Archiv

Astronomie
Lichtechos sollen die innere Struktur von Quasaren enthüllen

Bei ihrer Entdeckung hielt man Quasare für eine Art Stern, eine quasi-stellare Radioquelle. Auch heutige Teleskope haben Schwierigkeiten, genauere Einzelheiten über ihr Innenleben aufzuspüren. Forscher aus Bochum versuchen deshalb auf indirektem Weg, einen Blick in Quasare hinein zu erhaschen.

Von Franziska Konitzer |
    Der immense Materiefluss des Quasars (künstlerische Darstellung)
    Der immense Materiefluss des Quasars (künstlerische Darstellung) (ESO/L. Calçada)
    Astronomen wird beim Gedanken an die Atacamawüste in Chile ganz warm ums Herz. Denn dort stehen etwa ALMA, das größte Radioteleskop der Welt, oder das von der Europäischen Südsternwarte ESO betriebene Paranal-Observatorium. Der Grund sind die ausgezeichneten Beobachtungsbedingungen: Fernab vom störenden Licht der Zivilisation gibt es dort Orte, an denen seit Jahrzehnten kein Regen mehr gefallen ist. Zu den Observatorien in der Atacamawüste gehört auch ein Observatorium, das die Ruhr-Universität Bochum betreibt.
    "Und es ist nach allen Messungen der beste Platz der Welt im Moment, wo wir da sind, und deswegen haben wir fast das ganze Jahr klare Nächte", erklärt Rolf Chini, Professor am Astronomischen Institut der Ruhr-Universität in Bochum. An 350 Tagen im Jahr können er und seine Kollegen die Sternwarte nutzen. Dafür muss Chini noch nicht einmal sein Büro verlassen: Gesteuert wird das Teleskop über das Internet. Natürlich kann sich die Sternwarte in puncto Lichtempfindlichkeit nicht mit den anderen, viel größeren Observatorien in der Atacamawüste messen. Allerdings hat das Bochumer Teleskop etwas, was viele andere Teleskope nicht haben: Zeit. Zeit, die genutzt werden kann, dasselbe Himmelsobjekt monatelang zu beobachten - sternklare Nacht für sternklare Nacht.
    "So etwas kann man an keinem großen Observatorium machen, weil man die Zeit nicht bekommt. An einem großen Observatorium international bekommt der Durchschnittsastronom zehn Stunden Zeit pro Jahr."
    Zuwenig, um Objekte zu beobachten, die ihre Helligkeit über einen Zeitraum von Wochen oder Monaten ändern. Zu dieser Kategorie gehören aktive galaktische Kerne, auch Quasare genannt, für die sich die Bochumer Astronomen interessieren. Ein Quasar besteht aus einem supermassereichen Schwarzen Loch im Zentrum einer Galaxie. Das Schwarze Loch zieht aufgrund der Schwerkraft Materie an, also Gas und Staub, die in das Schwarze Loch hineinfließen - wie Wasser in einen Gulli. Dieser Strudel von Materie bildet die sogenannte Akkretionsscheibe.
    "Wenn Materie auf diese Akkretionsscheibe auffällt, dann wird die Materie abgebremst und physikalisch gesagt wird ihre Energie bei dieser Abbremsung in Wäre umgewandelt. Das heißt, die Akkretionsscheibe wird heller. Das kann man im optischen Bereich, bei sichtbaren Wellenlängen sehen. Das macht die Variabilität vom Quasar ausmacht. Immer, wenn wieder Materie auf diese Akkretionsscheibe fällt, wird sie heißer und der Quasar wird heller."
    Ein Torus aus kühlem Staub
    Die Akkretionsscheibe wiederum soll laut Theorie von einem Torus aus kühlem Staub umgeben sein. Die einzelnen Bestandteile eines Quasars räumlich aufzulösen, ist derzeitig allerdings selbst mit den besten Teleskopen unmöglich. Deshalb basieren die Konzepte zum Aufbau von Quasaren derzeit vor allem auf mathematischen Modellvorstellungen.
    "Und jetzt ist die Idee, wenn die Photonen von dieser Erhitzung sich nach allen Seiten ausbreiten, und wenn dieser Staubtorus existiert, dann müssen diese Photonen irgendwann den Staubtorus treffen und den Staub erhitzen. Und wenn dieser Staub erhitzt wird, fängt er an, Infrarotstrahlung auszusenden."
    Getestet haben Rolf Chini und Kollegen ihre Theorie an einem Quasar namens WPVS 48, der etwa 500 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Über hundert Tage lang waren die Teleskope der Universitätssternwarte in der Atacamawüste auf ihn gerichtet:
    "Und dabei ist uns nun aufgefallen, dass das Variabilitätsmuster - hell werden, hell bleiben, wieder dunkler werden - was wir im Optischen beobachtet haben, ein paar Wochen oder Monate später sich im Infraroten widerspiegelt, wie ein Echo."
    64 Tage mussten die Forscher auf das Echo warten: Diese Laufzeitmessung gibt einen Einblick in die innere Struktur des Quasars.
    "Man hat die Zeit und man weiß die Lichtgeschwindigkeit und aus dem Produkt Geschwindigkeit mal Zeit kann man den Weg berechnen. Damit hat man den Abstand dieses inneren Randes des Staubtorus zu der Lichtquelle, und das ist die Akkretionsscheibe."
    Der Staubtorus ist also rund 64 Lichttage von der Materiescheibe entfernt. Rolf Chini ist glücklich mit diesem Ergebnis: Es stimmt genau mit den theoretischen Vorhersagen für die Ausmaße von Quasaren überein.