Das Herzstück Argentiniens ist die Feuchte Pampa, jene 100 Millionen Hektar, die wegen ihres fruchtbaren Bodens als "Kornkammer der Welt" gefeiert werden. Sie könnte Getreide im Wert von Milliarden exportieren und dem Land die dringend benötigten Devisen verschaffen. Doch astronomische Verluste stehen ins Haus. In der Presse wird den Überschwemmungen die Schuld gegeben, so, als könne man gegen die Natur ja doch nichts ausrichten. Doch das Problem sei hausgemacht, meinen argentinische Klimaforscher. Nicht das Klima sei schuld sondern die Menschen, die sich nicht rechtzeitig vorbereitet haben. Die Kornkammer liegt brach, nicht wegen der Naturkatastrophe sondern wegen der politischen Katastrophe.
Zwischen Córdoba und Rosario blockieren Traktoren den Verkehr. Kilometer lang stauen sich die Lastwagen. Reifen brennen, schwarze Rauchwolken steigen auf.
Argentinische Unternehmer und Bauern blockieren die Kreuzung, niemand kommt mehr durch. Die Polizei steht am Straßenrand und schaut zu.
Ich bin Möbelfabrikant und protestiere, weil meine Existenz vernichtet wird. Kleine und mittlere Betriebe werden in den Bankrott gedrängt, niemand kann die Zinsen zahlen.
Jeden Morgen berichtet der Rundfunk, welche Landstraßen oder Brücken heute gesperrt sind. Chaos ist ausgebrochen, nachdem die Regierung Anfang des Jahres ihre Zahlungsunfähigkeit erklärt hat. Der Peso ist auf fast ein Viertel seines Wertes gefallen, in den Supermärkten galoppieren die Preise, aber niemand hat Geld in der Tasche. Die Wirtschaft ist praktisch zusammen gebrochen.
Dass er einmal auf die Barrikaden steigen würde, hätte er sich nie träumen lassen. Er sei kein "piquetero", kein Blockierer aus dem Armenviertel. Er besitze eine Fabrik, kennt sich aus in seinem Geschäft. Die anderen nennen Land ihr eigen, nicht wenige über hundert Hektar, und die sind in dieser fruchtbaren Gegend, in der Pampa, ein Vermögen wert. Sie waren zumindest ein Vermögen wert, im Moment sind die Grundstückspreise gefallen.
Wir sind Unternehmer, Arbeiter und Landwirte. Wir sperren die Landstraße, weil wir nur so unserer Wut Ausdruck verleihen können.
Im ganzen Land protestieren seit Monaten die Menschen, vor allem in der fruchtbaren Pampa im Nordwesten von Buenos Aires. Sie könnte die Kornkammer der Welt sein, denn an vielen Stellen ist die Humusschicht fast zwei Meter dick, nicht dreißig Zentimeter wie in Mitteleuropa. Doch die Landwirte sind hoch verschuldet. Die Regierung erhebt für das exportorientierte Agrobusiness neue Steuern, aber von ihnen ist auch der kleine und der mittlere Bauer betroffen. Die Treibstoffpreise sind unerschwinglich, obwohl die Regierung ein Dekret erlassen hat, dass der Diesel nicht über 75 Centavos steigen wird, umgerechnet 22 Cent. Doch die Tankstellen verlangen das Doppelte und wer nicht zahlt, bekommt keinen Spritt. Die Erdölgesellschaft ist in spanischer Hand, und die kümmert sich wenig um die Dekrete des argentinischen Präsidenten.
Die Landwirte, die bei privaten Banken Kredite aufgenommen haben, sind meist schon in den Bankrott getrieben worden, denn in den neunziger Jahren wurden die Banken privatisiert, das heißt, an ausländische Finanzinstitute verkauft. Und die hatten wenig Skrupel, die Höfe der Bauern zwangszuversteigern, um ihr Geld einzutreiben.
Jetzt fordert der Internationale Währungsfonds auch noch die Privatisierung der beiden letzten argentinischen Banken, der Banco de la Nación und der Banco de la Provincia de Buenos Aires. In ihren Safes lagern die Bürgschaften für Kredite, die die Landwirte nicht zurückzahlen können. Und diese Bürgschaften bestehen aus Land. Wer die beiden Banken kauft, wird auch die Pampa erwerben. Die Kornkammer der Welt.
