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ARD-Teletext
Klötzchengrafik, knapp und präzise

Noch immer nutzen Millionen Menschen den Videotext. Damit diese Technik nicht zum Auslaufmodell wird, erfindet sich die ARD-Redaktion immer wieder neu - und erfüllt zudem eine wichtige Funktion für barrierefreies Fernsehen.

Von Jan Schilling | 14.05.2018
    15.03.2018, Berlin: Heiko Maas (SPD), Außenminister, ist bei seiner Rede im Bundestag auf einem Fernseher zu sehen. Auf der Tagesordnung der Parlamentssitzung stehen unter anderem die Beschlüsse zur Fortsetzung der Bundeswehreinsätze im Irak, Afghanistan, Südsudan und Darfur sowie die Abschaffung des Solidaritätsbeitrags und Änderung des Arbeitszeitgesetzes.
    Teletext, um Fernsehen barrierefreier zu machen - in der ARD sind alle Sendungen untertitelt (dpa/ Ina Fassbender)
    "Besser als ein Tweet, aktueller als Youtube, Fakten statt Fake News. Der ARD-Text. Kompakt. Schnell. Gut."
    Der Trailer für den ARD-Text ist ziemlich peppig, keine Frage. Aber den ARD-Text mit Twitter und YouTube zu vergleichen, ist, nun ja, schon recht mutig. Der ARD-Text ist grafisch immerhin aus dem letzten Jahrtausend.
    "Wir nennen das auch liebevoll Klötzchengrafik oder Pixelgrafik. Wer das jetzt ansieht und denkt, das ist alt, der täuscht sich total. Alle Meldungen, die wir hier drin haben sind neu."
    Gut acht Millionen Zuschauer täglich
    Fauke Langguht leitet den ARD-Text in Potsdam seit 2008. Erfunden wurde der Videotext viel früher, nämlich Mitte der 1970er bei der BBC. 1980 zogen in Deutschland ARD und ZDF nach. 2012 stellt die BBC den Videotext ein, in Deutschland ist er nach wie vor beliebt. Täglich blättern gut acht Millionen Zuschauer durch die Videotextseiten der privaten und öffentlich-rechtlichen Fernsehsender, am beliebtesten der ARD-Text mit gut vier Millionen Nutzern. Joachim Kotelmann ist der stellevertretende Leiter und erklärt die Beliebtheit.
    "Wir haben politische Nachrichten. Wir haben Kulturnachrichten aus aller Welt, Unterhaltung, Sport, wenn sie im Internet sich das zusammensuchen wollen, dann müssen sie auf zehn Portale gehen. Wir fressen nicht die Zeit der Leute auf, sondern informieren sie kurz und knapp. Wer sich darüber woanders informieren möchte, der kann das gerne tun."
    "Ein Sportmedium und ein Krisenmedium"
    Basisinformationen rund um die Uhr, wenn irgendwo etwas passiert, steht es auch im ARD-Text. Die Inhalte kommen aus Potsdam, aus Hamburg liefert die Tagesschau zu.
    "Der Teletext war immer ein Sportmedium und ein Krisenmedium. Wir hatten immer Einschaltquoten sehr hoch, wenn irgendeine Krise stand. Ob es ein Krieg war, der Golfkrieg, dann gingen die Einschaltquoten hoch. Und Sport, Fußballbundesliga ist natürlich das Highlight, ich glaube die Tafel 251 kennt jeder Videotextnutzer."
    Sport, News und immer wieder Modernisierungen. Manche sind überholt, andere setzen sich durch. Etwa der Teletwitter auf der Tafel 777. Dort erscheinen Tweets zum Tatort, Polizeiruf oder zum European-Song-Contest, weil der Teletext mit dem Fernsehsignal übertragen wird direkt auf dem Bildschirm. Auf der Seite 775 ganz neu: eine Art Karaoke.
    "Eine Sache, die wir im letzten Jahr erfunden haben - in Anführungszeichen, ist, dass man Liedtexte mitsingen kann. Bei Schlagersendungen im Ersten und das funktioniert sehr gut. Wir werden in diesem Jahr auch wieder Kunst zeigen, wir bereiten da was vor für den September, da kann man auch gespannt sein."
    Kann Fernsehen barrierefreier machen
    Mittlerweile gibt es den Videotext auch für unterwegs als APP, schlank und ohne Schnörkel, so Kotelmann. Der Videotext ist wandlungsfähig und erfüllt doch beharrlich seine Aufgaben - etwa Fernsehen barrierefreier zu machen.
    In Potsdam sitzt Redakteur Grischa Sedelke konzentriert vor drei Bildschirmen, auf einem Monitor läuft die Fernsehsendung ARD-Buffet. In der Sendung bastelte Do-It-Yourself-Expertin Patricia Morgenthaler zum Muttertag ein Herz aus Rundhölzern.
    "Ich kann mir auch ein paar erst einmal hier hinstellen und gucken, wie weit ich mit meinen Hölzchen komme, und klebe die dann fest."
    Grischa Sedelke spricht nach, was gerade im ARD-Buffet läuft, möglichst einfach, möglichst ohne Fremdwörter.
    "Ich schaue mir das dann an und sehe - Komma - wie weit ich mit den Hölzern komme."
    Perfekt, um das Baby nicht zu wecken
    Was er in das Mikrofon spricht, übersetzt eine Sprachsoftware in Schrift. Daraus entstehen die Untertitel. Der Clou: er sieht das Bild einige Sekunden vor den Zuschauern, so tauchen die Untertitel beim Zuschauer synchron auf und der Redakteur kann kleinere Textfehler ausgleichen. Gehörlose können diese Untertitel auf der ARD-Text Seite 150 aufrufen, aber nicht nur.
    "Untertitel sind auch perfekt in Situationen, wo es laut ist, also wo der Fernseher auf stumm steht. Wenn sie öffentlich gucken und bis hin zu Eltern, die ein Baby haben, die das Baby nicht wecken wollen. Also die Zielgruppe hat sich da einfach total vergrößert."
    In der ARD seien alle Sendungen untertitelt. In den kommenden Jahren steht wohl die größte Revolution im Teletext an.
    "Wir können bei dem neuen Teletext auch Grafiken mit übertragen. Wir haben die Möglichkeit die Wetterkarten dann schöner darzustellen. Und das, denken wir, ist die Zukunft. HbbTv bedeutet hybrides Fernsehen, die Kombination von Fernsehsignal und Internet. Und da ergeben sich auch für den ARD-Text neue Möglichkeiten."