Christian Brand ist ohne Anstellung. Arbeitslos. Sein Vertrag war abgelaufen; einen anderen Verein, einen neuen Arbeitgeber, hat er - noch - nicht gefunden. Daher führte, wie bei den anderen vier Millionen Deutschen, die seine Situation teilen, sein Weg jetzt zum Arbeitsamt :
Ich hab da kein Problem mit meiner Eitelkeit hinzugehen um mich da arbeitslos zu melden. Ich bin dahin, relativ früh morgens, da war halt noch nichts los und ich kannte das noch nicht und ich war halt einer der ersten, wenn nicht der Erste. Also ich war erst mal überrascht wie sehr modern eingerichtet war, das war mein erster Eindruck und dann hab ich das aus Vogelsperpektive betrachtet und wollte auch einfach mal sehen, wie es da so funktioniert im Amt.
Brand ist einer von etwa 200 Jobsuchenden der Branche Berufsfußball. Erstmals in der nunmehr 40jährigen Geschichte der Bundesliga steht ein Großteil der Profis auf der Straße. Noch nie zuvor hat es soviele arbeitslose Kicker gegeben. Die Bundesliga frißt ihre Kinder.
Auf Grund ihrer bisher gezahlten hohen Prämien beziehen Fußballer mit 435 Euro pro Woche auch den höchstmöglichen Betrag an Arbeitslosen-geld. Wirkliche Existenzprobleme haben die meisten der Kicker auf Jobsuche nicht. Für die Mittelklasse der deutschen Profis aber wird es schwer, sie waren mit Phantasiegehältern die wahren Profiteure einer völlig überhitzten Fußball-Branche.
40 Jahre Fußball-Bundesliga spiegeln vier Jahrzehnte bundesrepublikanischer Gesellschaft mit politischen Ansprüchen und Irritationen, kulturellen Hoffnungen und Verirrungen, wirtschaftlichen Höhen und Tiefen.
Die 50er Jahre sind vorbei.Im Westen Deutschlands hat sich die Adenauer-Republik eingerichtet. Es gibt viel zu tun, und es riecht alsbald nach Wohlstand. Vor allem der Fußball ist es, der die Massen bewegt.
Der Fußball, Lieblingssport der Deutschen, zieht seine Amateurismus-Schabracke aus und gibt sich professionell. Zeitzeuge Willi Küffner, damaliges Vorstandsmitglied des Bayrischen Fußballverbandes, erinnert sich an den 28.Juli 1962:
Um 17.40 Uhr ist mit 103 : 26, also sehr eindeutig, die Einführung der Bundesliga ab dem Spieljahr 1963/64 beschlossen worden
Damit liefert der Deutsche Fußball-Bund nur nach, was die europäische Konkurrenz längst schon vollzogen hat. Wieder einmal, wie öfter in der Vorkriegsgeschichte, haben regionale Streitigkeiten einer angemessenen Entscheidung lange im Weg gestanden. Willi Küffner :
Der starke Westen wollte schon immer den Fußball-Profi haben, in einer einheitlichen Liga , sprich Bundesliga. Der nicht minder starke Süden, eher konservativ ausgerichtet, war einfach dagegen. Aber man hat sich dann angenähert, und so kam es dann zu diesem Beschluß
Die Bundesliga ist von Anbeginn ein Medienereignis, zunächst noch vor allem im Hörfunk :
WDR O-Ton: Guten Tag, verehrte Sporthörer, zum ersten Mal treffen wir uns zu dieser Stunde und auf dieser Welle, um Ihnen vom deutschen Meisterschaftsfußball zu berichten. Heute beginnen die Spiele der Bundesliga und wir sind mit unseren Mikrofonen in gelsenkirchen bei Schalke 04 gegen den VfB Stuttgart, in Bremen beim Spiel Werder Bremen gegen Borussia Dortmund und in Münster bei der Begegnung Preußen Münster gegen den HSV dabei.
Sportchef Kurt Brumme vom WDR, damals wie heute Zentralstelle der Bundesliga-Übertragungen mit ihren Konferenz-Schaltungen zu seinerzeit acht, heute neun Spielorten, hat viel aus dem Studio zu berichten an jenem ersten Spieltag, am 24. August 1963:
279 000 Zuschauer sind zu den ersten acht Spielen der Fußball-Bundesliga gekommen. Den Rekord schießt das Spiel Hertha BSC gegen den 1. FC Nürnberg in Berlin ab: 50 000 Zuschauer. Das erste Tor der Bundesliga ist bereits gefallen, es wurde in der ersten Minute von Konietzka, dem Dortmunder Halbstürmer erzielt, beim Spiel gegen Werder Bremen in Bremen.
Vorwürfe von Steuerhinterziehung und Schwarzgeld-Zahlungen, die gerade in diesen Tagen wieder äußerst aktuell sind, haben die Liga von Anbeginn begleitet. Wegen unerlaubter Zahlungen in Zusammenhang mit dem Vereins- wechsel von Spielern werden die Klubs FC Schalke 04 und Karlsruher SC schon zum Start mit Punktabzügen bestraft. Spitzenspieler werden mit allen erlaubten und nicht erlaubten Mittel geködert, weil die Gründungsväter der Bundesliga möglichen finanziellen Auswüchsen durch die Festlegung von Pauschal-Summen als einheitliches Grundgehalt entgegenwirken wollen. Schalkes damaliger Präsident Hans-Georg König:
Nein, es ist so, dass man nicht eigentlich vom Handgeld aus geschlossen hat, sondern vom Grundgehalt. Wir haben für Herrn Lambert ein Grundgehalt von 400 Mark zu Grunde gelegt, für Herrn Hermann von 500 Mark.
