Auf der anderen Seite die einst aufstrebenden asiatischen Tigerstaaten, die von der Asienkrise Ende der neunziger Jahre weit zurück geworfen wurden, dazu einige Lateinamerikaner, aber auch Japan, Neuseeland und Papua-Neuguinea. Länder mit völlig unterschiedlicher Wirtschaftskraft, politischen Systemen, sozialem Gefüge und religiöser Ausrichtung. Aber bei aller Gegensätzlichkeit eint sie ein Wunsch: Sie wollen den asiatisch-pazifischen Raum zur führenden Wirtschaftsmacht der kommenden Jahre machen. Wie das im Detail aussehen soll, dazu gibt es sehr unterschiedliche Ansichten, wie Thailands Premierminister Thaksin Shinawatra schon im Vorfeld verklausuliert andeutete:
"Dieses APEC-Treffen steht unter dem Motto: Eine Welt der Unterschiede, Partnerschaft für die Zukunft. Es ist unser Wunsch, zu betonen, dass es auf der Welt zugleich Unterschiedlichkeit und Vielfalt gibt. In Thailand selbst existiert eine große Vielfalt, aber auch große Unterschiede zwischen den ländlichen und städtischen Gesellschaften. Wir erkennen diese Unterschiede in unserer Gesellschaft und sind überzeugt, dass diese, wenn sie richtig gehandhabt werden, in eine Partnerschaft für die Zukunft für Thailand umgewandelt werden können. Vor diesem Hintergrund ist Thailand der stolze Gastgeber von APEC. Die APEC muss zusammenkommen, um diese Unterschiede unter den Mitgliedern zu definieren, zu erkennen und sie dann zu überbrücken."
Die Wirtschaftskooperation APEC war 1989 in der australischen Hauptstadt Canberra gegründet worden. Die Gründerväter träumten damals von einem Freihandel im pazifischen Raum. Von einem multilateralen System ohne Handelsbarrieren und Zollhindernisse. Vom ungehinderten Austausch von Technologien und dem freien Fluss von Direktinvestitionen. Diese Freihandelszone sollte bis zum Jahr 2020 verwirklicht sein.
Von einer weitgehenden Liberalisierung der Wirtschaftssysteme erhofften sich die Initiatoren Wachstum für die gesamte Region und damit natürlich auch Aufschwung für das eigene Land. Der "Club der 12", wie die Gründungsinitiatoren genannt wurden, wuchs seit Ende der 90 Jahre bis heute auf 21 Staaten an – die neuen Mitglieder waren unter anderem Thailand, Peru, Russland und die Philippinen. In ihren Bedürfnissen waren sich die einzelnen Staaten durchaus einig: Durch die Verwirklichung von APEC die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und der heimischen Wirtschaft zu mehr Dynamik zu verhelfen.
Doch der Traum schien rasch ausgeträumt: Zu unterschiedlich war die wirtschaftliche Entwicklung in den einzelnen Ländern. Somit war es innerhalb der APEC von jeher kaum möglich, sich bei wirtschaftlichen Fragen auf einen Nenner zu einigen: Obwohl sich die Außen- und Wirtschaftsminister der APEC jedes Jahr treffen, obwohl regelmäßig Ausschüsse und beratende Gremien tagen, ist die asiatisch-pazifische Wirtschaftskooperative von ihrer ursprünglichen Vision heute weiter entfernt denn je. Kritiker monierten einmal, die APEC sei zu einem Debattierclub geworden, der sich außerstande sehe, Entscheidungen zu treffen. So war auch seit Ende der 90 Jahre nicht mehr unbedingt von "Liberalisierung" die Rede, sondern nur noch von "Handelserleichterungen".
Beschleunigt wurde der Niedergang durch die Asienkrise von 1997 und 1998. Diese entpuppte sich als wahre Katastrophe für die asiatisch-pazifische Wirtschaftskooperative. Denn ein Teil der APEC-Mitglieder stammte aus Südostasien. Die schwere Wirtschafts- und Finanzkrise begann im Juli 1997 in Thailand – nachdem ausländische Investmentfirmen die Landeswährung Baht drastisch unter Druck gesetzt hatten. Im Versuch, die Attacken abzuwehren, hatte die thailändische Notenbank fast die gesamten Dollarreserven eingesetzt – vergeblich. Der Wert des Baht stürzte ab: Innerhalb weniger Tage verlor er mehr als die Hälfte seines Wertes.
In kürzester Zeit breiteten sich die von Thailand ausgehenden Schockwellen auf die ganze Region aus, auch Hongkong und Südkorea blieben nicht verschont. Banken- und Immobiliensysteme kollabierten, Investoren zogen sich zurück, Millionen Menschen verarmten. Mit diesem wirtschaftlichen Crash war der politische Wille einzelner Regierungen, den Handel zu liberalisieren, passé – vor allem in Malaysia, Indonesien und Thailand.
Aber auch politische Dispute belasteten die APEC: Unter dem großen Einfluss der USA hatten die APEC-Finanzminister 1997 eine Vereinbarung unterschrieben, nach dem allein der Internationale Währungsfonds dafür zuständig sein sollte, die Asienkrise zu bewältigen. Doch die rigide Sparpolitik des IWF schmeckte vielen asiatischen Staaten nicht. Die harten Auflagen stießen auf Widerstand – vor allem, weil es oft keine sichtbaren Fortschritte gab. Damit wuchs der Widerwille gegen die USA und damit auch gegen die Funktion der APEC.
