
Ein Nähkurs im öffentlichen Gymnasium von Pangrati, in der Athener Innenstadt. Maria Sakouli und Giorgia Konstanti sind mit Begeisterung dabei. Sie messen sich gegenseitig mit dem Maßband, zeichnen mit dem Kurvenlineal auf ein Blatt Papier und haben sichtlich Spaß. Für die zwei Freundinnen sei der Nähunterricht ein Highlight in ihrem Wochenprogramm, sagt die 55-jährige Sakouli:
"Es gefällt mir so sehr! Ich muss ja nicht die perfekte Schneiderin werden, aber ich möchte einen Rock nähen können oder meinem Enkelsohn eine Hose."
Die Nachbarschaft soll sich in den Schulen treffen können. Der Kurs findet im Rahmen der "Open Schools" statt, der "offenen Schulen" - einem Projekt der Stadt Athen. Maria Iliopoulou, Vizebürgermeisterin für Bildungspolitik erklärt die Idee dahinter:
"Bisher blieben die Schulen abends geschlossen. Wir haben also überlegt, die Schulen zu öffnen - und zwar nicht nur für die Schüler, sondern für die ganze Nachbarschaft. Dazu haben wir einen Aufruf gestartet und uns an Organisationen gewandt, die Veranstaltungen organisieren könnten. Wir als Stadt würden also die Örtlichkeit anbieten und sie die Kurse."

Die Schule soll zum Treffpunkt werden
Die Idee geht auf: Vom Griechischkurs für Einwanderer über Koch- und Nähkurse bis hin zu Schach und lateinamerikanischen Tänzen gibt es zur Zeit 52 Angebote für die Athener Bürger. Dabei spielen neben den Nichtregierungsorganisationen vor allem die lokalen Vereine eine wichtige Rolle, sagt Iliopoulou:
"Eine Schule im gehobenen Viertel Kolonaki braucht andere Dinge als im sozialen Brennpunkt. Und gerade das wollten wir in Zusammenarbeit mit den lokalen Trägern herausfinden. In einer Schule hat der Umweltschutzverein einen Gemüsegarten für die Nachbarschaft im Schulhof angebaut. Oder es gab eine Kochveranstaltung in einem Stadtteil mit einem sehr hohen Migrantenanteil. Die Leute hatten die Chance sich kennenzulernen, indem jeder die Küche seiner Heimat präsentieren konnte. Daraus wurde ein großes Fest. Und genau das wollen wir: Dass die Schule zum Treffpunkt wird."
Projekt wird durch Sponsor finanziert
Alle anfallenden Kosten des Projekts "Open Schools" trägt dieses Jahr die Stavros-Niarchos-Foundation. Die Stiftung verwaltet einen Großteil des Nachlasses des griechischen Reeders und Multimillionärs Stavros Niarchos. Von den eigenen Mitteln könnte die Stadt so ein Projekt kaum stemmen, gesteht Iliopoulou:
"Unsere Einnahmen sind in den letzten Jahren um 60 Prozent zurückgegangen: Die Einnahmen von der kommunalen Steuer, aber auch die staatliche Finanzierung. Und wir dürfen auch kein Personal mehr einstellen. Wir werden versuchen, die Finanzierung über diesen Sponsor auch nächstes Jahr aufrecht zu erhalten. Und wir wollen auch weitere Schulen öffnen mit Hilfe lokaler Sponsoren, zum Beispiel könnte auch der Schreibwarenhandel um die Ecke Materialien für die Kurse liefern. Das ist das Ziel, dass sich das Programm durch die direkte Verbindung zur Nachbarschaft selbst trägt."
Gemeinsam lernen, statt alleine frustriert sein
Für die Teilnehmer sind die Kurse kostenlos. Nur so könnten auch Menschen teilnehmen, die es sich sonst nicht leisten könnten, sagt Iliopoulou. Dazu gehören auch Maria Sakouli und Georgia Konstanti aus dem Nähkurs von Pangrati. Die 55-jährige Sakouli arbeitet für eine Reinigungsfirma - für 350 Euro im Monat, und ihre Freundin Georgia Konstanti hat mit ihrem Kiosk im Moment mehr Ausgaben als Einnahmen, sagt sie. Wäre der Kurs kostenpflichtig, könnten sie nie und nimmer teilnehmen, sagt Sakouli.

"Wir schaffen es kaum, uns über Wasser zu halten. Da sind Ausgaben für solche Kurse einfach nicht drin. Aber was soll man sonst machen? Den ganzen Tag vor dem Fernseher sitzen? Hier lernen wir was und kommen auf andere Gedanken. Das ist so schön!"