Wirtschaftlich ist die Bundesliga immer ein Vorzeigeobjekt gewesen. Gelegentlich wird sie sogar zum Trendsetter. Etwa in der Frage der Trikotwerbung. Sportler als wandelnde Litfaßsäulen, das lehnen Politik und Sport bis in die 70er Jahre hinein ab. Aber der Lockruf des Geldes erweist sich als stärker und führt zu solchen Verirrungen : Der Bonner Jurist Dr. Hubert Claasen trägt als Vize-Präsident des Deutschen Sportbundes die Absage an Trikotwerbung mit, als Schatzmeister des Deutschen Fußball-Bundes treibt er sie energisch voran.
In der Saison1973 ist es dann soweit : Der Wolfenbütteler Alkohol-Fabrikant Mast bringt seinen "Jägermeister" auf die Brust der Spieler von Bundesligist Eintracht Braunschweig. Zehn Jahre später allerdings wehrt der DFB per Gericht den Versuch ab, "Jägermeister" offfiziell in Braunschweigs Vereinsnamen aufzunehmen. Likörfabrikant Günter Mast :
Ich mache das primär aus einer Marketingkonzeption für unser Produkt heraus. Das ist aber gleichzeitig die letzte Rettung für Eintracht Braunschweig gewesen.
Geld fließt also reichlich in die Vereine und bei den Spielern, als in den 70er Jahren ein Bestechungsskandal die Liga erschüttert. Spiele sind nach Mafia-Art regelrecht verschoben worden, besonders Akteure von Arminia Bielefeld, Hertha BSC Berlin und Schalke 04 sind beteiligt. Der Gemüsehändler und Präsident von Kickers Offenbach, Horst-Gregorio Canellas, lässt mittels Tonband-Mitschnitt die Bombe platzen :
Da müssen die Bielefelder die 120 geboten haben, sonst hätte er sie doch nicht von mir verlangt. Da war schon einer da mit 100 Mille. Mit 100 Mille war schon einer da. Der andere kommt noch.
In den 80er Jahren stellt die Fußball-Bundesliga ihre mediale Attraktivität unter Beweis. In Deutschland ist das duale System eingeführt worden, das Nebeneinander von Öffentlich-Rechtlichem Rundfunk und Privatmedien, die sich in erster Linie der Unterhaltung und dem Sport verschrieben haben.
Im Mai 1988 gibt der Deutsche Fußball-Bund die Fernseh-Übertragungsrechte erstmals in private Hände, obwohl damit ein Teil der Bevölkerung ausgeschlossen wird, der noch nicht verkabelt ist bzw. keinen Satellitenempfänger besitzt.
Nichts ist mehr so wie früher. Der Bundesliga-Samstag als Standard-Spieltag zerfleddert. Es gibt nun regelmäßig ein, zwei Spiele am Freitagabend sowie zwei Sonntag-Spiele. Das Versprechen des DFB-Präsidenten Egidius Braun noch aus dem Jahre 1999, zum Schutz des Amateur-Fußballs die Bundesliga "sonntags nie" vor 18 Uhr anzupfeifen, ist nur noch Makulatur.
Braun: Ich halte das für unmöglich mit dem 15.30 Uhr, im Augenblich halte ich das für unmöglich. Wir müssen einfach den Sonntagnachmittag bis 18 Uhr, wie das jetzt ist, schützen für unsere Amateure.
Geld regiert die Bundesliga-Welt, anscheinend unersättlich sind Spieler und Klubvorstände in ihrer Raffgier. Schließlich meldet sich die Basis. Eine Reihe von Fan-Initiativen entsteht, die bekannteste wird "15/30", die mit ihrem Namen die Rückkehr zum angestammten Bundesliga-Samstag-Nachmittag postuliert. In der Tat wird der Freitag als Spieltag wieder gestrichen, freilich vor allem wegen des geringen Zuschauerzuspruchs.
Krämer: Wir waren natürlich auch positiv überrascht, wie viele Leute sich uns angeschlossen haben. Nicht nur die aktiven Fans, sondern auch viele andere Fans und das wird wieder so sein.
Die Lust auf exklusives, teures Pay-TV aber bleibt in Deutschland begrenzt. Nur rund 2,5 Millionen Bundesbürger machen davon Gebrauch, weit weniger als in anderen europäischen Ländern. Leider - aus Sicht von Leo Kirch, dessen geschäftliche Pleite mit anschließendem Insolvenzverfahren im Frühjahr 2002 in erster Linie auf Fehleinschätzungen bei der Entwicklung des Bezahl-Fernsehens zurückgeführt wird. Zuletzt macht Abo-Sender PREMIERE täglich zwei Millionen Euro Verluste.
Lange weigern sich die Fußball-Funktionäre, laut über das Unvermeidliche nachzudenken. Noch Mitte März dieses Jahres, wenige Wochen vor Bekanntgabe der Kirch-Insolvenz, präsentiert sich die vom DFB nunmehr unabhängige Deutsche Fußball-Liga DFL mit neuem Logo, hochfliegenden Plänen - und Etatansätzen, die sich unverändert an den bereits vergangenen Zeiten des scheinbar unversiegenden Booms orientieren. DFL-Geschäftsführer Heribert Bruchhagen :
Geld fliesst weiter.
Im April 2002, noch während der Schlußphase der laufenden 39. Saison, geht Kirch pleite. Die Beteuerungen, mit der Bundesliga habe man "ein unverändert sehr gutes Produkt", verdecken die Macher der Fußball-Branche nur schlecht die Existenzängste, die vor allem finanzschwächere Klubs wie Energie Cottbus beschleichen. Die Zukunft ist unsicher.