Die schwere Krise von einst gilt in Thailand heute in vielen Bereichen als überwunden: Investitionen haben wieder angezogen, die Konsumenten leisten sich wieder mehr Luxus. Allerdings gilt der Finanzsektor immer noch nicht als völlig saniert. Denn nach der Krise hatte man versäumt, die überschuldeten Banken in ein Konkursverfahren zu ziehen. Das Problem – die Schieflage des Kreditsektors – wurde nicht gelöst, sondern nur in die Zukunft verlagert.
Der APEC-Gipfel kommt Thailand daher sehr gelegen – als Gastgeber möchte sich das Land als modernes Land und interessanter Standort für Investoren präsentieren. Denn was Thailand wie alle anderen Staaten in Südostasien am dringendsten braucht, ist frisches Kapital von außen. Aber ob das Treffen der "Asia Pacific Economic Cooperation" auch einen direkten ökonomischen Nutzen für Südostasien hat, ist keineswegs sicher.
Multilaterale Abkommen, die den Handel in der gesamten Region ankurbeln könnten, sind kaum durchzusetzen, wie schon der Zusammenbruch der Welthandelsgespräche in Cancun kürzlich gezeigt hat. Dort prallten die Interessen der Industrie- und Entwicklungsländer mit ungewohnter Wucht aufeinander. Die reichen Länder des Nordens waren zur Öffnung ihrer Agrarmärkte nicht bereit, da schalteten auch die Länder des Südens auf Konfrontation: Sie wollten sich von den Industriestaaten nicht vorschreiben lassen, wann und wie sie ihr Wirtschaftssystem zu liberalisieren haben.
Hat nach dem Scheitern der Welthandelsrunde die APEC, die sich ja auch multilateralen Visionen verschrieben hat, überhaupt noch einen Sinn? Vongthip Chumpani, Top-Beraterin der Bangkok Bank und Vorstands-Mitglied bei der Deutsch-Thailändischen Handelskammer meint dazu:
"In der globalisierten Welt von heute ist es sehr wichtig, dass persönliche Beziehungen geknüpft werden, weil es oft zu Missverständnissen kommen kann, aufgrund von politischen, ökonomischen und sozialen Veränderungen. Der wichtigste Punkt ist dabei die Frage, wohin die Globalisierung führt. Am Anfang dachten wir alle, dass die Globalisierung etwas Gutes ist, aber jetzt, vor allem nach dem Zusammenbruch des WTO-Treffens in Cancun, halten alle inne und sagen: Wartet mal, es ist ja doch alles nicht so toll, wie wir gedacht haben. Dann haben wir eben diese Sache mit den Freihandelsgesprächen: Wenn nämlich multilaterale Handelsabkommen nicht ausgehandelt werden können, wenden sich die Leute den bilateralen zu."
Sehr zuversichtlich in Sachen APEC gibt man sich von amerikanischer Seite. Viele US-Firmen schätzen Thailand offenbar nicht nur als Standort für Direktinvestitionen, sondern auch als einen geeigneten Platz, ihr regionales Hauptquartier nach Südostasien zu verlegen. Das kündigten der amerikanische Autobauer Ford und der Öl-Konzern Esso an. Bereits heute vertritt die amerikanische Handelskammer in Bangkok rund 600 US-Firmen. Vom Asien-Pazifik-Gipfel erhofft man sich dort einen weiteren Schub für die Kontakte zwischen Thailand und den USA. Ausländischen Regierungschefs zeige Thailand damit, dass man offen sei für wirtschaftliche Beziehungen, sagt die Präsidentin der US-amerikanischen Handelskammer, Ellen Devlin:
"APEC ist dieses Jahr deshalb so wichtig, weil das WTO-Treffen in Cancun ohne ein substantielles Ergebnis zu Ende gegangen ist. Daher werden sowohl multilaterale als auch bilaterale Verträge zwischen den APEC-Staaten immer wichtiger. Sie sind wichtig, weil die WTO-Gespräche zusammen gebrochen sind, aber auch deshalb, weil die APEC-Staaten zu einem einheitlichen Verständnis des freien Handels finden müssen. Der andere Punkt ist der, dass APEC- dadurch, dass man sich jedes Jahr trifft – damit eine Deadline setzt. So ist es erforderlich, dass sich die Staaten jedes Jahr an einen Tisch setzen müssen."
Wie schwierig der Versuch der APEC-Staaten ist, den Handel miteinander zu vereinfachen und Barrieren abzubauen, zeigt schon ein Blick nach Südostasien. Vor zehn Jahren nämlich hatten die Initiatoren der Asiatischen Freihandelszone, kurz Afta, eine Vision: Die eines freien Marktes innerhalb der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN. Doch obwohl ASEAN einen wesentlich kleineren Wirtschaftsraum als APEC umfasst, ist eine Freihandelszone dort bis heute lediglich ansatzweise verwirklicht worden.
Denn die ehrgeizigen Pläne, die man Ende 1992 entworfen hatte, waren von einigen der Initiatoren selbst blockiert worden. Der Streit entzündete sich am Automobilsektor. Vor einigen Jahren hatten die ASEAN-Länder beschlossen, die Importzölle für Autos aus der Region bis zum Jahr 2003 auf fünf Prozent abzusenken. Doch Malaysia fühlte sich überfahren: Das Land kündigte seine ursprünglich gegebene Zustimmung wieder auf und bat um Aufschub bis 2005 – vor allem im Interesse des landeseigenen Autoherstellers Proton. Thailand, das sich in den letzten Jahren immer mehr zur Drehscheibe für die internationale Autoindustrie entwickelt hat, sah sich vom Nachbarn getäuscht.
