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Artenschutz und nachhaltige Landwirtschaft im Mekong-Delta

In Südostasien, in der Region um den gewaltigen Mekong-Fluss sind die Herausforderungen für Regierungen und Hilfsorganisationen heute oft dieselben wie vor 30 oder 40 Jahren: dafür zu sorgen, dass vor allem kleine Bauern ihre Existenz sichern können. In der politisch blutigen Dekade zwischen 1966 und 1976 litt vor allem die Zivilbevölkerung. Die meisten waren Bauern und gehörten ohnehin zu den Ärmsten der Armen. Was hat sich seitdem geändert? Entwickelt sich dort langsam eine nachhaltige Landwirtschaft, die auch den Artenschutz berücksichtigt? Diese Fragen werden in einem Buch behandelt, das jetzt in Bangkok vorgestellt wurde.

Von Nicola Glass | 02.11.2005
    Hauptsächlich bauten die Bewohner Reis an, aber auch Mais und Tabak. Die Landwirtschaft wurde extensiv betrieben; eine andere Existenzgrundlage hatten die meisten Menschen in der Mekong-Region nicht. Wälder wurden brandgerodet, um mehr Platz für Ackerflächen zu schaffen - eine Methode, die allerdings auch heute noch üblich ist.

    Umso bemerkenswerter finden es Experten, dass die Regierungen der Region zur gleichen Zeit - also noch während des Krieges bis Mitte der 70er Jahre - Pläne für eine nachhaltige landwirtschaftliche Entwicklung im Mekong-Becken entworfen hatten. Erste Initiativen wurden gebildet, in denen man zum Beispiel nach Alternativen zur Monokultur suchte oder darüber diskutierte, wie sich die Bewässerung zur Trockenzeit verbessern ließe.

    Wie Kleinbauern von nachhaltiger Landwirtschaft und Umweltschutz profitieren können, sei auch heute noch ein aktuelles Thema, betont der Buchautor Jeffrey McNeely, gleichzeitig Chef-Wissenschaftler des Umweltnetzwerkes "World Conservation Union":

    " Die Ärmsten der Armen sind ja meist Menschen, die zum Beispiel keinen Zehn-Jahresanspruch auf ein Stück Land erheben können. Das hat die Folge, dass sie keinen Kredit darauf aufnehmen können. Sie sind nicht in der Lage, langfristig zu investieren, um damit die Produktivität voranzutreiben. Wenn wir aber sicherstellen können, dass den Armen ein langfristiger Zugang zu einem Stück Land garantiert wird oder sie es gar besitzen können, dann wäre das ein erster wichtiger Schritt."

    Längst hat sich die Umwelt im Mekong-Becken verändert: Die Liste der bedrohten Tier- und Pflanzenarten wird immer länger; die "World Conservation Union" vermutet beispielsweise, dass es den Kouprey, ein Wildrind, möglicherweise gar nicht mehr gibt. Andererseits sind einige neue, bis dato unentdeckte Arten hinzugekommen: Nach dem Vietnamkrieg 1975 wurden entlang des einst schwer bombardierten Ho-Chi-Minh-Pfades vier neue Säugetier-Arten entdeckt - unter anderem eine Gattung der Ziegenantilope.

    Umweltschützer plädieren dafür, verstärkt Naturschutzgebiete auszuweisen: Um zu verhindern, dass zum Beispiel Sumpfgebiete zerstört werden, haben die Mekong-Länder Thailand, Kambodscha, Laos und Vietnam gemeinsam mit verschiedenen Organisationen ein 30-Millionen-Dollar-Projekt auf die Beine gestellt: Bis 2009 sollen lokal ansässige Experten dafür sorgen, dass die Feuchtgebiete als wichtige Wasserreservoirs erhalten bleiben. Dazu Peter-John Meynell, zuständiger Experte beim Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen und Süßwasser-Spezialist:

    " Wir versuchen sicherzustellen, dass in den ganzen Plänen und Programmen, die zur Entwicklung der unteren Mekong-Region erstellt wurden, vor allem die Feuchtgebiete und ihre Artenvielfalt sowie die Bedürfnisse der Menschen, die von dem Erhalt der Sumpfgebiete abhängig sind, berücksichtigt werden. Wir wollen sichergehen, dass Regierungen und Organisationen dafür sorgen, dass diese Sumpfgebiete nicht verloren gehen oder zerstört werden."

    Umweltschutz muss sich jedoch lohnen: Zum Beispiel sollen Bauern, die organische Feldfrüchte anbauen und sich für den Schutz der Artenvielfalt einsetzen, besser für ihre Erzeugnisse bezahlt werden. Dafür plädiert auch Jeffrey McNeely von der "World Conservation Union":

    " Wenn wir Wege finden würden, zum Beispiel diese Farmer, die einen solchen Service leisten, entsprechend zu bezahlen, dann wäre das ein großer Schritt, der Armut zu begegnen. Die Summe der weltweiten Agrarsubventionen beträgt etwa 600 Milliarden Dollar im Jahr. Wenn wir es schaffen, dass ein Teil dieser Gelder dafür verwendet wird, arme Bauern für ihre ökologisch betriebene Landwirtschaft und ihre Dienstleistungen zu bezahlen, dann könnten wir auf diese Weise dem Ungleichgewicht zwischen den Wohlhabenden und den Armen begegnen."

    Vor allem aber müssen die Verbraucher in den großen Städten umdenken. Darin sind sich Experten einig. Denn die große Nachfrage nach billigen Lebensmitteln drückt weiterhin auf die ohnehin niedrigen Preise für landwirtschaftliche Produkte.