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Arthritis
Fingerscanner ermöglicht genauere Diagnose

Die Rheumatoide Arthritis ist die häufigste entzündliche Gelenkerkrankung. Sie beginnt meist in den Fingergelenken und kann sich auch auf andere Gelenke des Körpers ausweiten. Forscher haben deshalb einen Fingerscanner entwickelt, mit dem die Krankheit früher als bislang festgestellt werden soll.

Von Jochen Steiner | 16.12.2015
    Eine Hand mit Gichtbefall am kleinen Finger.
    Bisherige Methoden zur Arthritis-Erkennung haben ihre Schwächen. (imago / Science Photo Library)
    Am Morgen sind die Fingergelenke oft geschwollen und steif, eine Faust zu machen fällt schwer und die Kraft in den Händen lässt nach. Viele Arthritis-Patienten kennen diese Beschwerden und Symptome.
    "Bei Arthritis ist es so, dass der Krankheitsverlauf häufig so beginnt, dass erst an Fingergelenken erste Symptome zu bemerken sind. Und deswegen wollten wir die Technik eben so umbauen, dass Finger gescannt werden können, um mögliche Krankheitsbefunde sehr frühzeitig diagnostizieren zu können."
    Bislang greifen Ärzte auf unterschiedliche bildgebende Verfahren zur Diagnose von Arthritis zurück: klassischer Ultraschall, Doppler-Ultraschall, Magnetresonanztomografie und Röntgen-Diagnostik. Sie alle hätten ihre Schwächen, sagt Marc Fournelle vom Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik in St. Ingbert.
    "Ultraschall hat meistens einen relativ geringen Kontrast, bei Doppler-Ultraschall ist es sehr benutzerabhängig, MRT ist relativ kostspielig und auf ionisierende Strahlung möchte man auch verzichten so weit wie möglich."
    Neuer Ansatz mit vereinenden Methoden
    Seit drei Jahren arbeiten die Fraunhofer-Forscher deshalb an einem neuen Ansatz, der mehrere bildgebende Verfahren vereint.
    In einem ersten Schritt fertigen die Wissenschaftler ein Übersichtsbild der Hand an. Darauf sind möglicherweise betroffene Gelenke markiert. Für eine sichere Diagnose reicht dieses zweidimensionale Bild in geringer Auflösung wohl nicht aus – hochaufgelöste, dreidimensionale Aufnahmen sind notwendig, die ein von den Forschern entwickelter Fingerscanner liefern soll.
    "Das Gerät ist einen knappen Meter lang, es ist eine Vorrichtung darin aufgebaut, die als Handauflage dient."
    Marc Fournelle legt seine rechte Hand darauf und steckt den Zeigefinger in eine kleine Röhre. Darin sind zahlreiche Ultraschallwandler angebracht, die Schall aussenden und wieder empfangen können und die den Finger in der Röhre abfahren. Der Fingerscanner kombiniert klassischen Ultraschall mit optoakustischer Bildgebung.
    "Das Ganze dauert circa fünf Sekunden, und dann wurde ein 3D-Datensatz aller drei Fingergelenke aufgenommen in zwei Modalitäten: in Ultraschall und Optoakustik."
    Herzstück Optoakustik
    Die optoakustische Bildgebung sei das Herzstück des neu entwickelten Fingerscanners, betont der Physiker. Dabei wird kein Schall aus den Wandlern geschickt, sondern ein Lichtpuls im nahen Infrarotbereich, der durch einen Laser erzeugt wird. Das Licht wird vom Gewebe unterschiedlich stark absorbiert und in Schall umgewandelt, der von den Ultraschallwandlern aufgefangen wird.
    Aus diesen Informationen kann ein angeschlossener Computer sehr hochaufgelöste 3D-Bilder erstellen. Darauf ist auch der Blutfluss im Gewebe erkennbar. Fingergelenke mit außergewöhnlich starker Durchblutung lassen auf eine Entzündung schließen, und damit auf die ersten Anzeichen einer Arthritis. Der Fingerscanner der Fraunhofer-Forscher soll sie früher aufspüren als bisherige Verfahren.
    "Wir haben da natürlich sehr hohe Hoffnungen und Erwartungen. Die sind auch nicht ganz unberechtigt, weil wir einfach schon Vorerfahrungen haben aus Studien an Kleintieren mit unseren Partnern aus der Rheumatologie zusammen, wo wir eben gesehen haben, dass wir mit dieser neuen Technik Entzündungen sehen konnten, die wir mit Standardverfahren so noch nicht in der Qualität wahrnehmen können."
    Jetzt stehen Tests an, die zeigen sollen, dass der Fingerscanner für Patienten sicher ist. Danach, so Marc Fournelle, sollen klinische Studien folgen.