Wo heute Sand bis zum Horizont reicht, erstreckte sich einst ein wunderbar blauer See, der Lake Mungo. An seinen Ufern lebten die ersten Aborigines Australiens, und sie jagten Tiere wie den Tasmanischen Beuteltiger, Riesenkänguruhs oder den Haarnasenwombat. Lake Mungo ist unter Archäologen weltberühmt.
"Dort sind rund 150 Gräber gefunden worden. Zwei dieser Gräber - Mungo 1 und Mungo 3 - sind die ältesten, die wir in Australien kennen und deshalb sehr wichtig für die Besiedlungsgeschichte des Kontinents. Wir haben die Überreste datiert und glauben, dass Lake Mungo 3 etwa 60.000 Jahre alt ist."
Rainer Grün von der Australischen Nationaluniversität in Canberra. Allerdings kam eine zweite Forschergruppe mit einer anderen Datierungsmethode zu dem Schluss, dass das Grab 42.000 Jahre alt ist. Diese Diskrepanz von 20.000 Jahren lasse sich nicht einfach durch Fehler in der Arbeit der jeweils anderen Gruppe erklären: Man finde keinen, erklärt Bert Roberts von der Universität Wollongong bei Sydney:
"Um ehrlich zu sein, wir wissen nicht genau, woran das liegt. Wir haben keine Ahnung, wo der Fehler steckt. Eine Methode muss fehlerhaft sein, und wir müssen lernen, warum, denn das könnte Auswirkungen auf andere Datierungen haben. Vielleicht müssen wir auch bei anderen Fundstellen das Alter revidieren."
Datierungen sind die Basis für das Weltbild der Wissenschaftler, nicht nur bei der Besiedlung Australiens. Das macht die Frage der Zuverlässigkeit interessant. Alle Methoden zur Alterbestimmung haben Nachteile. So ist die berühmte C-14-Methode nur für Fossilien zuverlässig, die jünger als 35.000 Jahre sind. Am Lake Mungo greift sie nicht. Die 60.000 Jahre dort wurden mit Hilfe der ESR gemessen, der sogenannten Elektronenspin-Resonanz-Spektroskopie. Grün:
"Mit ESR messen wir die freien Radikale im Hydroxyapatit des Zahnschmelzes, die durch die Umgebungsradioaktivität im Boden entstehen. Allerdings gibt es ein generelles Problem bei der ESR: Im Boden dringt Uran in den Zahn ein. Zähne von Lebenden enthalten kein Uran, fossile Zähne schon - aber leider verursacht Uran ein Signal, das wir in der ESR messen. Zur Korrektur datieren wir die Proben mit einer zweiten Methode, bei der wir das Alter aufgrund des radioaktiven Zerfalls der Uran-Atome berechnen."
Die 40.000 Jahre der zweiten Gruppe basieren auf der Lumineszenzdatierung, bei der das Alter der Sedimente um das Fossil herum bestimmt wird. Die radioaktive Hintergrundstrahlung verursacht in den Sandkörnern des Bodens Kristalldefekte. Kennt man die natürliche Strahlung, lässt sich der Zeitpunkt berechnen, wann die Quarzkörner - und damit das Fossil - das letzte Mal am Sonnenlicht waren. Denn die Sonne "heilt" die Fehlstellen wieder aus. Über die Gründe, warum am Lake Mungo ESR und Urandatierung auf der einen, sowie die Lumineszenz auf der anderen Seite zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, lässt sich nur spekulieren. Roberts:
"Der Untergrund dort besteht aus Sand und wenig Kalkzement. Unter solchen Bedingungen ist das Uran mobil, aber insgesamt gibt es nur wenig davon und damit kaum Hintergrundstrahlung und kaum Veränderungen: weder in den Quarzkörnern, noch im Zahnschmelz. Wir müssen also sehr genau messen."
Die Anomalie von Lake Mungo macht eine Schwäche deutlich. Roberts:
"Meistens werden nicht genügend Vergleichsmessungen unternommen. Die Forscher wenden ihre Lieblingsmethode an und vertrauen ihr vollkommen."
