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Artenvernichtung mit Steuergeld

Rund drei Wochen vor Beginn der UN-Artenschutzkonferenz in Bonn haben deutsche Umweltverbände einen weltweiten Abbau umweltschädlicher Subventionen gefordert. Fördergelder in Milliardenhöhe trügen dazu bei, die ökologische Vielfalt auf der Erde zu zerstören.

Von Dieter Nürnberger |
    Das Ergebnis der Studie ist da recht eindeutig: Es seien Milliarden an Subventionsgeldern weltweit, die die Umwelt negativ beeinflussen und somit auch die ökologische Vielfalt auf unserem Planeten zerstören. Und ein recht anschauliches Beispiel dafür ist etwa der immer noch anhaltende Flächenverbrauch in Deutschland. Jeden Tag würden rund 100 Hektar Fläche verloren gehen, es entstehen dann Siedlungen, Verkehrswege oder auch wirtschaftlich genutzte Flächen. Und keine Straße werde heutzutage ohne staatliche Gelder gebaut, kein Flughafen ohne sie erweitert - allerdings eben mit den Folgen, dass natürliche Lebensgrundlagen zerstört würden.

    Die Studie wurde unter anderem von Christian Meyer vom Förderverein ökologische Steuerreform erarbeitet. Und die Liste an Subventionen mit negativer Umweltbilanz lässt sich aus seiner Sicht mit tausenden Beispielen belegen. Er nennt die subventionierte Fleischproduktion in den reichen Ländern des Nordens als weiteres Beispiel:

    "Das führt international dazu, dass etwa in Regenwald-Ländern wie Brasilien oder Indonesien der Wald abgeholzt wird, um Soja anzubauen. Das ist das Futter für das Fleisch, was dann im Norden - in Europa und den USA - erzeugt wird. Und die Subventionen, die wir hier in Europa für die Fleischproduktion geben, führen konkret dazu, dass im Süden Regenwälder zerstört werden. Das ist ein Anreiz zur Umweltzerstörung."

    Der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Studie ist natürlich nicht zufällig gewählt, in Bonn findet ja in drei Wochen die große internationale Konferenz zur Artenvielfalt statt - und in der EU stehen derzeit ja auch die Agrar-Fördergelder mal wieder auf dem Prüfstand. Weltweit, so schätzen die Autoren der Studie, würden jährlich Gelder in Höhe zwischen 500 Milliarden bis zu 1,5 Billionen Dollar an umweltschädlichen Subventionen gezahlt.

    Und dieses Ergebnis hat auch Helmut Röscheisen vom Deutschen Naturschutzring als Auftraggeber der Untersuchung überrascht:

    "Insbesondere auch bei Fischerei: Dort ist es völlig klar, dass diese nahezu zu 100 Prozent subventioniert ist. Die weltweite Überfischung der Meere wäre ohne diese Gelder nicht möglich. Im Agrarbereich ist es so, dass wir das schon länger wissen. 40 Prozent des gesamten Budgets fließen in Europa in diesen Sektor. Weltweit sind es sogar 220 Milliarden Dollar - das ist eine riesige Summe."

    Es sei nun Zeit, das Geld der Volkswirtschaften verantwortungsbewusster einzusetzen, sagt der Generalsekretär des Deutschen Naturschutzrings. Wobei man natürlich auch weiß, dass dies nur sehr schwierig durchzusetzen sein wird. Aber, so Christian Meyer, der Autor der Studie, es gebe Beispiele, dass solche Subventionen schon zurückgefahren wurden:

    "Wir brauchen sicherlich eine Reduzierung bei der Höhe der Zahlungen. Die Fischerei etwa wird zu massiv subventioniert. Wir müssen auch umsteuern, die Gelder müssen mehr nach ökologischen Kriterien ausgerichtet werden. Das kann man auch wirklich machen - in Deutschland wurde beispielsweise der Wegfall der Eigenheimzulage beschlossen oder auch die Reduzierung der Pendlerpauschale. Solche Schritte sind aus ökologischer Sicht sehr zu begrüßen. Die Zerschneidung der Lebensräume wird dadurch weniger."

    Und die Studie nennt auch weitere Beispiele. Neuseeland habe seit den 80er Jahren die dortigen Agrarsubventionen fast komplett abgeschafft, und heute gebe es dort sogar mehr Landwirte als vor dem Zeitpunkt des Subventionsabbaus. Der Deutsche Naturschutzring will nun vor allem auf der Bonner Konferenz für das Thema sensibilisieren. Helmut Röscheisen:

    "Eine unserer Forderungen ist, dass alle Subventionen hinsichtlich der Umweltauswirkungen auf den Prüfstand müssen. Es gilt also, Transparenz zu schaffen. Aber im Agrarsektor wissen wir auch schon länger, dass rund drei Viertel der Gelder umweltschädliche Auswirkungen haben. Hinzu kommt ja auch noch die Situation der Nahrungsknappheit auf der Erde. Es ist auch generell nicht einzusehen, warum der Steuerzahler durch die Verwendung von Subventionen falsche Entwicklungen letztlich noch finanzieren soll."

    Und vieles sei da noch möglich: So haben asiatische Staaten etwa die Schädlichkeit von Nitratdüngern erkannt und dementsprechende Subventionen von rund 600 Millionen Dollar inzwischen abgebaut. Es sei ein langwieriger und schwieriger Prozess, aber es gebe eben auch jene Erfolgsgeschichten, so die Verfasser der Studie.