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Assistenten im EU-Parlament ohne Statut

Im Europäischen Parlament arbeiten rund 1500 Assistenten. Sie vertreten ihre Abgeordneten in Ausschüssen, kümmern sich ums Büro oder verhandeln mit den Assistenten anderer Parlamentarier. Rechtlich gibt es kein einheitliches Statut für die Assistenten, obwohl das seit Jahren gefordert wird. Auch Steuer- und Sozialversicherungsfragen sind nicht geregelt. In dieser Woche ist wieder ein entsprechender Vorstoß geplatzt, zum Leid der Assistenten. Ruth Reichstein berichtet aus Brüssel.

Von Ruth Reichstein |
    Im Minutenrhythmus strecken die Abgeordneten im Haushaltausschuss die Arme in die Höhe. Drei Tage dauert der Abstimmungsmarathon über den Haushalt der Europäischen Union 2008. Versteckt in den unzähligen Änderungsanträgen ist auch eine Erhöhung der sogenannten Sekretariatszulage, also der Summe, die den Abgeordneten für die Bezahlung ihrer Assistenten zur Verfügung steht. Bisher waren das 16.000 Euro im Monat. Ab 2008 sollen es 1000 Euro mehr sein.

    Zwar freuen sich die Assistenten grundsätzlich über die Aussicht auf bessere Bezahlung.
    " Allerdings ist nicht festgelegt, in welcher Weise der Abgeordnete die Gelder verwendet. Das heißt, es ist nicht klar festgelegt, wie viele Assistenten er anstellt, welche Löhne er zahlt, in welchem Umfang er Assistenten in Brüssel, Straßburg oder im Heimatland beschäftigt. Er könnte beispielsweise einen Honorarvertrag abschließen, jemanden befristet einstellen, der eine Konferenz organisiert, jemanden zuhause einstellen, der in seinem Wahlkreisbüro vor Ort arbeitet, er könnte genauso gut seine Verträge hier aufstocken, "

    sagt Ruth Firmenich, Assistentin einer deutschen Abgeordneten und Vorsitzende der Assistentenvertretung.

    So schwankt das Lohnniveau zwischen 1000 und über 3500 Euro - je nach Mitgliedsland. Das räumt auch die deutsche Europa-Abgeordnete Ingeborg Grässle ein, die für die konservative Volkspartei im Haushaltsausschuss sitzt:

    " Wir haben das Problem, dass die Lohnschere sehr weit offen ist von Portugal über Deutschland bis nach Polen und die baltischen Staaten. Keine Frage. Wobei sie hier in Brüssel - das ist ein teures Pflaster - da müssen die Assistenten davon leben. "

    Das eigentliche Problem der Assistenten ist aber nicht unbedingt das Geld, sondern die unklaren Regeln, was Steuern und Sozialversicherung angeht. Seit Jahren fordern sie ein einheitliches Statut - ohne Erfolg. Auch für das kommende Jahr lehnten die Abgeordneten einen entsprechenden Antrag vorerst ab.

    " Es gibt dadurch, dass wir kein einheitliches Statut haben, auch keine einheitlichen Bedingungen, wie Mitarbeiter von Abgeordneten erfahren können, wie sie versteuern sollen, wie ihre Krankenversicherung und sozialen Sicherungssysteme funktionieren sollen. Das kann unter Umständen zu Problemen führen, "

    sagt eine deutsche Assistentin, die ihren Namen lieber nicht nennen möchte. Sie fürchtet negative Konsequenzen.

    Eigentlich müssten die Assistenten in Belgien ihre Steuern und Sozialbeiträge zahlen.

    " Die meisten Assistenten sind aber in ihren Heimatländern sozialversichert und zahlen dort in die Sozialversicherung ein, weil die Tätigkeit hier in Brüssel ja vorübergehend ist. Und dann kann es schon passieren wie jüngst einer griechischen Assistentin, die zurückgeht nach Griechenland, dass sie einen Steuerbescheid des belgischen Staates über 50.000 Euro bekommt. Da gibt es noch einige ungeregelte Bereiche, "

    sagt die Abgeordnete Ingeborg Grässle. Diese Situation könnten nur die Mitgliedsstaaten ändern. Denn Steuerpolitik ist nach wie vor Sache der nationalen Regierungen, nicht der Institutionen in Brüssel. Und die Mitgliedsstaaten bewegen sich bisher nicht. Aber auch im Parlament selbst gibt es Widerstand gegen ein Statut für die Assistenten - Ingeborg Grässle:

    " Ich glaube, dass jeder von uns seine Leute gut behandeln muss und sie anständig bezahlen muss. Jeder von uns ist für die Arbeitsbedingungen verantwortlich. Dazu brauche ich kein einheitliches Statut. Es ist ja nicht so, dass dieser Bereich völlig ungeregelt ist. "

    Die Abgeordneten befürchten, dass einheitliche Regeln zur Folge hätten, dass sie ihre Mitarbeiter nicht mehr selbst aussuchen dürfen, sondern das der Parlamentsverwaltung überlassen müssen. Das lehnen sie strikt ab.

    Die Assistenten hoffen jetzt auf eine Zwischenlösung. Sie plädieren dafür, dass die Abgeordneten ihre Mitarbeiter zwar auch weiterhin selbst auswählen dürfen, dafür aber die Assistenten einheitliche Steuerregeln bekommen. Sie verlangen - wie die anderen Angestellten der EU-Institutionen auch - die sogenannte EU-Steuer bezahlen zu dürfen. Sie würden dann weder in Belgien noch in ihrem Heimatland Steuern bezahlen, sondern ihre Beiträge in eine Kasse der EU-Institutionen geben. Ob sich die Abgeordneten und Regierungen darauf einlassen werden, ist aber unklar.