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Armut reduzieren mit der Kraft aus Wind, Wasser und Sonne

Experten und Regierungschefs aus aller Welt treffen sich in zwei Monaten in Bonn, um über erneuerbare Energien zu debattieren. Sie können auch dazu beitragen, die Armut in der Welt zu bekämpfen. Dieser spezielle Aspekt stand gestern im Mittelpunkt einer Tagung von Nichtregierungsorganisationen in Bonn. Umwelt- und Entwicklungsexperten diskutierten mit Fachleuten aus der Energieerzeugerbranche. Zentrales Thema: Welche Möglichkeiten gibt es, bezahlbare Energie mit umweltverträglichen Methoden in den armen Ländern der Welt zu erzeugen?

Von Dietrich Sondermann | 30.03.2004
    Was Energie mit Armut zu tun hat, ist schnell erklärt:

    Ein Kennzeichen von Armut ist Energiemangel. Armut ist dadurch gekennzeichnet, dass die Menschen großen Aufwand treiben müssen, um ihre Energiebedürfnisse zu sichern.

    Als Mitarbeiter der Hilfsorganisation Brot für die Welt weiß Joachim Lindau genau, was Energiemangel in den armen Ländern der Welt bedeutet. Brot für die Welt will dort den Hunger bekämpfen. Das soll vor allem mit standortgerechtem Landbau erreicht werden z. B. durch so wenig Kunstdünger wie möglich, aber auch eine umweltschonende Stromversorgung:

    Weil auch in der Landwirtschaft Energie gebraucht wird, z. B. zur Trocknung und Weiterverarbeitung, ist es essentiell wichtig, dass wir angepasste Technologien oder erneuerbare Energien einsetzen.

    Diese Technologien dürfen nicht teuer sein und müssen in kleinen Einheiten zur Verfügung stehen. Dezentrale Lösungen sind gefordert. Claudia Warning vom Verband Entwicklungspolitik Deutscher Nichtregierungsorganisationen, kurz VENRO, kennt verschiedene Systeme, die diese Voraussetzungen erfüllen:

    Wir arbeiten mit Photovoltaikanlagen um Licht zu schaffen. Licht heißt, abends z. B. lesen zu können, lernen zu können, was für Kinder ganz wichtig ist. Für Frauen heißt das, abends produzieren zu können. Das sind also ganz wichtige Dinge, die unmittelbar zur Armutsbekämpfung beitragen können.

    Die wichtigsten Energielieferanten stellen aber nach wie vor die nachwachsende Rohstoffe. Ihr Anbau ist den Menschen vertraut und kann vielfach optimiert werden.

    Solarenergie und Windenergie sind schon technisch aufwändiger, sind auch teurer in der Anschaffung, da haben wir auch größere Probleme, mit unseren Partnern über diese Techniken zu reden, weil die sagen, das ist uns in der Anschaffung zu teuer, und wie funktioniert das mit der Wartung und haben wir das entsprechende Wissen.

    Diese Probleme kennt Bernd Wolff von der Firma Energiebau in Köln. Er verkauft Solarstromanlagen in Afrika.

    Wir bauen Krankenhäuser um, die bisher durch Dieselmotoren mit Strom versorgt wurden. Solche Systeme werden jetzt ersetzt durch Solarstromsysteme, die mit Dieselmotoren in Kombination laufen.

    Als mehr oder weniger kostenloses Nebenprodukt fällt dabei für die Wäscherei der Krankenhäuser die Abwärme der Dieselmotoren an. Außerdem werden neben den Stromgeneratoren gleichzeitig Klimaanlagen betrieben, die den OP und die Apotheke kühl halten. Neben dem wirtschaftlichen Vorteil macht dieses System auch ökologisch Sinn:

    Es geht darum, dass das Geld, was bisher für Dieseltreibstoffe verwendet wurde, in Zukunft dort verwendet wird, um pflanzliche Treibstoffe zu bezahlen, die von den Bauern hergestellt werden. An Geldmenge ist das dasselbe wie vorher, aber das Geld fließt eben nicht in die Ölstaaten, sondern bleibt bei den Bauern vor Ort in Afrika.

    Und das sind bei einem konkreten Projekt in Tansania immerhin 12.000 Euro pro Jahr, die jetzt anstatt für ausländisches Dieselöl für einheimischen Biotreibstoff ausgegeben werden. Das Problem der Wartung kennt Bernd Wolff. Schulung und Service wird aber zusammen mit dem Umbau der Krankenhäuser verkauft. Trotzdem sind Entwicklungsorganisationen skeptisch. In den letzten zwanzig Jahren wurden enorme Fortschritte in der Nutzung der Sonnenenergie gemacht. Photovoltaik und Solarthermie sind weit entwickelte Techniken; aber sie sind noch teuer und schwer nachzubauen. Claudia Warning von VENRO ist deshalb vorsichtig:

    Keine Experimente auf dem Rücken der Armen, sondern wirtschaftliche Lösungen, die tragfähig sind und dafür muss das billig gemacht werden und das kann ich mir vorstellen. Wenn wir noch weiter investieren, geht das auch.

    Das Symposium soll zwischen Technikern und Hilfsorganisationen vermitteln:

    Diese Gruppen zusammen zu bringen und zu gucken, wo sind die Probleme und wie können die Lösungsansätze dazu aussehen. Das müsste eigentlich verstärkt noch werden.

    Trotzdem ist Joachim Lindau von Brot für die Welt sicher, dass die einfachsten Lösungen nach wie vor die besten für die armen Ländern sind:

    Es wird so bleiben, dass die Investition in die Wiederaufforstung von Wäldern immer noch die angepassteste Technologie für die Armen bleibt. Da beißt die Maus keinen Faden ab.