Das Thema Zölle wurde zunächst einmal in die Zukunft verschoben. Und doch wollten Autobauer in Thailand ihre Chancen nicht ungenutzt lassen. Man verhandelte beispielsweise mit dem Nachbarn Indonesien. Seit Anfang dieses Jahres ist es demnach möglich, in der Region produzierte Fahrzeuge unter Afta-Bedingungen von Thailand nach Indonesien zu exportieren. Doch auch Thailand, so klagen Kritiker, ist nicht gerade ein Musterschüler des Freihandels. Hohe Importzölle für viele Waren ließen die Preise für Käufer und Konsumenten in unzumutbare Höhen schießen.
Angesichts dieser Entwicklung mutet es nahezu paradox an, dass auf dem ASEAN-Treffen der Staats- und Regierungschefs Anfang Oktober auf Bali vereinbart wurde, bis 2020 einen gemeinsamen Markt innerhalb Südostasiens nach europäischem Vorbild zu schaffen. Ein solches Wirtschaftsgefüge, das weit über eine Freihandelszone hinausgehen würde, müsste zwangsläufig auch eine einheitliche Währung nach sich ziehen. Dies aber ist – vom heutigen Standpunkt gesehen - utopisch: Eine Einheitswährung, wie man sie in der Europäischen Union kennt, werde wohl erst in 40 oder 50 Jahren möglich sein. Das gaben selbst die Teilnehmer des Bali-Treffens zu bedenken.
Das größte Problem: Die protektionistischen Tendenzen der Vergangenheit haben nicht nur ausländische Investoren verscheucht. Sie haben auch verhindert, dass sich ASEAN wirtschaftlich unabhängiger von den Vereinigten Staaten oder Europa machen konnte. Der Schweizer Thomas Gerber, der seit Jahren ausländische Unternehmen in Thailand berät, ist skeptisch:
"Langfristig werden sie schon runtergehen, aber parallel dazu müsste das Investment in diesen Ländern etwa gleich raufgehen, damit diese Einnahmeverluste kompensiert werden können. Ich glaube nicht, dass wir in fünf Jahren in ASEAN eine Freetradezone haben, wo praktisch alle Güter, die hin und hergeschoben werden, zwischen 0 und 5% bezollt werden. Das glaube ich nicht, dass das erreichbar ist."
Auch wenn die Wirtschaftskrise in Thailand überwunden scheint: Zur alten Dynamik hat der einstige Tigerstaat noch nicht ganz zurück gefunden. Gerade kleine und mittlere Unternehmen bräuchten eine spezielle Förderung. Oft aber werden sie bei der Kreditvergabe benachteiligt, weil der Zinssatz von etwa 18 Prozent gerade für finanzschwächere Firmen unerschwinglich ist. Das Investitionsklima innerhalb Thailands beurteilt Unternehmensberater Gerber generell sehr differenziert:
"Wenn jemand eine Produktion aufbauen will und profitieren will von den tiefen Arbeitskosten hier in Asien und im Prinzip das Rohmaterial liefert, importiert, etwas zusammensetzt, produziert und das wieder exportiert, dann bin ich der Meinung, ist Thailand ein gutes Land. Aber wenn jemand sagt, ich will mein Regionaloffice in Asien, in welchem Land will ich´s machen: Malaysia, Singapur oder Bangkok, dann ist wahrscheinlich Bangkok nicht der richtige Platz. Alle legalen Bestimmungen ums Thema der Firmenregistrierung, um Besitzverhältnisse und so, um Arbeitsbewilligungen, Visa für Ausländer, das ist in Thailand viel, viel schwieriger als in Singapur oder Malaysia. Und das ist eigentlich Schade, weil Investitionen in diesem Sektor kosten auch Geld, das könnte das Land gut brauchen."
Thailand, das stets versucht hat, eine Asiatische Freihandelszone zu forcieren, bekommt aber mittlerweile selbst zu spüren, welche Folgen allein schon ein bilaterales Abkommen haben kann. Erst kürzlich hatte das Land eine Vereinbarung mit China getroffen, die den freien Fluss an landwirtschaftlichen Waren garantieren soll. Das aber könnte sich möglicherweise zum Nachteil für Thailand entwickeln. Die Top-Managerin Vongthip Chumpani:
"Freihandelsabkommen zwischen Staaten leisten viel Gutes, sie können aber gleichzeitig viele Auswirkungen haben, wenn wir sie zu schnell abschließen, ohne vorher die Pros und Kontras abzuwägen, wie zum Beispiel in der Landwirtschaft. Wir haben ein Abkommen mit China unterzeichnet, das den freien Warenaustausch von Nahrungsmitteln und Gemüse gewährleistet. Das ist sehr verzwickt, denn die Farmer im Norden, die Knoblauch und Zwiebeln anbauen, sind davon betroffen und wir müssen ihnen helfen, andere Produkte anzubauen, wenn sie nicht wettbewerbsfähig sind."
Nicht mehr wettbewerbsfähig wären die thailändischen Farmer dann, wenn zu viele Agrar-Produkte des riesigen chinesischen Marktes das wesentlich kleinere südostasiatische Land überschwemmen würden. Wie sich dieses Abkommen auswirken wird, ist noch ungewiss. Derzeit aber bereitet sich Thailand offenbar schon auf weitere bilaterale Gespräche vor: Auf dem APEC-Gipfel wollen Premier Thaksin und US-Präsident George W. Bush über ein mögliches Freihandelsabkommen zwischen beiden Ländern verhandeln. Das berichtete jedenfalls Thailands Tageszeitung "Bangkok Post". Wie diese Vereinbarung exakt aussehen könnte, ist derzeit noch nicht klar. Es wird aber immer deutlicher, dass die Wirtschaftsgespräche eng mit einer sicherheitspolitischen Frage verknüpft werden sollen: Mit dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus.
