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Arzt teilen per Mausklick

An deutschen Kliniken fehlen Ärzte. Auf der anderen Seite arbeiten zurzeit rund 38.000 Mediziner nicht in ihrem erlernten Heilberuf. Das Internetportal ArztInTeilzeit.de möchte das nun ändern.

Von Klaus Deuse | 04.03.2013
    "Es gibt Studien, die zeigen, dass momentan etwa 12.000 Stellen in deutschen Kliniken unbesetzt sind. Das macht etwa eineinhalb Stellen pro Abteilung in Deutschland aus."

    Sagt der junge Mediziner Raphael Tsoukas, der zusammen mit Maren Bongartz das Internetportal "Arzt inTeilzeit" gegründet hat. Dass Kliniken händeringend Ärzte suchen, bestätigt aus ihrer Erfahrung auch Dr. Anke Krause, Oberärztin einer neurologischen Station im Ruhrgebiet.

    "An manchen Kliniken ist es so, dass sozusagen Leihärzte engagiert werden müssen, weil die Stellen nicht besetzt werden."

    Mit ihrem Portal wollen die beiden Absolventen der Universität Witten/Herdecke Ärztinnen und Ärzten die Möglichkeit bieten, einen beruflichen Partner zu finden, mit dem sie sich eine Stelle an einer Klinik teilen können. Jobsharing via Internet, um gut ausgebildete Ärzte wieder zurück in ihren Beruf zu holen und andere davon abzuhalten, ins Ausland abzuwandern. Nach seinen Erfahrungen im klinischen Alltag könnte dieses Modell nach Ansicht von Raphael Tsoukas vor allem bei Ärztinnen auf Interesse stoßen, die wieder in ihrem Beruf arbeiten möchten. Allerdings nur in Teilzeit, um sich auch um ihre Kinder kümmern zu können.

    "Dann kann sie auf der Internetseite ein Inserat aufgeben, in welcher Abteilung sie gerne arbeitet, in welchem Fachgebiet, in welcher Stadt. Und dieses Gesuch kann dann von jedem anderen Arzt eingesehen werden. Und so können sich zwei Ärzte finden, die sich dann auf eine Stelle in einer Klinik bewerben und sich die Arbeitszeiten eben individuell eben einteilen können."

    Angemeldet bei "Arzt in Teilzeit" hat sich auch Felix Artmann. Aus ganz persönlichen Beweggründen:

    "Ich hab jetzt das letzte Dreivierteljahr hauptsächlich Musik gemacht und davon auch gelebt, damit Geld verdient. Und werde das definitiv einschränken müssen natürlich, aber will eben weiter Musik machen parallel und das auch auf einem professionellen Niveau. Und das mit einem Arztdasein in Verbindung zu bringen, ist wahrscheinlich nicht ganz einfach."

    Zumindest nicht mit einer Vollzeitstelle. Angesichts der vielen unbesetzten Stellen scheint der Bedarf für ein solche Teilzeitvermittlungsplattform offenbar vorhanden. Natürlich arbeiten schon heute Ärzte in Teilzeit in Krankenhäusern. Doch die Einhaltung strikt festgelegter Arbeitszeiten birgt Probleme im Klinikalltag. Im Unterschied zum Modell des Jobsharings von "Ärzte inTeilzeit", wie Raphael Tsoukas erläutert:

    "Das heißt, es ist nicht so, dass ein Teilzeitbeschäftigter um ein Uhr mittags zum Beispiel geht aus der Klinik und die Arbeit auf einen Kollegen abgewälzt wird, der das jetzt übernimmt. Sondern es ist festgelegt, dass der Jobpartner dann zu der gegebenen Zeit in die Klinik kommt. Es gibt eine geregelte Übergabe. Es sind natürlich auch andere individuelle Kombinationen möglich. Das heißt, dass ein Arzt eine Woche am Stück arbeitet und der andere Arzt übernimmt dann die nächste Woche oder monatsweise."

    Bei dieser Form von ärztlichem Jobsharing bleibt die Kontinuität der Patientenversorgung gewahrt. Aber nicht nur Ärzte zeigen Interesse an dieser Art der flexiblen Arbeitszeitgestaltung. Auch Kliniken können mit genauen Stellenbeschreibungen nachfragen, ob es geeignete Kandidaten im Jobsharing für ihre unterbesetzten Abteilungen gibt. Felix Artmann ist bei seiner Suche fündig geworden. Sowohl nach einem Partner – als auch nach einem potenziellen Arbeitgeber. Bei zwei Kliniken in der Wunschregion der beiden teilzeitsuchenden Mediziner.

    "Ich habe jetzt aktuell, gerade heute Vormittag, Email-Kontakt gehabt mit einem ärztlichen Kollegen. Und es sieht auch ganz gut aus. Da haben wir zwei Kliniken, mit denen wir schon Kontakt hatten. Die haben davon gehört und fanden das Konzept auch gut und können sich das vorstellen. Und jetzt müssen wir eben gerade gucken, wie wir das aufteilen und da einfach mal, ja, dieses bekannte Vorstellungsgespräch machen, mit dem Chef sprechen."

    Eine erfahrene Oberärztin wie Dr. Anke Krause hält das Vermittlungsangebot dieser Internetplattform für eine Möglichkeit mit Perspektiven, um mehr Ärzte an Kliniken zu beschäftigen und endlich Lücken zu schließen.

    "Wenn ich Engpässe habe und interessiert bin, auch Teilzeitkräfte einzustellen, ist das sicherlich eine gute Anlaufstelle, um mich zu informieren und Kontakt herzustellen. Auf der anderen Seite, natürlich für den Arbeitnehmer, der sozusagen da ja ein Portal hat, wo er konkret sich auch direkt mit seinem Teilzeitwunsch äußern kann, ist das sicherlich, denk ich, auch hilfreich."