen werden in der Öffentlichkeit in der letzten Zeit zwar verstärkt wahrgenommen, doch Professor Knut Lange vom Wittener Institut für Familienunternehmen erhofft sich noch eine andere Positionierung.

    "Was meines Erachtens Familienunternehmer besser machen müssten, ist eher eine Art Lobby Arbeit, also im Konzert der Großen, in Berlin und vor allem auch in Brüssel, mehr auf sich aufmerksam machen, das ist glaube ich was, was sie dringend lernen müssen und da müssen sie auch noch besser werden. "

    Um die Stärken von Familienunternehmen herauszustellen, haben die Wittener Wissenschaftler zehn Thesen zu Familienunternehmen erarbeitet. Sie sind zum Beispiel familiärer, was sich positiv auf Führungskräfte und Mitarbeiter auswirkt; oder beratungsresistenter, denn sie gehen davon aus, dass Probleme innerhalb der Familie gelöst werden. Auf dem Kongress werden diese Thesen zur Diskussion gestellt.

    " Die Aussage ist eben, was seid ihr eigentlich? Und wie kann es sein, dass man so wenig über euch weiß, außer dass ihr langfristiger denkt und genau da würden wir gerne drauf antworten mit diesen Thesen."