Es ist nicht das erste Mal, dass eine globale Strategie gegen den Terror auf der Agenda der APEC steht. Sicherheitspolitische Aspekte haben die wirtschaftlichen Fragen in den letzten zwei Jahren fast verdrängt: Unter dem Eindruck der Terroranschläge in den USA am 11. September 2001 war es US-Präsident Bush gelungen, auf dem APEC-Gipfel in Schanghai wenige Wochen später die Mitglieder auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den internationalen Terror einzuschwören. Man beschloss damals unter anderem, die Finanzierung von Terror-Organisationen stärker ins Visier zu nehmen. Dies wird auch auf der Agenda des diesjährigen APEC-Treffens stehen. Ellen Devlin von der US-amerikanischen Handelskammer:
Der Terrorismus muss unter Kontrolle gebracht werden. Ich denke, inzwischen versteht das jedes Land mehr oder weniger. Aus der Sicht der Vereinigten Staaten denke ich, dass wir die Initiative ergreifen und Terrorismus verhindern müssen. Ich denke, einer der stärksten Züge, den die USA unternommen haben, war, die Finanzierung des Terrorismus zu untersuchen und den Geldfluss abzuschneiden. Es wird eine Weile dauern, bevor sich Auswirkungen erkennen lassen, aber in mehreren Zeitungen von Anfang letzter Woche wurde bereits darüber berichtet, das dem Terrorismus das Geld ausgeht. Es war ein Fluss mit einer starken Strömung, aber wir haben ihn mit einem Damm zum Versiegen gebracht. So können wir vielleicht Terrorismus verhindern, so dass die Menschen auf dieser Welt sicher leben können."
Derzeit sieht es ganz danach aus, als ob Thailand gerade von diesen sicherheitspolitischen Themen profitieren wird. Die thailändische Regierung, die in der Vergangenheit stets verneint hatte, ein Terrorproblem im eigenen Land zu haben, hatte im Juni mehrere Muslime im Süden Thailands verhaften lassen. Die Behörden warfen ihnen vor, mutmaßliche Mitglieder des regionalen Terrornetzwerkes Jemaah Islamiyah zu sein, das auch für die Attentate auf Bali verantwortlich gemacht wird. Auffällig war nur, dass jene Nachrichten über die Festnahmen ausgerechnet zu einem Zeitpunkt kursierten, als Premier Thaksin auf Staatsbesuch in den USA weilte.
Als der thailändischen Polizei und Ermittlern des amerikanischen Geheimdienstes CIA im August auch noch der indonesische Top-Terrorist Hambali ins Netz ging, erklärte Thaksin das Terrornetzwerk in seinem Land für zerschlagen. Gleichzeitig aber hatte er zwei Anti-Terror-Dekrete durchgedrückt. Kritiker monierten, dass all dies nur geschehen sei, um sich bei den USA beliebt zu machen - in der Hoffnung, bald bilaterale Handelsgespräche mit der westlichen Supermacht beginnen zu können.
Damit haben die kritischen Stimmen offensichtlich recht behalten. Vor allem Nichtregierungsorganisationen werden das APEC-Treffen aufmerksam verfolgen. Die "Human Settlement Foundation", die sich seit Jahren für Obdachlose in Bangkok einsetzt, sieht den Apec-Gipfel an einem kritischen Punkt angelangt. Wipada Kittikowit, eine Mitarbeiterin der Organisation:
"Der APEC-Gipfel folgt kontinuierlich auf das WTO-Treffen in Cancun, das gescheitert ist. Weil die multilateralen Verhandlungen nicht funktioniert haben, werden während APEC vielleicht mehr bilaterale Gespräche geführt. Aber die Regierung hat uns bis heute kein klares Bild über die Agenda vermittelt.
Ein andere Sache ist die, dass die muslimische Bevölkerung in Thailand, die etwa 13 Prozent ausmacht, das Treffen sehr genau beobachten wird, um zu sehen, welche Auswirkungen sich für die Moslems in Thailand daraus ergeben könnten. Terrorismus ist für die Menschen hier ein sehr sensibles Thema."
Bei vielen macht sich Skepsis breit. Sowohl in der Frage der Terrorbekämpfung als auch bei der Globalisierung. Mit wegweisenden Entscheidungen auf dem Apec-Gipfel rechnet kaum noch jemand. Der Schweizer Unternehmensberater Thomas Gerber jedenfalls macht sich keine Illusionen:
"Irgendwann muss man ja anfangen zu diskutieren wenn man etwas verbessern will. Aber kurzfristig wird meiner Meinung nach das APEC-Meeting überhaupt nichts bringen. Man lernt sich kennen, kann mal über gewisse Subjects diskutieren, aber Lösungen erwarte ich nicht von diesem drei, vier Tage Event. Und ich glaube nicht, dass da Entscheidungen getroffen werden, die in den nächsten fünf Jahren hier in ASEAN-Bereich irgendwelche Vor- oder Nachteile bringen. Ich bezweifele, dass überhaupt Entscheidungen getroffen werden an diesem Meeting."