In den letzten Jahren haben sich dort große Fonds-Gesellschaften eingekauft. Der Spekulant George Soros war zeitweilig größter Landeigner der Pampa, bis er seine Höfe gewinnbringend veräußert hat. Inzwischen sind die Grundstückspreise wieder gesunken, Estancien wieder billig zu haben.
Dass die Bodenpreise in dieser Gegend drastisch gesunken sind, war wohl beabsichtigt, glauben viele Argentinier. Und die Regierung, der man sowieso alles böse zutraut, hat alles getan, um diesen Verdacht zu nähren.
Die Regenfälle waren absehbar, sagt Professor Eduardo Sierra, Professor für Klimaforschung an der Universität in Buenos Aires. Trotzdem wurden wichtige hydraulische Arbeiten unterlassen:
Bereits vor vier Jahren sagten wir die Fluten voraus. Auf den Satellitenaufnahmen des meteorologischen Dienstes waren die über die Ufer getretenen Lagunen und das gestiegene Grundwasser klar zu erkennen. Und als es dann regnete, konnte das Wasser nicht abfließen und staute sich. Auf diese Weise wurden Millionen Hektar überschwemmt und die Behörden sahen zu.
Die Pampa, erklärt Professor Sierra, besteht aus drei Ebenen, aus den höher gelegenen Regionen, auf denen Weizen und Soja angebaut wird, aus den mittleren und den niedrigen Regionen. Letztere liegen unter oder knapp über dem Meeresspiegel und stehen nach Unwettern unter Wasser. Wege und Schienen können nicht genutzt werden, die Gegend wird von Pilzen befallen. Dies war schon immer so, aber in den letzten Jahren hat sich das Problem verschärft, verantwortlich ist diesmal nicht die Geologie sondern Menschenhand. Landstraßen wurden in den Tälern gebaut und niemand merkte, dass sich diese Straßen bei jedem Unwetter in Staudämme verwandelten, die das Wasser zurückhielten statt es abfließen zu lassen. Heute dauern die Überschwemmungen Monate und führen zu hohen wirtschaftlichen Verlusten. Dringend müssten Kanäle und Abflüsse gebaut werden. Doch ein Kanalsystem ist teuer, die Staatskasse leer und die Politiker schieben die Schuld auf die Milliardenverluste auf die Natur.
Zwischen Córdoba und Rosario blockieren Traktoren den Verkehr. Kilometer lang stauen sich die Lastwagen. Reifen brennen, schwarze Rauchwolken steigen auf.
Argentinische Unternehmer und Bauern blockieren die Kreuzung, niemand kommt mehr durch. Die Polizei steht am Straßenrand und schaut zu.
Ich bin Möbelfabrikant und protestiere, weil meine Existenz vernichtet wird. Kleine und mittlere Betriebe werden in den Bankrott gedrängt, niemand kann die Zinsen zahlen.
Jeden Morgen berichtet der Rundfunk, welche Landstraßen oder Brücken heute gesperrt sind. Chaos ist ausgebrochen, nachdem die Regierung Anfang des Jahres ihre Zahlungsunfähigkeit erklärt hat. Der Peso ist auf fast ein Viertel seines Wertes gefallen, in den Supermärkten galoppieren die Preise, aber niemand hat Geld in der Tasche. Die Wirtschaft ist praktisch zusammen gebrochen.
Dass er einmal auf die Barrikaden steigen würde, hätte er sich nie träumen lassen. Er sei kein "piquetero", kein Blockierer aus dem Armenviertel. Er besitze eine Fabrik, kennt sich aus in seinem Geschäft. Die anderen nennen Land ihr eigen, nicht wenige über hundert Hektar, und die sind in dieser fruchtbaren Gegend, in der Pampa, ein Vermögen wert. Sie waren zumindest ein Vermögen wert, im Moment sind die Grundstückspreise gefallen.
Wir sind Unternehmer, Arbeiter und Landwirte. Wir sperren die Landstraße, weil wir nur so unserer Wut Ausdruck verleihen können.
