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Arbeitssuche vom Fernsehsessel aus

JobTV24 heißt ein neuer privater Fernsehsender, der Arbeitssuchenden mit Tipps für Bewerbungen, Existenzgründungen oder Praktika zu einer neuen Stelle verhelfen will. Einen Monat ist das Programm inzwischen auf Sendung. Unter einer schrumpfenden Zielgruppe dürfte das Satellitenprogramm und die zugehörige Internetseite aber in nächster Zukunft wohl nicht leiden.

Von Jens P. Rosbach |
    Hallo und herzlich willkommen zu JobTV24! Unser großes Thema heute: alles rund um den Schiffbau. Und zu allererst haben wir einen kleinen Überblick für Sie! Die maritime Branche gilt in Deutschland wieder als Wachstumsträger ...

    Ein schlichtes Großraum-Studio in einer alten Fabrikhalle. Im Vordergrund: Eine blonde Moderatorin im schwarzen Kostüm. Im Hintergrund - an mehreren Schreibtischen: Mitarbeiter mit Headset und Laptop. Ein Flachbildschirm mit Werbung, zwei Sofas für Experten-Interviews und drei Kameramänner. Heute geht's um Werften-Jobs, neulich ging es um Hotel-Jobs und davor ging's um Banken-Jobs. Wo gibt's noch freie Stellen, wo kann ich mich bewerben? Rainer Zugehör ist zufrieden mit dem ersten Monat "on Air":

    " Die Resonanz ist sehr positiv. Wir bekommen sehr viele Rückmeldungen, auch viele Telefonanrufe, manchmal wissen wir gar nicht, wie wir das alles beantworten können. Und die Resonanz ist insofern positiv, dass die Leute sagen: Also wir sind froh, dass endlich mal ein Fernsehsender existiert, der sich auch mit diesen Themen beschäftigt."

    JobTV-Gründer und Geschäftsführer Zugehör hat zwar keine Statistik der Zuschauerzahlen, denn Erhebungen liegen noch nicht vor. Aber er weiß, wie viele Leute die Fernseh-Homepage mit den Videos der Sendungen besucht haben.

    " Im Internet kann man das wesentlich genauer prüfen, da haben wir fast eine Million Seitenaufrufe jetzt seit Sendestart gehabt und das ist für eine neue Plattform im Internet schon ziemlich erfolgreich."

    Zufrieden ist auch die Bundesagentur für Arbeit. Sie hat bereits mehrfach Fachleute für Interviews zur Verfügung gestellt. Unklar ist aber noch, ob die Behörde künftig auch als fester Partner von JobTV auftritt - so wie es die Süddeutsche Zeitung bereits tut, der DGB oder der Online-Service Job-Scout24. Der Knackpunkt: Wer Sendungsinhalte mitbestimmen will, muss auch dafür zahlen. Ulrich Waschki von der Nürnberger Bundesagentur ist sich nicht sicher, ob sich das lohnen würde:

    " Wir sind bei diesen Überlegungen immer sehr zögerlich, wir müssen uns die Frage stellen, ob wir nicht mit einer Broschüre oder anderen Informationsquellen mehr erreichen. Die Reichweite bei JobTV24 ist begrenzt und deswegen ist die Entscheidung auch noch nicht getroffen. "

    Das Hauptproblem: Der Spartensender ist bislang nur über den Astra-Satelliten zu empfangen.

    Herr Dr. Markwart, es sieht ganz gut aus im Schiffbaubereich mit den Chancen und Karrieren und warum ist dieser Bereich trotzdem offenbar nicht so attraktiv für viele Studenten?

    Markwart: Uns hängt natürlich noch das Image früherer Schiffbaukrisen nach ...



    Inhaltliche Kritik kommt von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfe-Initiativen. Aktivist Hinrich Garms, zurzeit selbst ohne Job, ist unzufrieden mit den Sendungen.

    " Ich habe jetzt das Problem mit JobTV, dass dort doch sehr spezielle Jobs angesprochen werden. Es ist ein bestimmtes Segment, nämlich hoch qualifizierte Tätigkeiten, so ist jedenfalls mein Eindruck. Und es gibt halt Menschen, deren Arbeit immer mehr weggefallen ist, sei es jetzt im Bergwerk, im Stahlbau oder sonst wo. Die wahrscheinlich damit nicht angesprochen werden, sondern eher der Angestelltenbereich und der studierte Bereich und Leute, die halt eine andere Berufsausbildung haben, fallen da, so ist mein Eindruck, zunächst einmal unten runter. "

    Garms wünscht sich mehr Hartz-IV-Tipps oder Ratschläge, wie man sich im Behördendschungel zurecht findet. Und weniger Erfolgsgeschichten:

    " Was so die Einzelbeispiele anbetrifft, natürlich Existenzgründungen werden sozusagen gezeigt, wenn's geklappt hat und jeder ist darauf stolz, aber ich denke, manchmal sind ja so vier, fünf Jahre dazwischen, wo Menschen doch sozusagen am Hungertuch nagen, auch die Existenzgründer, und das wird natürlich nicht gezeigt. "

    Können wir das Ganze noch mal machen? Von der Anmoderation machen wir es komplett noch mal, okay?

    Auch im Studio läuft noch nicht alles glatt. Mal wackelt das Bild, mal ist es unscharf, mal guckt die Expertin an der Kamera vorbei, mal weiß der Interviewer nicht, was er fragen soll, mal werden die Jobanbieter nur oberflächlich und kritiklos präsentiert - so der erste Eindruck. Fernsehmacher Rainer Zugehör bittet aber um Verständnis: Man sei noch in der Startphase, korrigiere ständig und plane Neues - etwa aktuell-politische Berichte über den Arbeitsmarkt. Auch technisch wolle man künftig mehr Zuschauer erreichen, nicht nur über Satellit. Zugehör:

    " Beispielweise jetzt in Baden-Württemberg starten wir ab 15. Februar auch vier Stunden täglich JobTV24 im analogen Kabel, das werden wir auch in anderen Bundesländern machen, dann können uns in den nächsten Wochen und Monaten auch mehr Menschen im Fernsehen sehen."