Trotzdem haben die Veranstalter jetzt betont, die multilateralen Gespräche wieder aufzunehmen. Ob das gelingt, ist fraglich. Eine asiatisch-pazifische Freihandelszone scheint in weiter Ferne und APEC zur Makulatur zu werden. Wieder wird alles auf bilaterale Abkommen hinaus laufen. Die aber nützen nur dem stärkeren Partner. Die Kluft zwischen reicheren und ärmeren Ländern wird sich weiter verschärfen. Und weil man die Herausforderungen der Globalisierung nicht bewältigen kann, verschleppt man diese Aufgabe immer weiter in die Zukunft. Sie wird im nächsten Jahr wieder auf den Tisch kommen – beim nächsten APEC-Gipfel 2004 in Chile.
"Dieses APEC-Treffen steht unter dem Motto: Eine Welt der Unterschiede, Partnerschaft für die Zukunft. Es ist unser Wunsch, zu betonen, dass es auf der Welt zugleich Unterschiedlichkeit und Vielfalt gibt. In Thailand selbst existiert eine große Vielfalt, aber auch große Unterschiede zwischen den ländlichen und städtischen Gesellschaften. Wir erkennen diese Unterschiede in unserer Gesellschaft und sind überzeugt, dass diese, wenn sie richtig gehandhabt werden, in eine Partnerschaft für die Zukunft für Thailand umgewandelt werden können. Vor diesem Hintergrund ist Thailand der stolze Gastgeber von APEC. Die APEC muss zusammenkommen, um diese Unterschiede unter den Mitgliedern zu definieren, zu erkennen und sie dann zu überbrücken."
Die Wirtschaftskooperation APEC war 1989 in der australischen Hauptstadt Canberra gegründet worden. Die Gründerväter träumten damals von einem Freihandel im pazifischen Raum. Von einem multilateralen System ohne Handelsbarrieren und Zollhindernisse. Vom ungehinderten Austausch von Technologien und dem freien Fluss von Direktinvestitionen. Diese Freihandelszone sollte bis zum Jahr 2020 verwirklicht sein.
Von einer weitgehenden Liberalisierung der Wirtschaftssysteme erhofften sich die Initiatoren Wachstum für die gesamte Region und damit natürlich auch Aufschwung für das eigene Land. Der "Club der 12", wie die Gründungsinitiatoren genannt wurden, wuchs seit Ende der 90 Jahre bis heute auf 21 Staaten an – die neuen Mitglieder waren unter anderem Thailand, Peru, Russland und die Philippinen. In ihren Bedürfnissen waren sich die einzelnen Staaten durchaus einig: Durch die Verwirklichung von APEC die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und der heimischen Wirtschaft zu mehr Dynamik zu verhelfen.
Doch der Traum schien rasch ausgeträumt: Zu unterschiedlich war die wirtschaftliche Entwicklung in den einzelnen Ländern. Somit war es innerhalb der APEC von jeher kaum möglich, sich bei wirtschaftlichen Fragen auf einen Nenner zu einigen: Obwohl sich die Außen- und Wirtschaftsminister der APEC jedes Jahr treffen, obwohl regelmäßig Ausschüsse und beratende Gremien tagen, ist die asiatisch-pazifische Wirtschaftskooperative von ihrer ursprünglichen Vision heute weiter entfernt denn je. Kritiker monierten einmal, die APEC sei zu einem Debattierclub geworden, der sich außerstande sehe, Entscheidungen zu treffen. So war auch seit Ende der 90 Jahre nicht mehr unbedingt von "Liberalisierung" die Rede, sondern nur noch von "Handelserleichterungen".
Beschleunigt wurde der Niedergang durch die Asienkrise von 1997 und 1998. Diese entpuppte sich als wahre Katastrophe für die asiatisch-pazifische Wirtschaftskooperative. Denn ein Teil der APEC-Mitglieder stammte aus Südostasien. Die schwere Wirtschafts- und Finanzkrise begann im Juli 1997 in Thailand – nachdem ausländische Investmentfirmen die Landeswährung Baht drastisch unter Druck gesetzt hatten. Im Versuch, die Attacken abzuwehren, hatte die thailändische Notenbank fast die gesamten Dollarreserven eingesetzt – vergeblich. Der Wert des Baht stürzte ab: Innerhalb weniger Tage verlor er mehr als die Hälfte seines Wertes.
In kürzester Zeit breiteten sich die von Thailand ausgehenden Schockwellen auf die ganze Region aus, auch Hongkong und Südkorea blieben nicht verschont. Banken- und Immobiliensysteme kollabierten, Investoren zogen sich zurück, Millionen Menschen verarmten. Mit diesem wirtschaftlichen Crash war der politische Wille einzelner Regierungen, den Handel zu liberalisieren, passé – vor allem in Malaysia, Indonesien und Thailand.
Aber auch politische Dispute belasteten die APEC: Unter dem großen Einfluss der USA hatten die APEC-Finanzminister 1997 eine Vereinbarung unterschrieben, nach dem allein der Internationale Währungsfonds dafür zuständig sein sollte, die Asienkrise zu bewältigen. Doch die rigide Sparpolitik des IWF schmeckte vielen asiatischen Staaten nicht. Die harten Auflagen stießen auf Widerstand – vor allem, weil es oft keine sichtbaren Fortschritte gab. Damit wuchs der Widerwille gegen die USA und damit auch gegen die Funktion der APEC.
Die schwere Krise von einst gilt in Thailand heute in vielen Bereichen als überwunden: Investitionen haben wieder angezogen, die Konsumenten leisten sich wieder mehr Luxus. Allerdings gilt der Finanzsektor immer noch nicht als völlig saniert. Denn nach der Krise hatte man versäumt, die überschuldeten Banken in ein Konkursverfahren zu ziehen. Das Problem – die Schieflage des Kreditsektors – wurde nicht gelöst, sondern nur in die Zukunft verlagert.