Im ganzen Land protestieren seit Monaten die Menschen, vor allem in der fruchtbaren Pampa im Nordwesten von Buenos Aires. Sie könnte die Kornkammer der Welt sein, denn an vielen Stellen ist die Humusschicht fast zwei Meter dick, nicht dreißig Zentimeter wie in Mitteleuropa. Doch die Landwirte sind hoch verschuldet. Die Regierung erhebt für das exportorientierte Agrobusiness neue Steuern, aber von ihnen ist auch der kleine und der mittlere Bauer betroffen. Die Treibstoffpreise sind unerschwinglich, obwohl die Regierung ein Dekret erlassen hat, dass der Diesel nicht über 75 Centavos steigen wird, umgerechnet 22 Cent. Doch die Tankstellen verlangen das Doppelte und wer nicht zahlt, bekommt keinen Spritt. Die Erdölgesellschaft ist in spanischer Hand, und die kümmert sich wenig um die Dekrete des argentinischen Präsidenten.
Die Landwirte, die bei privaten Banken Kredite aufgenommen haben, sind meist schon in den Bankrott getrieben worden, denn in den neunziger Jahren wurden die Banken privatisiert, das heißt, an ausländische Finanzinstitute verkauft. Und die hatten wenig Skrupel, die Höfe der Bauern zwangszuversteigern, um ihr Geld einzutreiben.
Jetzt fordert der Internationale Währungsfonds auch noch die Privatisierung der beiden letzten argentinischen Banken, der Banco de la Nación und der Banco de la Provincia de Buenos Aires. In ihren Safes lagern die Bürgschaften für Kredite, die die Landwirte nicht zurückzahlen können. Und diese Bürgschaften bestehen aus Land. Wer die beiden Banken kauft, wird auch die Pampa erwerben. Die Kornkammer der Welt.
In den letzten Jahren haben sich dort große Fonds-Gesellschaften eingekauft. Der Spekulant George Soros war zeitweilig größter Landeigner der Pampa, bis er seine Höfe gewinnbringend veräußert hat. Inzwischen sind die Grundstückspreise wieder gesunken, Estancien wieder billig zu haben.
Dass die Bodenpreise in dieser Gegend drastisch gesunken sind, war wohl beabsichtigt, glauben viele Argentinier. Und die Regierung, der man sowieso alles böse zutraut, hat alles getan, um diesen Verdacht zu nähren.
Die Regenfälle waren absehbar, sagt Professor Eduardo Sierra, Professor für Klimaforschung an der Universität in Buenos Aires. Trotzdem wurden wichtige hydraulische Arbeiten unterlassen:
Bereits vor vier Jahren sagten wir die Fluten voraus. Auf den Satellitenaufnahmen des meteorologischen Dienstes waren die über die Ufer getretenen Lagunen und das gestiegene Grundwasser klar zu erkennen. Und als es dann regnete, konnte das Wasser nicht abfließen und staute sich. Auf diese Weise wurden Millionen Hektar überschwemmt und die Behörden sahen zu.
Die Pampa, erklärt Professor Sierra, besteht aus drei Ebenen, aus den höher gelegenen Regionen, auf denen Weizen und Soja angebaut wird, aus den mittleren und den niedrigen Regionen. Letztere liegen unter oder knapp über dem Meeresspiegel und stehen nach Unwettern unter Wasser. Wege und Schienen können nicht genutzt werden, die Gegend wird von Pilzen befallen. Dies war schon immer so, aber in den letzten Jahren hat sich das Problem verschärft, verantwortlich ist diesmal nicht die Geologie sondern Menschenhand. Landstraßen wurden in den Tälern gebaut und niemand merkte, dass sich diese Straßen bei jedem Unwetter in Staudämme verwandelten, die das Wasser zurückhielten statt es abfließen zu lassen. Heute dauern die Überschwemmungen Monate und führen zu hohen wirtschaftlichen Verlusten. Dringend müssten Kanäle und Abflüsse gebaut werden. Doch ein Kanalsystem ist teuer, die Staatskasse leer und die Politiker schieben die Schuld auf die Milliardenverluste auf die Natur.