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Architektur
Beheizbares Holz

Heizen mit Holz ist im Trend. Umweltfreundlich, ein nachwachsender Rohstoff. Doch mit Holz kann man auch ganz anders heizen, entdeckten Architekten von der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig. Sie entwickelten wärmende Möbel und Parkett, das sich nur dann aufheizt, wenn die Wärme wirklich gebraucht wird.

Von Hartmut Schade |
    Leipzig, Plagwitz. Ein altes Industriegebiet. Sanierte Villen, sanierte Arbeiterwohnungen und leerstehende Industriehallen. Der Informatiker Torsten Mehnert hat sich eine 150 Jahre alte Eisengießerei in einem Hinterhof ausgebaut. Draußen herrschen frostige fünf Grad Minus.
    "Ja hier ist so der Außenbereich, die äußere Hülle hier, die hat jetzt ein bisschen mehr. Keine Ahnung, liegt vielleicht bei elf oder so zwölf."
    Nicht gerade Wohlfühltemperaturen für die Arbeit am Schreibtisch. Der steht auf einem niedrigen Podest und ist ringsum von Holzplatten umgeben. Ein wenig erinnert die Konstruktion an eine Kanzel. Torsten Mehnert schlüpft hinein und drückt auf einen Knopf am Schreibtisch.
    "Da gibt es dann hier eine Wärmeplatte und da welche untendrunter und ja, dass kann man dann anstellen und hier sehen sie, was dann gerade an Temperatur erreicht wird."
    Elektrisch leitendes Papier im Boden
    Für den Laien sehen die Wände und Platten des Schreibtischs wie normales fingerdickes Sperrholz aus. Doch zwischen den Holzschichten steckt elektrisch leitendes Papier.
    "Wir arbeiten mit verschiedenen Materialien, aber das Grundprinzip ist, das es ein Zellstoffgewebe ist mit eingebrachten Karbonfasern", erklärt Diplomarchitekt Lars Ehlers von der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur in Leipzig. Diese Karbonfasern leiten Strom und erwärmen sich dabei aufgrund ihres Widerstands. Es ist das gleiche Prinzip, das Kochplatte oder Lötkolben zum Glühen bringt.
    "Also das eingebaute Heizvlies ist wie ein großer Widerstand, und durch die anlegte Spannung erhitzt sich das Vlies innerhalb weniger Momente."
    Die Idee für das beheizbare Holz kam Leipziger Architekten, als sie große Holzplatten erhitzen und biegen wollten und nach einer passenden Wärmequelle suchten. Dabei stießen sie auf die stromleitenden Papiere.
    "Das lässt sich auch im Prinzip wie eine Tapete auf eine Wand anbringen oder in Wandverkleidungen."
    Das größte Potenzial sehen die Leipziger Forscher aber im heizbaren Fußboden. Ihr Ziel sind Laminatpaneele, die über Kontakte miteinander verbunden sind und einzeln zielgerichtet erwärmt werden können, sagt Professor Henning Rambow von der HTWK Leipzig.
    "Nicht wie bei der klassischen Warmwasserfußbodenheizung, wo ich Stunden vorher die Heizung anstellen möchte, wenn ich warme Füße haben möchte."
    Prototyp wird schnell warm
    Bei ersten Prototypen befindet sich die Heizschicht zwei Millimeter unter der Holzoberfläche. Da dauert es nur fünf, sechs Minuten, bis die Oberfläche warm wird. Diese schnelle Reaktionszeit ist ein Vorteil des Heizholzes. Ein weiterer: Mit einer intelligenten Schaltung können nur jene Stellen erwärmt werden, wo die Wärme wirklich benötigt wird. Statt den ganzen Raum zu heizen, wird nur rund um den Esstisch die Wärme abgegeben. Doch auch eine solch zielgerichtete Heizung macht das Heizen mit Strom heute nicht lukrativ, räumt Professor Rambow ein:
    "Wir gehen davon aus, dass Strom mittelfristig, da er regenerativ erzeugt wird, die günstigere Energievariante ist. Und eine Elektroleitung im Haus ist natürlich - besonders bei der Sanierung - auch sehr viel einfacher zu verlegen als eine Wasserleitung, um eine Fußbodenheizung mit Warmwasser zu betreiben. Das heißt, wir sparen bei den Installationskosten und wir gehen davon aus, dass wir auch bei den laufenden Kosten sparen, weil ich eben nur dann heizen muss, wenn ich den Raum auch nutze."
    Ob sich die Strompreise tatsächlich so entwickeln, wie Henning Rambow hofft, ist die große Unbekannte in dieser Rechnung. Doch auch technisch sind Fragen offen. So suchen die Leipziger Forscher nach einer zuverlässigen Kontaktierung der Fußbodenpaneele, auch wenn diese zurecht gesägt und gekürzt werden. Und die Frage nach der Spannung ist noch offen. Experimentiert wird mit 24 oder 30 Volt Gleichstrom, dafür braucht man aber Transformatoren, die irgendwo im Raum untergebracht werden müssen. 220 Volt Netzspannung hingegen stellen deutlich höhere Anforderungen an den Feuchteschutz. Schließlich möchte niemand beim Wischen seines Heizholzfußbodens eine gewischt bekommen.