Es gibt auch Fotos, wir haben unsere Pflanzengemeinschaften dokumentiert mit Fotos. Das ist eine Orchidee, es kommen noch mehr Orchideen, das ist Ginster, das ist auch eine Orchidee, Mückenorchidee, das sind Enziane. Und das sind 1000de von Orchideen. Orchis pupurea und orchis militaris. Das sind zwei Arten die sehr ähnlich sind, aber hier im Grasland vorkommen.
Was wächst und blüht denn da? Das kann jeder Bürger jeder niederländischen Gemeinde in dem neuen, nationalen Datensystem "Synbiosys" erfahren, erzählt Stephan Hennekes vom Institut Alterra aus Waageningen. Gibt es einen seltenen Magerrasen mit wilden Orchideen, oder ein Feuchtgebiet mit bizarren Farnen? Daten, die früher in Biblotheken verstaubten, sind jederzeit für jeden Niederländer verfügbar. Davon können die Biologen, Geographen und Informatiker auf der Göttinger Tagung nur träumen. Deutschland hat die Entwicklung verschlafen, hinkt weit hinterher, so Professor Martin Kappas von der Göttinger Universität. Jetzt heißt es zupacken:
Es ist für uns erst einmal eine Inventur, welche Arten kommen vor? Wie ist die Artenentwicklung in der Historie zu sehen, das heißt, wir betrachten hier natürlich auch von der Jahrhundertwende oder 1920 bis heute, dass heißt ein Zeitraum von 80 bis 100 Jahren, Denen wir über Pflanzensoziologische Aufnahmen abdecken können, und unsere Aufgabe erst einmal eine Inventur vorzunehmen, um überhaupt eine Bewertung durchführen zu können.
Wie heißt die Pflanzenart? Wo kommt sie vor? Mit welchen anderen Arten ist sie vergesellschaftet? Wie ist ihr Gefährdungsgrad? Diese Fragen beantwortet die neue Datenbank später einmal. Dafür speisen die Wissenschaftler alte Daten in die Computer, nehmen aber auch neue Daten auf. Das heißt die Geographen müssen erst einmal fleißig Kartieren. So entsteht ein komplexes Geoinformationssystem zum Pflanzeninventar einer Region, eines Bundeslandes und später dann von ganz Deutschland. Bisher gibt es nur in Mecklenburg Vorpommern eine relativ gute Datenbank für Artenvielfalt, erzählt Professor Jörg Ewald von der Fachhochschule Weihenstephan in Bayern.
Finanziert interessanterweise durch ABM Maßnahmen. Diese viele Eingabearbeit, die einer solchen Sache vorausgeht, war in den östlichen Bundesländern durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zu leisten. Allerdings ist auch dort der Schritt, das so überzeugend zu visualisieren, wie es unseren holländischen Kollegen gelingt eigentlich weit.
Gelingt es in Deutschland für eine ausgereifte, komplexe Datenbank Geld locker zu machen, wird es in Zukunft auch bei politischen Entscheidungen schneller voran gehen, sind sich die Forscher einig. Denn wird eine Autobahn gebaut, ein neues Wohngebiet erschlossen oder ein Feuchtgebiet trockengelegt, zieht das langwierige Genehmigungsverfahren nach sich. Einmal in die Datenbank geklickt, und alle Betroffenen und Entscheidungsträger können dann schnell und sicher recherchieren, welchen Einfluß die Eingriffe auf die Natur und die Artenvielfalt haben, so Professor Jörg Ewald aus Weihenstephan.
Eine Pflanze, die rapide zurückgegangen ist, wo wir das mit Hilfe solcher Daten nachweisen können, wie besorgniserregend der Rückgang ist, wo wir dann auch identifizieren können, woran das wohl lag. Das eine ist die deutsche Tamariske. Eine Strauchart, die früher an den Flüssen im Alpenvorland, in den Alpen bis zur Donau überall verbreitet war, auf Schotterfluren. Und wenn wir diese Karten anschauen, dann ist das ein Ausdünnungsprozess der von Jahrzehnt zu Jahrzehnt ging und heute kennen wir nur noch wenige Stellen, wo diese Pflanze vorkommt, das liegt an unseren wasserbaulichen Maßnahmen im Wesentlichen.
Arten verschwinden, andere wiederum verbreiten sich wie Unkraut, sprießen dort, wo sie eigentlich nicht hingehören, aber sich mittlerweile heimisch fühlen.
Der Salzschwaden, eine Pflanze, die bis vor 50 Jahren noch ausschließlich an der Meeresküste vorkam, in Salzwiesen, wo man wirklich im Zeitraffer auf Karten zeigen kann, wie der Salzschwaden von Jahr zu Jahr einige Kilometer nach Süden entlang der Autobahnen vorgedrungen ist und heute finden sie ihn an jeder Bundesstrasse weil so gründlich gesalzen wird. (41/58) Wir können die Dynamik, die in unserer Landschaft stattfindet sehr genau und gut dokumentieren, das geht aber nur, wenn wir uns die Mühe machen, die Daten in nachvollziehbare und vergleichbare Form auch zu speichern. Dieser Mühe müssen wir uns unterziehen, sonst werden wir nie zu so eindeutigen Aussagen kommen.
Eindeutige Aussagen über die Vielfalt der Arten bekommen dann auch die Mitarbeiter der Naturschutzgebiete und Nationalparke in Deutschland. Länderübergreifend können sie dann mit Hilfe der umfassenden Datenbank das Artensterben besser aufhalten.