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Arbeitsplätze für Flüchtlinge
Ohne Bildung ist der Einstieg schwer

Unternehmen, die Flüchtlinge beschäftigen wollen, haben mit mehreren Problemen zu kämpfen. Da sind nicht nur rechtliche Fragen, vielen Flüchtlingen fehlt auch die nötige Bildung. Die Hoffnung, dass die nach Deutschland kommenden Flüchtlinge das Problem das Facharbeitermangels lösen könnten, wird sich wohl nicht erfüllen.

Von Axel Schröder | 13.07.2015
    Ein Schweißer verbindet zwei Metallteile.
    Bildung ist eine Voraussetzung für eine Facharbeiterausbildung. (picture alliance / dpa / Sven Hoppe)
    Neben Martin Peetz schrauben Azubis an einem alten VW-Käfer, bessern den Unterboden aus bei einem Audi aus den 80er-Jahren. Martin Peetz ist beim Hamburger Autohaus Wichert für die Ausbildung zuständig. In der Firma haben rund 25 Prozent der jungen Berufseinsteiger keine deutschen Wurzeln: "Da gibt es ganz, ganz viele unterschiedliche Charaktere und Auszubildende, die dort mit hinein kommen. Einige sind sehr stark eigenmotiviert, die dann im Endeffekt auch ganz schnell in die deutsche Sprache hineinkommen. Da brauche ich jetzt nicht viel helfen. Es gibt aber auch andere, die einfach von der Technik her gut drauf sind, die wir natürlich gerne reinnehmen. Aber die müssen dann auch sprachlich sehr stark gefördert werden."
    Über diese beiden Aspekte - die hohe Motivation und einen oft immensen Nachholbedarf an schulischer Bildung - berichtet auch die Hamburger Forscherin Frauke Meyer in ihrer jüngsten Studie. Im Auftrag des Netzwerks "FluchtOrt Hamburg" hat sie zusammengetragen, welche Erfahrungen Ausbilder in Betrieben und Berufsschulen mit jungen Flüchtlingen machen und welche Schranken eine Integration von Flüchtlingen in den deutschen Arbeitsmarkt erschweren: "Die größten Hürde sind einmal auf der juristischen Ebene: wenn halt jemand keinen gesicherten Aufenthalt hat. Zum Beispiel eine Duldung oder eine Gestattung hat. Gestattung ist, wenn das Asylverfahren noch läuft. Der Aufenthalt ist befristet meistens auf wenige Monate, manchmal auch nur auf einige Wochen. Und dann ist es natürlich für einen Betrieb, der jemanden einstellen möchte, eine sehr unsichere Perspektive."
    Viel besser zu bewältigen sind dagegen die sprachlichen Probleme oder Lücken in der Schulbildung. Auch wenn die Lösungen dafür aus ganz anderen Bereichen als dem der Flüchtlingsarbeit stammen. "Es sind schon Strategien entwickelt worden zum Beispiel in der inklusiven Bildung. Wo es zum Beispiel um einfache Sprache geht, könnte man adaptieren und Lehrer dazu sensibilisieren, dass sie einfach sprechen, also: einen kurzen Satz machen, und eben nicht auf so einem wissenschaftlichen Niveau sprechen. Und ansonsten gibt es in der Erwachsenenbildung einiges, was halt entwickelt worden ist, um eine nachholende Grundbildung, zum Beispiel eine Alphabetisierung, aber auch nachholende Grundbildung im mathematischen Bereich zu machen."
    Dass es dadurch gelingen könnte, die in Deutschland fehlenden Fachkräftestellen zu besetzen, glaubt Frauke Meyer aber nicht. Und auch Hamburgs Senator für Arbeit und Soziales Detlef Scheele ist in diesem Punkt skeptisch: "Jemand, der sich aus Not aus Eritrea aufmacht, kommt nicht auf die Idee, dass er in Hamburg als erstes zur Fachkraft werden will. Sondern bei dem geht es um Not und Verfolgung und der hat eine traumatische Fluchtgeschichte hinter sich. Aber man muss die Schätze heben, die darunter sind. Aber die pauschale Ansage: Wenn Flüchtlinge kommen, löst es unser Fachkräfteproblem, die ist mit Sicherheit so pauschal und so einfach gesagt nicht richtig. Da muss man etwas genauer schauen!"
    Und dann, so Detlef Scheele, würde klar, welche Menschen den Mangel an Fachkräften tatsächlich lindern könnten. Das seien, so der Senator, in der Regel vor allem jene Flüchtlinge, die den Großteil ihrer Schulzeit in Deutschland verbracht und hierzulande einen Abschluss gemacht haben. Für alle anderen sei der Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt, die Ausbildung zur Fachkraft weitaus schwieriger.