Ironie des Schicksals : Zum schlechten Schluß ist nun auch noch ein unguter Start in die Jubiläums-Saison gekommen, der neben den finanziellen Problemen nun auch mit Vorwürfen wegen angeblicher systematischer Steuerhinterziehung und Schwarzgeld-Konten belastet ist. Verdächtigt werden nicht irgendwelche grauen Mäuse, sondern mit Bayer Leverkusen, dessen Nationalspieler Jens Novottny, Ex-Bayer-Trainer Christoph Daum und DFB-Präsident Gerhard Meyer-Vorfelder Protagonisten der Branche. - Hans Leyendecker von der "Süddeutschen Zeitung":
Da ging es zunächst darum, Herr Daum sollte ja Bundestrainer werden, den Vertrag zu gestalten. Beim DFB war ja alles klar, Hr. Daum sollte mehr bekommen als seine Vorgänger, Herr Vogts und Herr Ribbeck. dann hat sich herr Prinz mit Herrn Daum zusammengesetzt, dann hat Herr prinz ihn gefragt, wieviel er denn bekommen solle. Da hat Herr Daum gesagt: Ja, ich habe neun Millionen Mark verdient brutto bei Bayer Leverkusen und ich soll dasselbe bekommen. Da sagte Herr Prinz zu ihm: Gt, das schreiben wir dann rein. Ja, sagt er, bei bayer leverkusen hat sich das so zusammengesetzt, also ein Teil des Geldes war Schwarzgeld, das kam über Auslandskonten, ein Teil des Geldes war offiziell.
Die Bundesliga weist alle Vorwürfe kategorisch zurück. Dem entgegen steht die Aussage des Präsidenten der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Dieter Ondracek, dessen Organisation die vereinigten deutschen Steuerfahnder vertritt. Er schildert die aktuelle Situation ungeschminkt so:
In der Bundesliga wird gemauert. Die einschlägig bekannten Praktiken über systematische Steuerhinterziehung im Fußball werden so lange bestritten werden, bis die ersten großflächigen Beweise auf dem Tisch liegen. Noch fühlen sich die Funktionäre, Spieler und deren Berater mit ihren dunklen Kanälen im Ausland sicher. Aber irgendwann wird das ganze Gebäude zusammenstürzen.
Skandale um Gehälter und schwarze Kassen gab es schon immer in der Bundesliga, aber mit der Wandlung der Vereine zu mittelständischen Unternehmen Ende der 80er Jahre wurden die Abhängigkeiten von der Wirtschaft immer größer. Wolfgang Holzhäuser ist Finanzmanager beim Spitzenclub Bayer Leverkusen, zuvor war er als Ligasekretär beim Deutschen Fußball-Bund für die Lizensierungsverfahren der Profi-Clubs verantwortlich.
Tatsache ist, dass 1988/89 mit Eintritt der privaten Fernsehanstalten in die Fernsehlandschaft eine sprunghafte Entwicklung der Umsätze des Fußballs vonstatten gegangen ist, dass danach die Beträge, die gezahlt worden sind, stark explodiert sind. Das lag natürlich an der Konkurrenzsituation, die vorher nicht vorhanden war, vorher wurden wir von ARD und ZDF, ich sag mal: ausgenutzt auf Grund der Monopolstellung der Öffentlich-Rechtlichen.
Für die Saison 1965/66 hatten ARD und ZDF erstmals 650 000 Mark für die Fernsehrechte der Bundesliga gezahlt. Über 20 Jahre später war den Öffentlich-Rechtlichen der Fußball fast das 30fache wert. Dann trat Ende der 80er Jahre der junge Privatsender RTL auf den Plan und kaufte die Lizenzen für zu diesem Zeitpunkt enorme 40 Millionen Mark pro Saison. Mit Leo Kirch und dem so genannten Bezahlfernsehen explodierten die Rechtekosten regelrecht. Vergangene Saison kassierten die beiden Profiligen rund 360 Millionen Euro pro Saison, bis die Blase platzte. Der Kirch-Konzern ging in die Insolvenz und die Insolvenzverwalter handelten die Verträge wieder herunter. Und das, obwohl die Agentur AIM des Münchner Filmhändlers Herbert Kloiber mit 320 Millionen Euro das 290 Millionen Euro-Angebot von Kirch sogar noch überboten hatte.
Dieter Hoeness, Manager des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC Berlin, argumentierte, die Deutsche Fußball-Liga sei erpresst worden, der Pay-TV-Sender Premiere habe die Rechte ausschließlich von der Konzern-Schwester KirchMedia kaufen wollen. Für den Medienexperten Horst Röper, den Leiter des Dortmunder Formatt-Institutes, ein Fehler.
Hier gibt es eine deutliche beidseitige Abhängigkeit, das heißt, der Fußball will seine Ware auch im Pay-TV vermarkten, und kann das eben nur über Premiere. Andererseits gibt es auch die Abhängigkeit von Premiere von diesem Gut Fußball, einen Pay-TV-Sender hier in der Bundesrepublik zu managen ohne Fußball wäre sicherlich nicht erfolgreich.
Der Bezahl-Sender Premiere soll nach Informationen von Branchenkennern für den Fall der Fälle schon einen Vorvertrag mit Kloibers AIM abgeschlossen haben. Falls dieser Kontrakt zustande gekommen wäre, hätte der Pay-TV -Kanal seine Altschulden bei KirchMedia in Höhe von etwa 320 Millionen Euro zurückzahlen müssen. Dies aber hätte wohl dessen Existenz gefährdet. Bei dem Anschlussvertrag mit KirchMedia wurden diese Verbindlichkeiten dann gestrichen. Aber auch aus juristischen Gründen hat die DFL ihren alten Partner gewählt, wie Finanzmanager Holzhäuser betont.
