Freitag, 29. März 2024

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Asien und der Klimaschutz
"Wir hängen durch die globalen Umweltprobleme alle zusammen"

Die Energieversorgung der aufwachsenden Marktwirtschaften in Asien - nicht nur der in China, müsse anders und nachhaltig gestillt werden, sagte Stefanie Lang vom WWF im Dlf. Eine große Chance sieht sie im Überspringen von veralteten Technologien, die in Europa teils noch genutzt werden.

Stefanie Lang im Gespräch mit Georg Ehring | 05.02.2019
    Qualm kommt aus den Schornsteinen eines Kohlekraftwerks in Dezhou in der ostchinesischen Provinz Shandong.
    Trotz enormer Investitionen in Kohlekraft gibt es in China bereits interessante Ansätze und Lösungskonzepte für umweltfreundlichere Energiegewinnung, sagte Stefanie Lange im Dlf (picture alliance / dpa / Da Qing)
    Georg Ehring: In China ist heute Neujahr. Das Jahr des Hundes ist zu Ende und das des Schweines beginnt. Anlass für uns, nach Asien und speziell nach China zu schauen. Was dort passiert, ist nicht nur für die Weltwirtschaft, sondern auch für die Umwelt enorm wichtig. Mehr als die Hälfte der Menschen weltweit lebt in Asien. Sie streben nach Wohlstand, hinterlassen also wie wir einen ökologischen Fußabdruck. Telefonisch verbunden bin ich jetzt mit Stefanie Lang, bei der Umweltorganisation WWF zuständig für Asien. Guten Tag, Frau Lang!
    Stefanie Lang: Guten Tag, Herr Ehring!
    Ehring: Frau Lang, zunächst mal zum Jahr des Schweines – wie geht es den Schweinen in China?
    Lang: Ja, wie geht es den Schweinen in China. Erst mal ist das Schwein ein Glückssymbol, nicht nur bei uns, natürlich auch in China. Von daher geht es den Schweinen jetzt erst mal … wenn man sich die tollen Bilder anguckt, würde es denen ja ganz gut gehen, aber es ist de facto leider nicht so. Wir haben auch in China eine industrielle Mastwirtschaft von Schweinen, also industrielle Schweinezucht. Da geht es den Schweinen ja grundsätzlich nicht so gut. Grundsätzlich geht es den asiatischen Schweinen – denn es ist ja nicht nur in China das neue Jahr, das wird ja fast mittlerweile in ganz Asien gefeiert –, geht es auch da den Schweinen leider nicht so gut. Die wenigen Schweine, die noch in der freien Wildbahn leben, werden nicht nur vom Tiger verspeist, was wir als Umweltschutzorganisation natürlich gut finden, aber vor allem auch gejagt, aus den Wäldern gejagt mit Schlingfallen, was dann zu großen Umweltproblemen führt, weil nämlich die Wälder sozusagen ganz leergejagt werden und das Schwein auch in der Nahrungskette fehlt zu den Tieren, die uns sehr am Herzen liegen, nämlich die größeren Raubtiere wie Tiger oder auch der Leopard und so weiter und so fort. Also von daher ist das Schwein ein wichtiger Baustein in einer Nahrungskette und auch ein Indikator dafür, dass die Biodiversität in Asien in den Wäldern zurückgeht.
    China und das Pariser Klimaabkommen
    Ehring: Milliarden Menschen streben nach Wohlstand in China und anderen Ländern Asiens. Überfordert das den Planeten insgesamt?
    Lang: Das überfordert den Planeten nicht unbedingt von der Zahl her. Es kommt immer darauf an, wie die Menschen leben, denn der Klimawandel und das Konsumverhalten von Europa, der westlichen Welt und jetzt auch immer mehr Asien, hat eine Auswirkung auf den Planeten, und selbst wenn die Menschen in Asien noch einen geringeren Fußabdruck pro Kopf haben, sind diese wachsenden Weltwirtschaften – China, Indien, auch Vietnam, Indonesien, die Philippinen –, in der Masse der gesamten Marktwirtschaft haben die einen riesigen Fußabdruck, und mit dem wachsenden Wohlstand muss auch eine wachsende Verantwortung für die Zukunft dieses Planeten einhergehen.
    Ehring: Wie steht es denn um die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, zum Beispiel beim Klimaschutz?
    Lang: Wir sind natürlich sehr froh, dass die Chinesen bisher am Paris-Abkommen weiterhin festhalten wollen, dass es auch Signale gibt, dass sie die, Lücke, die die USA jetzt reißt, dass auch China die Verantwortung wahrnimmt, aber das muss auch von der Umsetzung eigentlich noch schneller gehen. Der Kohleausstieg muss tatsächlich stattfinden. Es muss ein Umdenken geben in der Transportwirtschaft. Die Energieversorgung dieses energiehungrigen Kontinents, nicht nur in China, aber auch in allen anderen aufwachsenden Marktwirtschaften, muss anders gestillt werden können, durch nachhaltige Energie, durch erneuerbare Energien, aber auch durch Energieeinsparungen.
    Interessante Ansätze und Lösungskonzepte
    Ehring: Sehen Sie denn Anzeichen, dass das gelingt?
    Lang: Wir haben in Asien einen sehr hohen Glauben an die Lösung durch Technologie. Wir haben natürlich auch die Möglichkeit, gewisse veraltete Technologien, an denen wir in Europa noch hängen, zu überspringen, sozusagen ein leap-frogging in der Technologie zu machen, sodass die Entwicklungen in Asien gar nicht mehr sich so sehr auf die alten, veralteten Technologien verlassen müssen. Das wäre eine große Chance. Das sehe ich in Ansätzen, es gibt Städte in China, die werden so geplant, dass sie Energie beisteuern und nicht Energie brauchen. Es gibt interessante Konzepte zum Nahverkehr, der ganz auf Elektromobilität baut. Es gibt steuerliche Ansätze in Asien, um Elektromobilität zu fördern, aber das reicht wahrscheinlich nicht, um die ganzen anderen Investitionen in Kohlekraftwerke, große Investitionen in die Infrastruktur, die die ganze Welt umspannt mit der neuen Seidenstraße, um diese ganzen anderen möglichen negativen Auswirkungen wirklich abzufangen.
    Ehring: Ganz kurz zum Schluss: Was können wir von Asien lernen?
    Lang: Was wir von Asien lernen können, ist, dass wir innovativ auf der Suche sein müssen nach Lösungen, die für uns alle gut sind, die wirklich den Wohlstand für uns alle ermöglichen und nicht nur in Asien, auch auf der ganzen Welt, denn wir hängen durch den Klimawandel und durch die globalen Umweltprobleme alle zusammen. Da müssen wir versuchen, gemeinsam innovative Lösungen zu finden mit der neuen Technologie, die einen Wohlstand ohne Zerstörung der Umwelt möglich machen.
    Ehring: Soweit Stefanie Lang, Asienexpertin des WWF. Herzlichen Dank für das Gespräch!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.