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Astronomie
Vergessene Stars: Jakow Seldowitsch

Anfangs betrieb er physikalische Chemie, danach war er am Bau der sowjetischen Atombombe beteiligt, später beschäftigte er sich mit Kosmologie, Relativitätstheorie, Elementarteilchen und Astrophysik. Jakow Seldowitsch ist einer der vielseitigsten russischen Physiker.

Von Dirk Lorenzen | 13.09.2014
    Vor allem faszinierte ihn die Entwicklung des Universums kurz nach dem Urknall. Gemeinsam mit Raschid Sunjajew sagte er voraus, dass Galaxienhaufen charakteristische Spuren in der Mikrowellenhintergrundstrahlung hinterlassen.
    Heute nutzen die Astronomen diesen Sunjajew-Seldowitsch-Effekt, um etwas über die riesigen Galaxienansammlungen im Universum zu lernen. Jakow Seldowitsch forschte zudem über die großräumigen Strukturen im Kosmos und den Aufbau von Schwarzen Löchern.
    Als Stephen Hawking Anfang der 70er-Jahre Moskau besuchte, überzeugte ihn Jakow Seldowitsch, dass Schwarzen Löchern unter bestimmten Umständen doch Masse entweicht - heute bekannt als Hawking-Strahlung.
    Der Brite war vom vielseitig interessierten Jakow Seldowitsch äußerst beeindruckt. Er bekannte ihm gegenüber, dass er aufgrund der zahlreichen Veröffentlichungen anfangs geglaubt habe, Seldowitsch sei das Pseudonym einer größeren Gruppe von Personen.
    Jakow Seldowitsch hat in vielen Disziplinen Spuren hinterlassen. Durch seine häufigen Fachwechsel ließ er sich nicht vereinnahmen. Er bewahrte sich eine wunderbare Unabhängigkeit, die stets den scharfen Blick von außen zuließ.
    Dabei ging er auch mit seiner eigenen Zunft hart ins Gericht. Einst meinte er lakonisch: Kosmologen irren oft, doch nie quält sie ein Zweifel.