Man muss sich für meine Begriffe darüber im Klaren sein, dass Kirchmedia weiterhin Vertragspartner der DFL war, selbst wenn sie in Insolvenz gegangen ist, bleibt es dabei, dass der Vertrag bestehen bleibt. Ich verhehle nicht, dass ich mit dem Abschluss unzufrieden bin.
Und zwar unzufrieden über einen aus seiner Sicht unzuverlässigen Partner, der weniger zahlen, dann aber noch eine einseitige Option haben will, die die DFL insgesamt vier Jahre binden würde. Und Kloibers AIM hat nach Aussage des DFL-Aufsichtsrates ein finanziell und strukturell sehr interessantes Angebot gemacht, das aber noch nicht ausverhandelt gewesen sei. Während KirchMedia nämlich ein 30-Seiten-Konzept vorlegte, präsentierte AIM sein Konzept aus Zeitmangel gerade einmal auf drei Seiten.
Wir mussten abschließen, weil die Mehrzahl der Vereine in finanzielle Notlage geraten, sehr darauf gedrängt haben, sehr frühzeitig und rechtzeitig vor Beginn der Runde einen gesicherten Vertrag zu haben. Das war unser Problem.
Die finanzstarken Fußball-Clubs hätten also lieber noch gewartet und ihre Budgets zwischenfinanziert, um mehr Geld herauszuholen. Ein anderer Grund war laut Holzhäuser die starke Verhandlungsposition von KirchMedia. Bei Vertragsabschluss mit einem anderen Partner hätte es ein langes juristisches Nachspiel gegeben. Für das insolvente Münchner Unternehmen war der Kontrakt überlebenswichtig, schließlich fordern die Gläubiger insgesamt 8,5 Milliarden Euro.
Und gleichzeitig bieten zur Zeit sieben Parteien für KirchMedia, in diesen Tagen soll entschieden werden, wer den Zuschlag erhält. Die Höchstgebote von momentan 2,6 Milliarden Euro wären ohne die Bundesligarechte nicht zustande gekommen. Das Unternehmen hätte deutlich an Wert verloren. Aber jetzt droht eine noch nie dagewesene Medienkonzentration. Denn ein aussichtsreicher Kandidat ist ein Konsortium, dem unter anderem die Verlage Springer, Bauer und Spiegel angehören. Horst Röper mahnt zur Vorsicht.
Ja sicher gibt es da eine Gefährdung für die publizistische Vielfalt. Wenn diese großen Verlage, dazu noch im Verbund mit dem Spiegel nun bei Kirch-Media die Kontrolle bekommen, das heißt die Sender Pro 7, SAT 1, Kabel 1, womöglich N 24, dann entsteht dort eine publizistische Macht, die einzigartig ist in einer Größenordnung, die wir in der Bundesrepublik bislang nicht gekannt haben.
Die Bundesliga-Vereine führen vor dieser 40. Saison einen schweren Kampf. DFL-Geschäftsführer Heribert Bruchhagen befürchtet zwei schwierige Jahre für die Liga mit Liquiditätsproblemen für einige Vereine. Nur 16 der 18 Erstligisten haben bisher einen Trikotsponsor. In der Regel erhalten die Vereine bis drei Millionen Euro für diese Werbeform, können damit aber die Verluste aus den TV-Einnahmen nicht ausgleichen.
Trotz aller Probleme hat der Gesamtetat der Bundesliga mit 665 Millionen Euro eine neue Rekordmarke erreicht. Aber gespart wird an allen Ecken und Enden. Für Spielertransfers wurden 35 Prozent weniger ausgegeben, nur die Spitzenclubs kauften Stars wie Ballack, Deisler oder Franca. DIe Zweitligisten Karlsruher SC und Alemannia Aachen kürzten die Gehälter. Beim VfB Stuttgart wehrten sich die Spieler gegen Gehälterkürzungen, deshalb strich das Management die Siegprämien.
Für Bernd Hoffmann, Geschäftsführer der Vermarktungsagentur Sportfive, können die Lücken in den Etats der Bundesliga mit einer konsequenteren Vermarktungsstrategie gefüllt werden.
Da gilt es für jeden Club, Potenziale zu erarbeiten und auch auszuheben, die sowohl auf der Kosteneinparnisseiteliegen als auch bei der weiteren Hinwendung Richtung Dienstleistung, im Bereich Ticketing, im Bereich Business-Seats, Logenvermarktung, einzelne Sponsoring-Dinge noch weiter auszubauen. Also da ist noch eine Menge Potenzial, wo ich glaube, dass die Lücke beim einzelnen Club noch gefüllt werden kann.
Auch Wolfgang Holzhäuser von Bayer Leverkusen sieht noch brachliegendes Potential in der Vermarktung der Vereine. Höhere Einnahmen aus dem Fernsehbereich wagt er nicht zu prognostizieren. Der Mainzer Professor Dieter Dörr beispielsweise hat die Verluste von etwa 20 Prozent beim jetzt gültigen TV-Vertrag erwartet. Seine Erwartungen an die Zukunft der Rechtevermarktung bleiben pessimistisch.
Wir werden einen moderaten Rückgang der Kosten für Sportrechte erleben, da bin ich ganz sicher. Weil die Sportrechte nicht mehr refinanzierbar waren. Das war ja ein Grund, warum der Kirch-Konzern ins Insolvenzverfahren gehen musste. Diese Sportrechte müssen ja refinanzierbar sein. Und bisher ist es so, dass die Rechte zu teuer und die Erlöse zu gering waren. Deshalb werden die Rechtekosten mit Sicherheit zurückgehen.