Der APEC-Gipfel kommt Thailand daher sehr gelegen – als Gastgeber möchte sich das Land als modernes Land und interessanter Standort für Investoren präsentieren. Denn was Thailand wie alle anderen Staaten in Südostasien am dringendsten braucht, ist frisches Kapital von außen. Aber ob das Treffen der "Asia Pacific Economic Cooperation" auch einen direkten ökonomischen Nutzen für Südostasien hat, ist keineswegs sicher.
Multilaterale Abkommen, die den Handel in der gesamten Region ankurbeln könnten, sind kaum durchzusetzen, wie schon der Zusammenbruch der Welthandelsgespräche in Cancun kürzlich gezeigt hat. Dort prallten die Interessen der Industrie- und Entwicklungsländer mit ungewohnter Wucht aufeinander. Die reichen Länder des Nordens waren zur Öffnung ihrer Agrarmärkte nicht bereit, da schalteten auch die Länder des Südens auf Konfrontation: Sie wollten sich von den Industriestaaten nicht vorschreiben lassen, wann und wie sie ihr Wirtschaftssystem zu liberalisieren haben.
Hat nach dem Scheitern der Welthandelsrunde die APEC, die sich ja auch multilateralen Visionen verschrieben hat, überhaupt noch einen Sinn? Vongthip Chumpani, Top-Beraterin der Bangkok Bank und Vorstands-Mitglied bei der Deutsch-Thailändischen Handelskammer meint dazu:
"In der globalisierten Welt von heute ist es sehr wichtig, dass persönliche Beziehungen geknüpft werden, weil es oft zu Missverständnissen kommen kann, aufgrund von politischen, ökonomischen und sozialen Veränderungen. Der wichtigste Punkt ist dabei die Frage, wohin die Globalisierung führt. Am Anfang dachten wir alle, dass die Globalisierung etwas Gutes ist, aber jetzt, vor allem nach dem Zusammenbruch des WTO-Treffens in Cancun, halten alle inne und sagen: Wartet mal, es ist ja doch alles nicht so toll, wie wir gedacht haben. Dann haben wir eben diese Sache mit den Freihandelsgesprächen: Wenn nämlich multilaterale Handelsabkommen nicht ausgehandelt werden können, wenden sich die Leute den bilateralen zu."
Sehr zuversichtlich in Sachen APEC gibt man sich von amerikanischer Seite. Viele US-Firmen schätzen Thailand offenbar nicht nur als Standort für Direktinvestitionen, sondern auch als einen geeigneten Platz, ihr regionales Hauptquartier nach Südostasien zu verlegen. Das kündigten der amerikanische Autobauer Ford und der Öl-Konzern Esso an. Bereits heute vertritt die amerikanische Handelskammer in Bangkok rund 600 US-Firmen. Vom Asien-Pazifik-Gipfel erhofft man sich dort einen weiteren Schub für die Kontakte zwischen Thailand und den USA. Ausländischen Regierungschefs zeige Thailand damit, dass man offen sei für wirtschaftliche Beziehungen, sagt die Präsidentin der US-amerikanischen Handelskammer, Ellen Devlin:
"APEC ist dieses Jahr deshalb so wichtig, weil das WTO-Treffen in Cancun ohne ein substantielles Ergebnis zu Ende gegangen ist. Daher werden sowohl multilaterale als auch bilaterale Verträge zwischen den APEC-Staaten immer wichtiger. Sie sind wichtig, weil die WTO-Gespräche zusammen gebrochen sind, aber auch deshalb, weil die APEC-Staaten zu einem einheitlichen Verständnis des freien Handels finden müssen. Der andere Punkt ist der, dass APEC- dadurch, dass man sich jedes Jahr trifft – damit eine Deadline setzt. So ist es erforderlich, dass sich die Staaten jedes Jahr an einen Tisch setzen müssen."
Wie schwierig der Versuch der APEC-Staaten ist, den Handel miteinander zu vereinfachen und Barrieren abzubauen, zeigt schon ein Blick nach Südostasien. Vor zehn Jahren nämlich hatten die Initiatoren der Asiatischen Freihandelszone, kurz Afta, eine Vision: Die eines freien Marktes innerhalb der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN. Doch obwohl ASEAN einen wesentlich kleineren Wirtschaftsraum als APEC umfasst, ist eine Freihandelszone dort bis heute lediglich ansatzweise verwirklicht worden.
Denn die ehrgeizigen Pläne, die man Ende 1992 entworfen hatte, waren von einigen der Initiatoren selbst blockiert worden. Der Streit entzündete sich am Automobilsektor. Vor einigen Jahren hatten die ASEAN-Länder beschlossen, die Importzölle für Autos aus der Region bis zum Jahr 2003 auf fünf Prozent abzusenken. Doch Malaysia fühlte sich überfahren: Das Land kündigte seine ursprünglich gegebene Zustimmung wieder auf und bat um Aufschub bis 2005 – vor allem im Interesse des landeseigenen Autoherstellers Proton. Thailand, das sich in den letzten Jahren immer mehr zur Drehscheibe für die internationale Autoindustrie entwickelt hat, sah sich vom Nachbarn getäuscht.
Das Thema Zölle wurde zunächst einmal in die Zukunft verschoben. Und doch wollten Autobauer in Thailand ihre Chancen nicht ungenutzt lassen. Man verhandelte beispielsweise mit dem Nachbarn Indonesien. Seit Anfang dieses Jahres ist es demnach möglich, in der Region produzierte Fahrzeuge unter Afta-Bedingungen von Thailand nach Indonesien zu exportieren. Doch auch Thailand, so klagen Kritiker, ist nicht gerade ein Musterschüler des Freihandels. Hohe Importzölle für viele Waren ließen die Preise für Käufer und Konsumenten in unzumutbare Höhen schießen.
