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Atomabkommen mit dem Iran
Trump will Vertrag aufkündigen

Der Atomdeal mit dem Iran liegt nach Expertenansicht definitiv im Interesse der USA. Er löst Spannungen im Nahen Osten und hindert den Iran daran, in den nächsten Jahren eine Atombombe zu entwickeln. Dennoch will US-Präsident Donald Trump das Abkommen mit dem Iran aufkündigen.

Von Torsten Teichmann | 12.10.2017
    US-Präsident Donald Trump.
    Er halte das Abkommen mit dem Iran für einen schlechten Deal, hat US-Präsident Trump bereits mehrfach betont (imago)
    In Peter Kuznicks Büro scheint es als tragen hunderte Bücher die Regale. Nicht andersrum. Der Professor für Geschichte ist ein gewandter Kritiker der amerikanischen Politik. Ganz aktuell hat er Sorge, dass die USA in der Iran-Politik den falschen Weg einschlagen:
    "Der Atomdeal mit Iran in seiner gegenwärtigen Form ist definitiv im nationalen Interesse der USA. Zum einen hindert der Vertrag Iran an der Möglichkeit in den kommenden zehn Jahren eine Atomwaffe zu entwickeln. Er löst Spannungen im Nahen Osten. Und die Gefahr eines amerikanische-israelischen Angriffs ist vom Tisch."
    US-Präsident Trump wirft Teheran dagegen vor, den Geist des Abkommens zu verletzten. Trump wird gegenüber dem Kongress voraussichtlich kein weiteres Mal bestätigen, dass Iran das Abkommen einhält. Gestern Abend im Interview mit Fox News hat er das noch einmal deutlich gemacht.
    "Das war einer der schlechtesten Vertragsabschlüsse, die ich je gesehen habe. Wir geben 1,5 Milliarden US-Dollar und bekommen nichts. Sie bekommen einen direkten Weg zu Atomwaffen. Und stellt euch mal vor, 1,7 Milliarden US-Dollar in bar - wie viele Flugzeugladungen müssen das gewesen sein?"
    Widersprüchliche Zahlen
    Die Zahlen stimmen in seiner eigenen Aussage nicht überein. Zudem stellt sich Trump gegen alle Berichte der Kontrolleure der Vereinten Nationen und gegen europäische Verbündete, wie Deutschland und auch gegen Russland und China. Seit Wochen bereitet die Trump-Administration den Schritt vor. Der republikanische Abgeordnete Kinzinger erklärt in CNN, Iran sei ein Schurkenstaat:
    "Die Iraner haben Blut an den Fingern - die Russen übrigens auch - sie unterstützen einen völkermordenden Diktator in Syrien. Sie drohen Israel und all das. Ich habe gegen sie in Irak gekämpft. Die Einhaltung nicht bestätigen, ist was anderes als den Vertrag zu kündigen. Die Regierung zeigt Europa und Iran dass wir nicht glücklich sind. Wie verhandeln wir weiter?"
    Sollte Trump nicht länger bestätigen, dass Iran das Abkommen einhält, muss der US-Kongress entscheiden: Sanktionen, die ausgesetzt worden sind, könnten wieder erlassen werden, erklärt Professor Kuznick.
    "Wenn der Kongress neue Sanktionen erlässt, haben die USA den Vertrag zerfetzt. Das ist aber noch nicht das Ende: Dann könnte Iran sich an die anderen Unterzeichner wenden und den USA vorwerfen, das Abkommen gebrochen zu haben. Dann kommt es zu einer Abstimmung."
    Ein schlechtes Signal
    Dann wäre aber bereits Schaden entstanden, warnen die Botschafter von Frankreich, Großbritannien und Deutschland in Washington. Auf einer Veranstaltung des Atlantic Councel sprach der deutsche Vertreter, Wittig, von einem schlechten Signal – auch gegenüber Nordkorea:
    "Das würde zeigen, dass Diplomatie nicht zuverlässig ist. Es raubt dem Westen die Glaubwürdigkeit, wenn wir einen Vertrag aufheben, gegen den Iran nicht verstoßen hat."
    Auch US-Verteidigungsminister Mattis will am Vertrag festhalten. Warum Trump trotzdem den Bruch möchte, dafür haben liberale Amerikaner, wie Professor Kuznick, eine ganz eigene Erklärung:
    "Zum Teil hängt es damit zusammen, dass der Vertrag wahrscheinlich der größte außenpolitische Erfolg seines Vorgängers Obama war. Trump will das Bewusstsein zerstören, dass diesen Erfolgen zugrunde liegt."
    Kuznick hält es aber immer noch für möglich, dass der Kongress auch in dieser Frage dem Präsidenten die Gefolgschaft verwehrt, sich die Republikaner gegenseitig blockieren und gar nicht entscheiden.