Ich hab da kein Problem mit meiner Eitelkeit hinzugehen um mich da arbeitslos zu melden. Ich bin dahin, relativ früh morgens, da war halt noch nichts los und ich kannte das noch nicht und ich war halt einer der ersten, wenn nicht der Erste. Also ich war erst mal überrascht wie sehr modern eingerichtet war, das war mein erster Eindruck und dann hab ich das aus Vogelsperpektive betrachtet und wollte auch einfach mal sehen, wie es da so funktioniert im Amt.
Brand ist einer von etwa 200 Jobsuchenden der Branche Berufsfußball. Erstmals in der nunmehr 40jährigen Geschichte der Bundesliga steht ein Großteil der Profis auf der Straße. Noch nie zuvor hat es soviele arbeitslose Kicker gegeben. Die Bundesliga frißt ihre Kinder.
Auf Grund ihrer bisher gezahlten hohen Prämien beziehen Fußballer mit 435 Euro pro Woche auch den höchstmöglichen Betrag an Arbeitslosen-geld. Wirkliche Existenzprobleme haben die meisten der Kicker auf Jobsuche nicht. Für die Mittelklasse der deutschen Profis aber wird es schwer, sie waren mit Phantasiegehältern die wahren Profiteure einer völlig überhitzten Fußball-Branche.
40 Jahre Fußball-Bundesliga spiegeln vier Jahrzehnte bundesrepublikanischer Gesellschaft mit politischen Ansprüchen und Irritationen, kulturellen Hoffnungen und Verirrungen, wirtschaftlichen Höhen und Tiefen.
Die 50er Jahre sind vorbei.Im Westen Deutschlands hat sich die Adenauer-Republik eingerichtet. Es gibt viel zu tun, und es riecht alsbald nach Wohlstand. Vor allem der Fußball ist es, der die Massen bewegt.
Der Fußball, Lieblingssport der Deutschen, zieht seine Amateurismus-Schabracke aus und gibt sich professionell. Zeitzeuge Willi Küffner, damaliges Vorstandsmitglied des Bayrischen Fußballverbandes, erinnert sich an den 28.Juli 1962:
Um 17.40 Uhr ist mit 103 : 26, also sehr eindeutig, die Einführung der Bundesliga ab dem Spieljahr 1963/64 beschlossen worden
Damit liefert der Deutsche Fußball-Bund nur nach, was die europäische Konkurrenz längst schon vollzogen hat. Wieder einmal, wie öfter in der Vorkriegsgeschichte, haben regionale Streitigkeiten einer angemessenen Entscheidung lange im Weg gestanden. Willi Küffner :
Der starke Westen wollte schon immer den Fußball-Profi haben, in einer einheitlichen Liga , sprich Bundesliga. Der nicht minder starke Süden, eher konservativ ausgerichtet, war einfach dagegen. Aber man hat sich dann angenähert, und so kam es dann zu diesem Beschluß
Die Bundesliga ist von Anbeginn ein Medienereignis, zunächst noch vor allem im Hörfunk :
WDR O-Ton: Guten Tag, verehrte Sporthörer, zum ersten Mal treffen wir uns zu dieser Stunde und auf dieser Welle, um Ihnen vom deutschen Meisterschaftsfußball zu berichten. Heute beginnen die Spiele der Bundesliga und wir sind mit unseren Mikrofonen in gelsenkirchen bei Schalke 04 gegen den VfB Stuttgart, in Bremen beim Spiel Werder Bremen gegen Borussia Dortmund und in Münster bei der Begegnung Preußen Münster gegen den HSV dabei.
Sportchef Kurt Brumme vom WDR, damals wie heute Zentralstelle der Bundesliga-Übertragungen mit ihren Konferenz-Schaltungen zu seinerzeit acht, heute neun Spielorten, hat viel aus dem Studio zu berichten an jenem ersten Spieltag, am 24. August 1963:
279 000 Zuschauer sind zu den ersten acht Spielen der Fußball-Bundesliga gekommen. Den Rekord schießt das Spiel Hertha BSC gegen den 1. FC Nürnberg in Berlin ab: 50 000 Zuschauer. Das erste Tor der Bundesliga ist bereits gefallen, es wurde in der ersten Minute von Konietzka, dem Dortmunder Halbstürmer erzielt, beim Spiel gegen Werder Bremen in Bremen.
Vorwürfe von Steuerhinterziehung und Schwarzgeld-Zahlungen, die gerade in diesen Tagen wieder äußerst aktuell sind, haben die Liga von Anbeginn begleitet. Wegen unerlaubter Zahlungen in Zusammenhang mit dem Vereins- wechsel von Spielern werden die Klubs FC Schalke 04 und Karlsruher SC schon zum Start mit Punktabzügen bestraft. Spitzenspieler werden mit allen erlaubten und nicht erlaubten Mittel geködert, weil die Gründungsväter der Bundesliga möglichen finanziellen Auswüchsen durch die Festlegung von Pauschal-Summen als einheitliches Grundgehalt entgegenwirken wollen. Schalkes damaliger Präsident Hans-Georg König:
Nein, es ist so, dass man nicht eigentlich vom Handgeld aus geschlossen hat, sondern vom Grundgehalt. Wir haben für Herrn Lambert ein Grundgehalt von 400 Mark zu Grunde gelegt, für Herrn Hermann von 500 Mark.