Weil Lumineszenz, Urandatierung und ESR bei der Forschung zur Evolution des modernen Menschen eine große Rolle spielen, wollen die Forscher unbedingt der Anomalie auf die Spur kommen.
"Dort sind rund 150 Gräber gefunden worden. Zwei dieser Gräber - Mungo 1 und Mungo 3 - sind die ältesten, die wir in Australien kennen und deshalb sehr wichtig für die Besiedlungsgeschichte des Kontinents. Wir haben die Überreste datiert und glauben, dass Lake Mungo 3 etwa 60.000 Jahre alt ist."
Rainer Grün von der Australischen Nationaluniversität in Canberra. Allerdings kam eine zweite Forschergruppe mit einer anderen Datierungsmethode zu dem Schluss, dass das Grab 42.000 Jahre alt ist. Diese Diskrepanz von 20.000 Jahren lasse sich nicht einfach durch Fehler in der Arbeit der jeweils anderen Gruppe erklären: Man finde keinen, erklärt Bert Roberts von der Universität Wollongong bei Sydney:
"Um ehrlich zu sein, wir wissen nicht genau, woran das liegt. Wir haben keine Ahnung, wo der Fehler steckt. Eine Methode muss fehlerhaft sein, und wir müssen lernen, warum, denn das könnte Auswirkungen auf andere Datierungen haben. Vielleicht müssen wir auch bei anderen Fundstellen das Alter revidieren."
Datierungen sind die Basis für das Weltbild der Wissenschaftler, nicht nur bei der Besiedlung Australiens. Das macht die Frage der Zuverlässigkeit interessant. Alle Methoden zur Alterbestimmung haben Nachteile. So ist die berühmte C-14-Methode nur für Fossilien zuverlässig, die jünger als 35.000 Jahre sind. Am Lake Mungo greift sie nicht. Die 60.000 Jahre dort wurden mit Hilfe der ESR gemessen, der sogenannten Elektronenspin-Resonanz-Spektroskopie. Grün:
"Mit ESR messen wir die freien Radikale im Hydroxyapatit des Zahnschmelzes, die durch die Umgebungsradioaktivität im Boden entstehen. Allerdings gibt es ein generelles Problem bei der ESR: Im Boden dringt Uran in den Zahn ein. Zähne von Lebenden enthalten kein Uran, fossile Zähne schon - aber leider verursacht Uran ein Signal, das wir in der ESR messen. Zur Korrektur datieren wir die Proben mit einer zweiten Methode, bei der wir das Alter aufgrund des radioaktiven Zerfalls der Uran-Atome berechnen."
Die 40.000 Jahre der zweiten Gruppe basieren auf der Lumineszenzdatierung, bei der das Alter der Sedimente um das Fossil herum bestimmt wird. Die radioaktive Hintergrundstrahlung verursacht in den Sandkörnern des Bodens Kristalldefekte. Kennt man die natürliche Strahlung, lässt sich der Zeitpunkt berechnen, wann die Quarzkörner - und damit das Fossil - das letzte Mal am Sonnenlicht waren. Denn die Sonne "heilt" die Fehlstellen wieder aus. Über die Gründe, warum am Lake Mungo ESR und Urandatierung auf der einen, sowie die Lumineszenz auf der anderen Seite zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, lässt sich nur spekulieren. Roberts:
"Der Untergrund dort besteht aus Sand und wenig Kalkzement. Unter solchen Bedingungen ist das Uran mobil, aber insgesamt gibt es nur wenig davon und damit kaum Hintergrundstrahlung und kaum Veränderungen: weder in den Quarzkörnern, noch im Zahnschmelz. Wir müssen also sehr genau messen."
Die Anomalie von Lake Mungo macht eine Schwäche deutlich. Roberts:
"Meistens werden nicht genügend Vergleichsmessungen unternommen. Die Forscher wenden ihre Lieblingsmethode an und vertrauen ihr vollkommen."
Weil Lumineszenz, Urandatierung und ESR bei der Forschung zur Evolution des modernen Menschen eine große Rolle spielen, wollen die Forscher unbedingt der Anomalie auf die Spur kommen.