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"Arbeitsgruppe Rotbarsch"

Die Ergebnisse klingen beim ersten Hören erschreckend: Um 70 Prozent soll der Rotbarschbestand im Nordatlantik zurückgegangen sein. Statt der erwarteten zwei Millionen Tonnen Fisch ergaben die Messungen nur 700. Möglicherweise liege das an der früheren Erhebungszeit als in den Jahren zuvor, so die Wissenschaftler. Es könne sein, dass die Rotbarsche noch nicht im Gebiet waren. Gegenüber dem Rat für Meeresforschung wolle man auf alle Fälle eine deutliche Warnung aussprechen. Zwar ist der Rotbarsch schon seit den fünfziger Jahren ein beliebter Speisefisch in Deutschland, doch die kommerzielle Hochseefischerei hat ihn erst vor 12 Jahren wirklich entdeckt. Damals war die Industrie auf der Suche nach einem Ersatz für den Kabeljau, dessen Bestand durch weltweite Überfischung extrem zurückgegangen ist. Rund fünfzehntausend Tonnen Rotbarschfilet landet die deutsche Hochseeflotte mittlerweile jährlich an. Diese Fische leben nicht in Schwärmen und werden mit speziellen Netzen gefangen, erklärt Dr Christoph Stransky, biologischer Leiter auf dem deutschen Forschungsschiff Walther Herwig III:

Von Britta Freith |
    Es ist eigentlich eine typische Sammelfischerei. Man versucht also, diese einzelstehenden Fische in einer langen Schleppdauer mit sehr großen Netzen zu fangen, um dann eben auf einen bestimmten Ertrag zu kommen.

    Diesen Fischbestand in einem Seegebiet zwischen Kanada und Island ausfindig zu machen, war die Herausforderung. Der deutsche Fahrtleiter Dr. Eckart Bethke weiß zwar, dass die Fische bestimmte Wassertemperaturen bevorzugen, aber durch Strömungen und Verwirbelungen ändern sich die Temperaturbereiche ständig:

    So ein bestimmter Wasserkörper, in dem der Rotbarsch vorkommt, der ist irgendwo. Aber man weiß nicht ganz genau, wo im großen Ozean. Man versucht also dann diesen Wasserkörper zu treffen und also in diesem Wasserkörper dann zu messen.

    Bis zu einer Tiefe von 500 Metern hilft das Echolot. Das kalibrierte Gerät arbeitet so genau, dass sogar die Fischgröße abgeleitet werden kann, sagt Dr. Bethke:

    Ping für Ping – ein 'Ping’ ist also ein Sendesignal – wird aufgezeichnet, und dann gibt es also so ein zweidimensionales Bild. Und anhand dieser Bilder kann man also sehen, ob da was anderes zwischen ist, oder ob das nur Rotbarsch ist.

    Unter 500 Meter Tiefe holen die Wissenschaftler die Rotbarsche mit dem Netz aus dem Wasser. Erfasst werden dann Körpergröße und Gewicht, Mageninhalt und Parasitenbefall. Die Parasiten sind für die Fischindustrie ein Ärgernis, weil sie den Ertrag verringern. Typisch sind sie vor allem bei Tieren aus flacheren Bereichen, erläutert Dr. Christoph Stransky:

    Die sind für den Verbraucher also nicht gefährlich; es ist einfach nur ein Krebstier, was sich da angeheftet hat, an der Haut oder im Muskulaturgewebe. Es wird also drumherum geschnitten, so dass die Ausbeute nachher geringer ist, als bei den Tieren, die im Tieferen vorkommen, wo wir nicht so hohe Parasitierung haben.

    Aus allen Daten zusammen ziehen die Wissenschaftler Schlüsse über die Lebens- und Wandergewohnheiten der Rotbarsche. Die Bestandsaufnahme ist an der Fischerei orientiert. Die zusammengefassten Ergebnisse von der Walther Herwig III und dem russischen und dem isländischen Schiff melden die Wissenschaftler weiter:

    Dieser Report wird dann vom Internationalen Rat für Meeresforschung in Kopenhagen, dem ICES, aufgenommen in einer Arbeitsgruppe, die diese Daten wiederum weiter bearbeitet und anhand dieses Berichts einen wissenschaftlichen Ratschlag erstellt, der an eine höhere Ebene wieder geleitet wird, die das Ganze wieder begutachtet und dann erst der politischen Ebene weitergibt. Das Fischereimanagement, hauptsächlich auf der EU-Ebene, verhandelt diese Fischereiquoten.

    Seit 1994 gibt es die Untersuchungen der Rotbarsche alle 2 Jahre; diesmal möchten die Wissenschaftler bereits im kommenden Jahr wieder los. Sie wollen absichern, ob der Rotbarschbestand tatsächlich zurückgegangen ist, oder ob es sich um einen Messfehler handelt.