Wirtschaftlich ist die Bundesliga immer ein Vorzeigeobjekt gewesen. Gelegentlich wird sie sogar zum Trendsetter. Etwa in der Frage der Trikotwerbung. Sportler als wandelnde Litfaßsäulen, das lehnen Politik und Sport bis in die 70er Jahre hinein ab. Aber der Lockruf des Geldes erweist sich als stärker und führt zu solchen Verirrungen : Der Bonner Jurist Dr. Hubert Claasen trägt als Vize-Präsident des Deutschen Sportbundes die Absage an Trikotwerbung mit, als Schatzmeister des Deutschen Fußball-Bundes treibt er sie energisch voran.
In der Saison1973 ist es dann soweit : Der Wolfenbütteler Alkohol-Fabrikant Mast bringt seinen "Jägermeister" auf die Brust der Spieler von Bundesligist Eintracht Braunschweig. Zehn Jahre später allerdings wehrt der DFB per Gericht den Versuch ab, "Jägermeister" offfiziell in Braunschweigs Vereinsnamen aufzunehmen. Likörfabrikant Günter Mast :
Ich mache das primär aus einer Marketingkonzeption für unser Produkt heraus. Das ist aber gleichzeitig die letzte Rettung für Eintracht Braunschweig gewesen.
Geld fließt also reichlich in die Vereine und bei den Spielern, als in den 70er Jahren ein Bestechungsskandal die Liga erschüttert. Spiele sind nach Mafia-Art regelrecht verschoben worden, besonders Akteure von Arminia Bielefeld, Hertha BSC Berlin und Schalke 04 sind beteiligt. Der Gemüsehändler und Präsident von Kickers Offenbach, Horst-Gregorio Canellas, lässt mittels Tonband-Mitschnitt die Bombe platzen :
Da müssen die Bielefelder die 120 geboten haben, sonst hätte er sie doch nicht von mir verlangt. Da war schon einer da mit 100 Mille. Mit 100 Mille war schon einer da. Der andere kommt noch.
In den 80er Jahren stellt die Fußball-Bundesliga ihre mediale Attraktivität unter Beweis. In Deutschland ist das duale System eingeführt worden, das Nebeneinander von Öffentlich-Rechtlichem Rundfunk und Privatmedien, die sich in erster Linie der Unterhaltung und dem Sport verschrieben haben.
Im Mai 1988 gibt der Deutsche Fußball-Bund die Fernseh-Übertragungsrechte erstmals in private Hände, obwohl damit ein Teil der Bevölkerung ausgeschlossen wird, der noch nicht verkabelt ist bzw. keinen Satellitenempfänger besitzt.
Nichts ist mehr so wie früher. Der Bundesliga-Samstag als Standard-Spieltag zerfleddert. Es gibt nun regelmäßig ein, zwei Spiele am Freitagabend sowie zwei Sonntag-Spiele. Das Versprechen des DFB-Präsidenten Egidius Braun noch aus dem Jahre 1999, zum Schutz des Amateur-Fußballs die Bundesliga "sonntags nie" vor 18 Uhr anzupfeifen, ist nur noch Makulatur.
Braun: Ich halte das für unmöglich mit dem 15.30 Uhr, im Augenblich halte ich das für unmöglich. Wir müssen einfach den Sonntagnachmittag bis 18 Uhr, wie das jetzt ist, schützen für unsere Amateure.
Geld regiert die Bundesliga-Welt, anscheinend unersättlich sind Spieler und Klubvorstände in ihrer Raffgier. Schließlich meldet sich die Basis. Eine Reihe von Fan-Initiativen entsteht, die bekannteste wird "15/30", die mit ihrem Namen die Rückkehr zum angestammten Bundesliga-Samstag-Nachmittag postuliert. In der Tat wird der Freitag als Spieltag wieder gestrichen, freilich vor allem wegen des geringen Zuschauerzuspruchs.
Krämer: Wir waren natürlich auch positiv überrascht, wie viele Leute sich uns angeschlossen haben. Nicht nur die aktiven Fans, sondern auch viele andere Fans und das wird wieder so sein.
Die Lust auf exklusives, teures Pay-TV aber bleibt in Deutschland begrenzt. Nur rund 2,5 Millionen Bundesbürger machen davon Gebrauch, weit weniger als in anderen europäischen Ländern. Leider - aus Sicht von Leo Kirch, dessen geschäftliche Pleite mit anschließendem Insolvenzverfahren im Frühjahr 2002 in erster Linie auf Fehleinschätzungen bei der Entwicklung des Bezahl-Fernsehens zurückgeführt wird. Zuletzt macht Abo-Sender PREMIERE täglich zwei Millionen Euro Verluste.
Lange weigern sich die Fußball-Funktionäre, laut über das Unvermeidliche nachzudenken. Noch Mitte März dieses Jahres, wenige Wochen vor Bekanntgabe der Kirch-Insolvenz, präsentiert sich die vom DFB nunmehr unabhängige Deutsche Fußball-Liga DFL mit neuem Logo, hochfliegenden Plänen - und Etatansätzen, die sich unverändert an den bereits vergangenen Zeiten des scheinbar unversiegenden Booms orientieren. DFL-Geschäftsführer Heribert Bruchhagen :
Geld fliesst weiter.
Im April 2002, noch während der Schlußphase der laufenden 39. Saison, geht Kirch pleite. Die Beteuerungen, mit der Bundesliga habe man "ein unverändert sehr gutes Produkt", verdecken die Macher der Fußball-Branche nur schlecht die Existenzängste, die vor allem finanzschwächere Klubs wie Energie Cottbus beschleichen. Die Zukunft ist unsicher.