Angesichts dieser Entwicklung mutet es nahezu paradox an, dass auf dem ASEAN-Treffen der Staats- und Regierungschefs Anfang Oktober auf Bali vereinbart wurde, bis 2020 einen gemeinsamen Markt innerhalb Südostasiens nach europäischem Vorbild zu schaffen. Ein solches Wirtschaftsgefüge, das weit über eine Freihandelszone hinausgehen würde, müsste zwangsläufig auch eine einheitliche Währung nach sich ziehen. Dies aber ist – vom heutigen Standpunkt gesehen - utopisch: Eine Einheitswährung, wie man sie in der Europäischen Union kennt, werde wohl erst in 40 oder 50 Jahren möglich sein. Das gaben selbst die Teilnehmer des Bali-Treffens zu bedenken.
Das größte Problem: Die protektionistischen Tendenzen der Vergangenheit haben nicht nur ausländische Investoren verscheucht. Sie haben auch verhindert, dass sich ASEAN wirtschaftlich unabhängiger von den Vereinigten Staaten oder Europa machen konnte. Der Schweizer Thomas Gerber, der seit Jahren ausländische Unternehmen in Thailand berät, ist skeptisch:
"Langfristig werden sie schon runtergehen, aber parallel dazu müsste das Investment in diesen Ländern etwa gleich raufgehen, damit diese Einnahmeverluste kompensiert werden können. Ich glaube nicht, dass wir in fünf Jahren in ASEAN eine Freetradezone haben, wo praktisch alle Güter, die hin und hergeschoben werden, zwischen 0 und 5% bezollt werden. Das glaube ich nicht, dass das erreichbar ist."
Auch wenn die Wirtschaftskrise in Thailand überwunden scheint: Zur alten Dynamik hat der einstige Tigerstaat noch nicht ganz zurück gefunden. Gerade kleine und mittlere Unternehmen bräuchten eine spezielle Förderung. Oft aber werden sie bei der Kreditvergabe benachteiligt, weil der Zinssatz von etwa 18 Prozent gerade für finanzschwächere Firmen unerschwinglich ist. Das Investitionsklima innerhalb Thailands beurteilt Unternehmensberater Gerber generell sehr differenziert:
"Wenn jemand eine Produktion aufbauen will und profitieren will von den tiefen Arbeitskosten hier in Asien und im Prinzip das Rohmaterial liefert, importiert, etwas zusammensetzt, produziert und das wieder exportiert, dann bin ich der Meinung, ist Thailand ein gutes Land. Aber wenn jemand sagt, ich will mein Regionaloffice in Asien, in welchem Land will ich´s machen: Malaysia, Singapur oder Bangkok, dann ist wahrscheinlich Bangkok nicht der richtige Platz. Alle legalen Bestimmungen ums Thema der Firmenregistrierung, um Besitzverhältnisse und so, um Arbeitsbewilligungen, Visa für Ausländer, das ist in Thailand viel, viel schwieriger als in Singapur oder Malaysia. Und das ist eigentlich Schade, weil Investitionen in diesem Sektor kosten auch Geld, das könnte das Land gut brauchen."
Thailand, das stets versucht hat, eine Asiatische Freihandelszone zu forcieren, bekommt aber mittlerweile selbst zu spüren, welche Folgen allein schon ein bilaterales Abkommen haben kann. Erst kürzlich hatte das Land eine Vereinbarung mit China getroffen, die den freien Fluss an landwirtschaftlichen Waren garantieren soll. Das aber könnte sich möglicherweise zum Nachteil für Thailand entwickeln. Die Top-Managerin Vongthip Chumpani:
"Freihandelsabkommen zwischen Staaten leisten viel Gutes, sie können aber gleichzeitig viele Auswirkungen haben, wenn wir sie zu schnell abschließen, ohne vorher die Pros und Kontras abzuwägen, wie zum Beispiel in der Landwirtschaft. Wir haben ein Abkommen mit China unterzeichnet, das den freien Warenaustausch von Nahrungsmitteln und Gemüse gewährleistet. Das ist sehr verzwickt, denn die Farmer im Norden, die Knoblauch und Zwiebeln anbauen, sind davon betroffen und wir müssen ihnen helfen, andere Produkte anzubauen, wenn sie nicht wettbewerbsfähig sind."
Nicht mehr wettbewerbsfähig wären die thailändischen Farmer dann, wenn zu viele Agrar-Produkte des riesigen chinesischen Marktes das wesentlich kleinere südostasiatische Land überschwemmen würden. Wie sich dieses Abkommen auswirken wird, ist noch ungewiss. Derzeit aber bereitet sich Thailand offenbar schon auf weitere bilaterale Gespräche vor: Auf dem APEC-Gipfel wollen Premier Thaksin und US-Präsident George W. Bush über ein mögliches Freihandelsabkommen zwischen beiden Ländern verhandeln. Das berichtete jedenfalls Thailands Tageszeitung "Bangkok Post". Wie diese Vereinbarung exakt aussehen könnte, ist derzeit noch nicht klar. Es wird aber immer deutlicher, dass die Wirtschaftsgespräche eng mit einer sicherheitspolitischen Frage verknüpft werden sollen: Mit dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus.
