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Astronomen im Urlaubsparadies

Astronomie. - Für viele ist die Kanareninsel La Palma ein reines Urlaubsziel. Aber dort arbeiten auch Astronomen, denn der 2500 Meter hohe Inselvulkan bietet in Gipfelnähe sehr gute Beobachtungsbedingungen. Zwar gelten Chile und Hawaii als noch bessere Standorte, aber Spanien hat ein neues Großteleskop auf La Palma gebaut.

Von Dirk Lorenzen |
    José Miguel Rodriguez Espinosa ist seit Projektbeginn dabei, beim Gran Telescopio Canarias, kurz GTC. Wie fühlt er sich jetzt nach elf Jahren harter Arbeit? Aufgeregt, sei er, gibt der Chefwissenschaftler des neuen Teleskops zu.

    "Nach so vielen Jahren kommt nun endlich alles zusammen. Wir sind kurz vor dem "ersten Licht"."

    Wenn heute Abend über La Palma die Dunkelheit hereinbricht, werden José Espinosa und sein Team das Teleskop erstmals an den Himmel richten - und endlich fällt echtes Sternenlicht in das Instrument. Dann wird sich zeigen, ob Optik, Mechanik, Elektronik und Software so zusammenarbeiten, wie es die Forscher und Ingenieure im Computer geplant und oft simuliert haben. Das "erste Licht" ist eine Art Jungfernflug für ein Teleskop - und das GTC hat es wirklich in sich.

    "Es ist das weltweit größte optische Teleskop. Der Hauptspiegel hat 10,4 Meter Durchmesser, besteht aber nicht aus einem Stück, sondern aus 36 sechseckigen Teilen. Einen einzelnen Spiegel von mehr als zehn Metern Größe herzustellen, ist technisch unmöglich. Außerdem hätten wir dann für den Transport auf den Berg viele Bäume fällen müssen, weil die Straße nicht breit genug ist. So war es also besser, den Spiegel in Teilen zu bauen."

    Allerdings müssen die 36 von der Firma Schott in Mainz hergestellten Spiegelteile perfekt ausgerichtet sein, sonst sieht das Großteleskop auf den Kanaren unscharf. Mit dem "First Light" heute Nacht ist das Teleskop keineswegs fertig. Jetzt beginnt die Feinjustierung. Üblicherweise dauert es gut ein Jahr, bis ein so komplexes Instrument perfekt eingestellt ist. Erst dann lässt sich das Teleskop wissenschaftlich in vollem Umfang nutzen. Auch das Team auf den Kanaren plant eine einjährige Testphase. Dabei waren schon Planung und Bau des Teleskops anstrengend genug, erinnert sich José Espinosa.

    "Die optischen Teile perfekt zu polieren, war ein Albtraum, auch wenn es am Ende geklappt hat. Das war wirklich knifflig. Denn alle 36 Segmente mussten anders poliert werden, weil sie an unterschiedlichen Stellen im Spiegel zum Einsatz kommen. Aber auch bei der Mechanik gab es Probleme. Wir arbeiten da mit großen Stahlfirmen zusammen, die es gewohnt sind, Brücken oder andere riesige Dinge zu bauen. Wenn die aber eine 25 Meter lange und 30 Tonnen schwere Stahlstruktur auf einen zehntel Millimeter genau herstellen sollen, dann ist das für die ein echter Härtetest."

    Spiegel und Mechanik sind wichtig, aber ein Teleskop ist wissenschaftlich immer nur so gut wie seine Instrumente. Die montierten Kameras sind gleichsam die Netzhaut des Teleskops. Sie empfangen das Licht aus dem Kosmos und werten es wissenschaftlich aus. Das Gran Telescopio Canarias, das 130 Millionen Euro gekostet hat und an dem neben Spanien auch Institute in Mexiko und Florida beteiligt sind, hat zwei Instrumente, die sich abwechselnd nutzen lassen.

    "Wir haben ein Spektrometer, das nicht nur Bilder aufnimmt, sondern auch gleichzeitig das Licht von hunderten Einzelobjekten in seine Wellenlängen zerlegt. Außerdem verfügt das Teleskop über eine Infrarotkamera. Damit wollen wir Objekte beobachten, die nicht im sichtbaren Licht leuchten, sondern nur ihre Wärmestrahlung abgeben. Staubscheiben, in denen gerade Planetensysteme entstehen, gehören dazu. Oder junge Sterne, die noch mitten in dicken Gas- und Staubwolken stecken."