Ironie des Schicksals : Zum schlechten Schluß ist nun auch noch ein unguter Start in die Jubiläums-Saison gekommen, der neben den finanziellen Problemen nun auch mit Vorwürfen wegen angeblicher systematischer Steuerhinterziehung und Schwarzgeld-Konten belastet ist. Verdächtigt werden nicht irgendwelche grauen Mäuse, sondern mit Bayer Leverkusen, dessen Nationalspieler Jens Novottny, Ex-Bayer-Trainer Christoph Daum und DFB-Präsident Gerhard Meyer-Vorfelder Protagonisten der Branche. - Hans Leyendecker von der "Süddeutschen Zeitung":
Da ging es zunächst darum, Herr Daum sollte ja Bundestrainer werden, den Vertrag zu gestalten. Beim DFB war ja alles klar, Hr. Daum sollte mehr bekommen als seine Vorgänger, Herr Vogts und Herr Ribbeck. dann hat sich herr Prinz mit Herrn Daum zusammengesetzt, dann hat Herr prinz ihn gefragt, wieviel er denn bekommen solle. Da hat Herr Daum gesagt: Ja, ich habe neun Millionen Mark verdient brutto bei Bayer Leverkusen und ich soll dasselbe bekommen. Da sagte Herr Prinz zu ihm: Gt, das schreiben wir dann rein. Ja, sagt er, bei bayer leverkusen hat sich das so zusammengesetzt, also ein Teil des Geldes war Schwarzgeld, das kam über Auslandskonten, ein Teil des Geldes war offiziell.
Die Bundesliga weist alle Vorwürfe kategorisch zurück. Dem entgegen steht die Aussage des Präsidenten der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Dieter Ondracek, dessen Organisation die vereinigten deutschen Steuerfahnder vertritt. Er schildert die aktuelle Situation ungeschminkt so:
In der Bundesliga wird gemauert. Die einschlägig bekannten Praktiken über systematische Steuerhinterziehung im Fußball werden so lange bestritten werden, bis die ersten großflächigen Beweise auf dem Tisch liegen. Noch fühlen sich die Funktionäre, Spieler und deren Berater mit ihren dunklen Kanälen im Ausland sicher. Aber irgendwann wird das ganze Gebäude zusammenstürzen.
Skandale um Gehälter und schwarze Kassen gab es schon immer in der Bundesliga, aber mit der Wandlung der Vereine zu mittelständischen Unternehmen Ende der 80er Jahre wurden die Abhängigkeiten von der Wirtschaft immer größer. Wolfgang Holzhäuser ist Finanzmanager beim Spitzenclub Bayer Leverkusen, zuvor war er als Ligasekretär beim Deutschen Fußball-Bund für die Lizensierungsverfahren der Profi-Clubs verantwortlich.
Tatsache ist, dass 1988/89 mit Eintritt der privaten Fernsehanstalten in die Fernsehlandschaft eine sprunghafte Entwicklung der Umsätze des Fußballs vonstatten gegangen ist, dass danach die Beträge, die gezahlt worden sind, stark explodiert sind. Das lag natürlich an der Konkurrenzsituation, die vorher nicht vorhanden war, vorher wurden wir von ARD und ZDF, ich sag mal: ausgenutzt auf Grund der Monopolstellung der Öffentlich-Rechtlichen.
Für die Saison 1965/66 hatten ARD und ZDF erstmals 650 000 Mark für die Fernsehrechte der Bundesliga gezahlt. Über 20 Jahre später war den Öffentlich-Rechtlichen der Fußball fast das 30fache wert. Dann trat Ende der 80er Jahre der junge Privatsender RTL auf den Plan und kaufte die Lizenzen für zu diesem Zeitpunkt enorme 40 Millionen Mark pro Saison. Mit Leo Kirch und dem so genannten Bezahlfernsehen explodierten die Rechtekosten regelrecht. Vergangene Saison kassierten die beiden Profiligen rund 360 Millionen Euro pro Saison, bis die Blase platzte. Der Kirch-Konzern ging in die Insolvenz und die Insolvenzverwalter handelten die Verträge wieder herunter. Und das, obwohl die Agentur AIM des Münchner Filmhändlers Herbert Kloiber mit 320 Millionen Euro das 290 Millionen Euro-Angebot von Kirch sogar noch überboten hatte.
Dieter Hoeness, Manager des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC Berlin, argumentierte, die Deutsche Fußball-Liga sei erpresst worden, der Pay-TV-Sender Premiere habe die Rechte ausschließlich von der Konzern-Schwester KirchMedia kaufen wollen. Für den Medienexperten Horst Röper, den Leiter des Dortmunder Formatt-Institutes, ein Fehler.
Hier gibt es eine deutliche beidseitige Abhängigkeit, das heißt, der Fußball will seine Ware auch im Pay-TV vermarkten, und kann das eben nur über Premiere. Andererseits gibt es auch die Abhängigkeit von Premiere von diesem Gut Fußball, einen Pay-TV-Sender hier in der Bundesrepublik zu managen ohne Fußball wäre sicherlich nicht erfolgreich.
Der Bezahl-Sender Premiere soll nach Informationen von Branchenkennern für den Fall der Fälle schon einen Vorvertrag mit Kloibers AIM abgeschlossen haben. Falls dieser Kontrakt zustande gekommen wäre, hätte der Pay-TV -Kanal seine Altschulden bei KirchMedia in Höhe von etwa 320 Millionen Euro zurückzahlen müssen. Dies aber hätte wohl dessen Existenz gefährdet. Bei dem Anschlussvertrag mit KirchMedia wurden diese Verbindlichkeiten dann gestrichen. Aber auch aus juristischen Gründen hat die DFL ihren alten Partner gewählt, wie Finanzmanager Holzhäuser betont.