Es ist nicht das erste Mal, dass eine globale Strategie gegen den Terror auf der Agenda der APEC steht. Sicherheitspolitische Aspekte haben die wirtschaftlichen Fragen in den letzten zwei Jahren fast verdrängt: Unter dem Eindruck der Terroranschläge in den USA am 11. September 2001 war es US-Präsident Bush gelungen, auf dem APEC-Gipfel in Schanghai wenige Wochen später die Mitglieder auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den internationalen Terror einzuschwören. Man beschloss damals unter anderem, die Finanzierung von Terror-Organisationen stärker ins Visier zu nehmen. Dies wird auch auf der Agenda des diesjährigen APEC-Treffens stehen. Ellen Devlin von der US-amerikanischen Handelskammer:
Der Terrorismus muss unter Kontrolle gebracht werden. Ich denke, inzwischen versteht das jedes Land mehr oder weniger. Aus der Sicht der Vereinigten Staaten denke ich, dass wir die Initiative ergreifen und Terrorismus verhindern müssen. Ich denke, einer der stärksten Züge, den die USA unternommen haben, war, die Finanzierung des Terrorismus zu untersuchen und den Geldfluss abzuschneiden. Es wird eine Weile dauern, bevor sich Auswirkungen erkennen lassen, aber in mehreren Zeitungen von Anfang letzter Woche wurde bereits darüber berichtet, das dem Terrorismus das Geld ausgeht. Es war ein Fluss mit einer starken Strömung, aber wir haben ihn mit einem Damm zum Versiegen gebracht. So können wir vielleicht Terrorismus verhindern, so dass die Menschen auf dieser Welt sicher leben können."
Derzeit sieht es ganz danach aus, als ob Thailand gerade von diesen sicherheitspolitischen Themen profitieren wird. Die thailändische Regierung, die in der Vergangenheit stets verneint hatte, ein Terrorproblem im eigenen Land zu haben, hatte im Juni mehrere Muslime im Süden Thailands verhaften lassen. Die Behörden warfen ihnen vor, mutmaßliche Mitglieder des regionalen Terrornetzwerkes Jemaah Islamiyah zu sein, das auch für die Attentate auf Bali verantwortlich gemacht wird. Auffällig war nur, dass jene Nachrichten über die Festnahmen ausgerechnet zu einem Zeitpunkt kursierten, als Premier Thaksin auf Staatsbesuch in den USA weilte.
Als der thailändischen Polizei und Ermittlern des amerikanischen Geheimdienstes CIA im August auch noch der indonesische Top-Terrorist Hambali ins Netz ging, erklärte Thaksin das Terrornetzwerk in seinem Land für zerschlagen. Gleichzeitig aber hatte er zwei Anti-Terror-Dekrete durchgedrückt. Kritiker monierten, dass all dies nur geschehen sei, um sich bei den USA beliebt zu machen - in der Hoffnung, bald bilaterale Handelsgespräche mit der westlichen Supermacht beginnen zu können.
Damit haben die kritischen Stimmen offensichtlich recht behalten. Vor allem Nichtregierungsorganisationen werden das APEC-Treffen aufmerksam verfolgen. Die "Human Settlement Foundation", die sich seit Jahren für Obdachlose in Bangkok einsetzt, sieht den Apec-Gipfel an einem kritischen Punkt angelangt. Wipada Kittikowit, eine Mitarbeiterin der Organisation:
"Der APEC-Gipfel folgt kontinuierlich auf das WTO-Treffen in Cancun, das gescheitert ist. Weil die multilateralen Verhandlungen nicht funktioniert haben, werden während APEC vielleicht mehr bilaterale Gespräche geführt. Aber die Regierung hat uns bis heute kein klares Bild über die Agenda vermittelt.
Ein andere Sache ist die, dass die muslimische Bevölkerung in Thailand, die etwa 13 Prozent ausmacht, das Treffen sehr genau beobachten wird, um zu sehen, welche Auswirkungen sich für die Moslems in Thailand daraus ergeben könnten. Terrorismus ist für die Menschen hier ein sehr sensibles Thema."
Bei vielen macht sich Skepsis breit. Sowohl in der Frage der Terrorbekämpfung als auch bei der Globalisierung. Mit wegweisenden Entscheidungen auf dem Apec-Gipfel rechnet kaum noch jemand. Der Schweizer Unternehmensberater Thomas Gerber jedenfalls macht sich keine Illusionen:
"Irgendwann muss man ja anfangen zu diskutieren wenn man etwas verbessern will. Aber kurzfristig wird meiner Meinung nach das APEC-Meeting überhaupt nichts bringen. Man lernt sich kennen, kann mal über gewisse Subjects diskutieren, aber Lösungen erwarte ich nicht von diesem drei, vier Tage Event. Und ich glaube nicht, dass da Entscheidungen getroffen werden, die in den nächsten fünf Jahren hier in ASEAN-Bereich irgendwelche Vor- oder Nachteile bringen. Ich bezweifele, dass überhaupt Entscheidungen getroffen werden an diesem Meeting."
Trotzdem haben die Veranstalter jetzt betont, die multilateralen Gespräche wieder aufzunehmen. Ob das gelingt, ist fraglich. Eine asiatisch-pazifische Freihandelszone scheint in weiter Ferne und APEC zur Makulatur zu werden. Wieder wird alles auf bilaterale Abkommen hinaus laufen. Die aber nützen nur dem stärkeren Partner. Die Kluft zwischen reicheren und ärmeren Ländern wird sich weiter verschärfen. Und weil man die Herausforderungen der Globalisierung nicht bewältigen kann, verschleppt man diese Aufgabe immer weiter in die Zukunft. Sie wird im nächsten Jahr wieder auf den Tisch kommen – beim nächsten APEC-Gipfel 2004 in Chile.