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Arbeitsbedingungen bei Ryanair
Arbeitsminister will Gründung von Betriebsräten erleichtern

Ryanair-Mitarbeiter beklagen seit Jahren schlechte Arbeitsbedingungen. Die Gründung von Arbeitnehmervertretungen hat die Fluglinie bisher weitgehend verhindert. Nun hat sich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil dafür ausgesprochen, die Bildung von Betriebsräten zu erleichtern – auch für das Kabinenpersonal.

Von Mischa Ehrhardt | 19.10.2018
    dpatopbilder - Mitarbeitern der Fluglinie Ryanair haben sich zu einem 24 Stunden dauernden Warnstreiks vor dem Check-in Schalter der irischen Fluggesellschaft versammelt haben. Die Gewerkschaften Cockpit und Verdi hatten zu dem Warnstreik aufgerufen. Foto: Silas Stein/dpa | Verwendung weltweit
    Streikende bei Ryanair: Die Politik möchte die Gründung von Betriebsräten erleichtern. (dpa)
    Zustände wie in einer Bananenrepublik herrschten bei Ryanair - das ist aus Sicht des Bundesarbeitsministers Hubertus Heil, SPD, nicht mehr hinnehmbar:
    "Wer versucht, Globalisierung mit Ausbeutung zu verwechseln, der hat den Widerstand der deutschen Politik und auch der ganzen Bundesregierung zu erwarten".
    In einem ersten Schritt ist der Widerstand allerdings sehr überschaubar, es handelt sich um eine kleine Änderung eines Gesetzesparagrafen. Der regelt, dass Piloten und Kabinenpersonal erst dann Betriebsräte organisieren können, wenn ein Tarifvertrag besteht. Da Ryanair diese Gesetzeslücke ausnutze, müsse man die Arbeitnehmerrechte an dieser Stelle stärken.
    "Und wenn man das erkennt, dann darf man nicht zugucken und nur lauwarme Solidaritätsadressen abgeben, sondern ist man als verantwortliches Regierungsmitglied aufgerufen, zu handeln, damit Betriebsräte möglich sind, damit es eine Betriebsratsgarantie auch für den Luftverkehr gibt."
    Ständige Angst vor Kontrollen und Drohungen
    Die Schilderungen beispielsweise einer in Frankfurt lebenden italienischen Ryanair-Mitarbeiterin, Mitte 20, sind ziemlich drastisch. Sie habe fortwährend Angst, dass Kontrolleure von Ryanair im Flug sitzen, die kontrollieren, ob sie sich genug engagiere – beispielsweise beim Verkauf von Speisen und Getränken. Wer nicht spurt, bekommt Drohungen aus Dublin. 700 der rund 1.000 Flugbegleiter beim irischen Billigflieger seien Leiharbeiter, die nur für geleistete Flugstunden bezahlt werden – Monatsgehalt im Schnitt zwischen 900 und 1.300 Euro.
    "Dass Menschen beginnen, sich gegen diese Verhältnisse zu wehren: Ich glaube, das verdient unser aller Anerkennung, unsere Sympathie und unseren Respekt. Dass hier trotz der massiven Repressionsversuche der Rücken gerade gemacht wird; und hier eine Kollegin gerade gesagt hat, sie wäre Mensch gewesen, bevor sie Kabinenpersonal geworden wäre. Und sie wolle Mensch bleiben und für ihre Menschenwürde und Menschenrechte auch streiten", sagt Verdi-Chef Frank Bsirske.
    Seit Donnerstag versucht die Gewerkschaft wieder, mit Ryanair einen Tarifvertrag für die Beschäftigten auszuhandeln. Allerdings heißt es aus Gewerkschaftskreisen, dass die Positionen nach wie vor sehr weit auseinander liegen, die Zeichen stehen also weiter auf Konfrontation. In einem ersten Schritt will die Gewerkschaft eine Regelung für den Standort Bremen finden. Den will Ryanair bereits Anfang November schließen – offenbar eine Reaktion auf die Streiks, an denen sich viele Beschäftigte auch an diesem Standort beteiligt hatten.
    Der Druck auf Ryanair jedenfalls wächst – von politischer und Gewerkschaftsseite. Denn sollte sich die Ryanair-Führung auch weiter kompromisslos zeigen, darf sie sich auf Gegenwind einstellen, meint Frank Bsirske:
    "Industriestandard durchzusetzen, das ist eines der wichtigen Ziele. Deutsche Arbeitsverträge für deutsche Beschäftigungsverhältnisse durchzusetzen, ist ein weiteres Ziel. Das sind alles keine Selbstverständlichkeiten für Ryanair. Und wir sind entschlossen, dem Nachdruck zu verleihen, gegebenenfalls auch mit weiteren Arbeitsniederlegungen."