Man muss sich für meine Begriffe darüber im Klaren sein, dass Kirchmedia weiterhin Vertragspartner der DFL war, selbst wenn sie in Insolvenz gegangen ist, bleibt es dabei, dass der Vertrag bestehen bleibt. Ich verhehle nicht, dass ich mit dem Abschluss unzufrieden bin.
Und zwar unzufrieden über einen aus seiner Sicht unzuverlässigen Partner, der weniger zahlen, dann aber noch eine einseitige Option haben will, die die DFL insgesamt vier Jahre binden würde. Und Kloibers AIM hat nach Aussage des DFL-Aufsichtsrates ein finanziell und strukturell sehr interessantes Angebot gemacht, das aber noch nicht ausverhandelt gewesen sei. Während KirchMedia nämlich ein 30-Seiten-Konzept vorlegte, präsentierte AIM sein Konzept aus Zeitmangel gerade einmal auf drei Seiten.
Wir mussten abschließen, weil die Mehrzahl der Vereine in finanzielle Notlage geraten, sehr darauf gedrängt haben, sehr frühzeitig und rechtzeitig vor Beginn der Runde einen gesicherten Vertrag zu haben. Das war unser Problem.
Die finanzstarken Fußball-Clubs hätten also lieber noch gewartet und ihre Budgets zwischenfinanziert, um mehr Geld herauszuholen. Ein anderer Grund war laut Holzhäuser die starke Verhandlungsposition von KirchMedia. Bei Vertragsabschluss mit einem anderen Partner hätte es ein langes juristisches Nachspiel gegeben. Für das insolvente Münchner Unternehmen war der Kontrakt überlebenswichtig, schließlich fordern die Gläubiger insgesamt 8,5 Milliarden Euro.
Und gleichzeitig bieten zur Zeit sieben Parteien für KirchMedia, in diesen Tagen soll entschieden werden, wer den Zuschlag erhält. Die Höchstgebote von momentan 2,6 Milliarden Euro wären ohne die Bundesligarechte nicht zustande gekommen. Das Unternehmen hätte deutlich an Wert verloren. Aber jetzt droht eine noch nie dagewesene Medienkonzentration. Denn ein aussichtsreicher Kandidat ist ein Konsortium, dem unter anderem die Verlage Springer, Bauer und Spiegel angehören. Horst Röper mahnt zur Vorsicht.
Ja sicher gibt es da eine Gefährdung für die publizistische Vielfalt. Wenn diese großen Verlage, dazu noch im Verbund mit dem Spiegel nun bei Kirch-Media die Kontrolle bekommen, das heißt die Sender Pro 7, SAT 1, Kabel 1, womöglich N 24, dann entsteht dort eine publizistische Macht, die einzigartig ist in einer Größenordnung, die wir in der Bundesrepublik bislang nicht gekannt haben.
Die Bundesliga-Vereine führen vor dieser 40. Saison einen schweren Kampf. DFL-Geschäftsführer Heribert Bruchhagen befürchtet zwei schwierige Jahre für die Liga mit Liquiditätsproblemen für einige Vereine. Nur 16 der 18 Erstligisten haben bisher einen Trikotsponsor. In der Regel erhalten die Vereine bis drei Millionen Euro für diese Werbeform, können damit aber die Verluste aus den TV-Einnahmen nicht ausgleichen.
Trotz aller Probleme hat der Gesamtetat der Bundesliga mit 665 Millionen Euro eine neue Rekordmarke erreicht. Aber gespart wird an allen Ecken und Enden. Für Spielertransfers wurden 35 Prozent weniger ausgegeben, nur die Spitzenclubs kauften Stars wie Ballack, Deisler oder Franca. DIe Zweitligisten Karlsruher SC und Alemannia Aachen kürzten die Gehälter. Beim VfB Stuttgart wehrten sich die Spieler gegen Gehälterkürzungen, deshalb strich das Management die Siegprämien.
Für Bernd Hoffmann, Geschäftsführer der Vermarktungsagentur Sportfive, können die Lücken in den Etats der Bundesliga mit einer konsequenteren Vermarktungsstrategie gefüllt werden.
Da gilt es für jeden Club, Potenziale zu erarbeiten und auch auszuheben, die sowohl auf der Kosteneinparnisseiteliegen als auch bei der weiteren Hinwendung Richtung Dienstleistung, im Bereich Ticketing, im Bereich Business-Seats, Logenvermarktung, einzelne Sponsoring-Dinge noch weiter auszubauen. Also da ist noch eine Menge Potenzial, wo ich glaube, dass die Lücke beim einzelnen Club noch gefüllt werden kann.
Auch Wolfgang Holzhäuser von Bayer Leverkusen sieht noch brachliegendes Potential in der Vermarktung der Vereine. Höhere Einnahmen aus dem Fernsehbereich wagt er nicht zu prognostizieren. Der Mainzer Professor Dieter Dörr beispielsweise hat die Verluste von etwa 20 Prozent beim jetzt gültigen TV-Vertrag erwartet. Seine Erwartungen an die Zukunft der Rechtevermarktung bleiben pessimistisch.
Wir werden einen moderaten Rückgang der Kosten für Sportrechte erleben, da bin ich ganz sicher. Weil die Sportrechte nicht mehr refinanzierbar waren. Das war ja ein Grund, warum der Kirch-Konzern ins Insolvenzverfahren gehen musste. Diese Sportrechte müssen ja refinanzierbar sein. Und bisher ist es so, dass die Rechte zu teuer und die Erlöse zu gering waren. Deshalb werden die Rechtekosten mit Sicherheit zurückgehen.