Die zwei Reaktorblöcke des Tschernobyl-Typs haben eine lange Pannenserie hinter sich, und die Europäische Union hat ihre Stilllegung zur Bedingung für einen Beitritt Litauens gemacht. Offiziell hat sich das Land dieser Bedingung gefügt, doch das heißt nicht unbedingt, dass das Atomzeitalter in dem baltischen Land damit zu Ende geht.
Lange hat sich Litauen dagegen gewehrt. Aber der Wunsch, gemeinsam mit den anderen beiden baltischen Staaten in die EU aufgenommen zu werden, war stärker. Der erste Reaktor des litauischen Kernkraftwerks Ignalina, ein Kernkraftwerk vom gleichen Bautyp wie das in Tschernobyl, wird Ende nächsten Jahres auf Druck aus Brüssel abgeschaltet. Doch obwohl das Thema politisch entschieden ist, scheint sich nicht jeder mit dem Ende der litauischen Atomära abgefunden zu haben. So gibt es diejenigen, die noch auf ein stilles Wunder zu hoffen scheinen. Der Direktor des Atomkraftwerkes Viktor Sevaldin:
Der erste Block wird Ende 2004 abgeschaltet, weil wir schon ein entsprechendes Gesetz haben, das dies festlegt. Was den zweiten Block angeht, haben wir das Gesetz bis jetzt noch nicht. Es wäre theoretisch möglich, den zweiten Reaktor auch nach 2009 noch zu bedienen, aber wir wissen noch nicht, was die litauische Regierung beschließen wird. Ich werde die Entscheidung der Regierung spätestens 2008 erfahren, denn dann müsste ich neue Kernbrennstäbe bestellen, um den Betrieb weiter laufen zu lassen.
Realistischer als die Vorstellung, Ignalina könnte den Schließungstermin überleben, ist jedoch folgender, offen diskutierter Plan. Der Leiter der Energiewirtschaftlichen Abteilung im Wirtschaftsministerium Vladas Gagilas:
Wir denken im Moment darüber nach, vielleicht ein neues Kernkraftwerk anstelle von Ignalina zu bauen. Diese Frage müssen wir in Zukunft entscheiden.
Kaum ein anderes Land ist so abhängig von Kernkraft wie Litauen. 80 Prozent des gesamten heimischen Strombedarfes werden von einem der beiden Reaktoren gedeckt. Die andere Hälfte Ignalinas produziert für den Export. Siebeneinhalb Milliarden Kilowatt Atomstrom verkauft Litauen jährlich an seine Nachbarn Estland, Lettland und Russland. Und auf die Einnahmen aus diesem Geschäft kann das Land nur schwer verzichten. Der stellvertretende Leiter der Delegation der Deutschen Wirtschaft in Litauen Aldas Kikutis:
Wir gehen davon aus, dass der Energiesektor in Litauen etwa. 15 – 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes des Landes ausmacht. Wenn das Kernkraftwerk abgeschaltet wird, hätte Litauen keine Möglichkeit mehr, Strom zu exportieren. Das würde gerade noch die Bedürfnisse der litauischen Industrie decken, aber in die Zukunft blickend müsste man noch zusätzliche Kapazitäten installieren.
Die Diskussion um den Neubau eines Atomkraftwerkes ist also mehr als die Idee von einigen Verrückten. Die Vereinbarungen mit der EU weisen zwar offiziell in eine andere Richtung. Litauen hat sich zur weiteren Privatisierung seines Energiesektors und zur Modernisierung der bestehenden konventionellen Kraftwerke entschlossen.
Der Anteil der erneuerbaren Energie soll bis 2010 von jetzt drei auf zehn Prozent steigen. Doch dieser Prozess verläuft nur schleppend. Der Plan, einen litauischen Windpark mit Hilfe ausländischer Investoren zu errichten, ist zunächst einmal gescheitert. Der Einspeisungspreis, den die litauische Regulierungsbehörde für Windenergie festgesetzt hat, sei zu niedrig. Die Verfechter der Kernenergie nutzen die Gelegenheit, um ihre Pläne voranzutreiben. Viktor Sevaldin:
Wir sollten nicht so sehr an die Windenergie glauben. Es ist nicht mehr als Spielerei. Wenn 50 Windmühlen gebaut werden, bedeutet das eine Gesamtkapazität von maximal 75 Megawatt, wenn die Windverhältnisse ideal sind. Ein Atomkraftwerk liefert 1000 Megawatt. Vergleichen Sie das mal: 1000 zu 75. Es müssten 2300 solcher Windmühlen gebaut werden, um die Kapazität eines Atomkraftwerkes zu ersetzen. Und bei der Atomkraft hat Ignalina Vorteile, zum Beispiel im Vergleich zu Deutschland. Ich glaube nicht, dass die deutsche Regierung einen Platz für ein neues Atomkraftwerk zur Verfügung stellen wird. Aber die Kernkraftwerke in Europa werden auch immer älter und müssen irgendwann geschlossen werden. Wenn wir hier ein neues bauen, können wir den Strom zum Beispiel nach Deutschland liefern. Im Westen ist es nicht so einfach, einen solchen Ort zu finden. Wir haben ihn schon und auch die Infrastruktur.
Immerhin hat das Wirtschaftsministerium nach unbestätigten Informationen bereits Wissenschaftler beauftragt, eine Machbarkeitsstudie für das Projekt durchzuführen. Ein Großteil der litauischen Bevölkerung steht ebenfalls hinter Kernenergie. Doch es gibt etwas, was den Bau eines neuen Atomreaktors in Litauen verhindern könnte, und das ist die Finanzierung. Rund eine Milliarde Euro könne eine Anlage mit einer Kapazität von 1000 Megawatt kosten, schätzen Experten. Viktor Sevaldin:
Die litauische Regierung wäre unmöglich in der Lage, ein solches Kernkraftwerk zu bauen. Es ist zu teuer. Es wäre nur möglich, wenn ein ausländischer Investor das übernimmt.
Lange hat sich Litauen dagegen gewehrt. Aber der Wunsch, gemeinsam mit den anderen beiden baltischen Staaten in die EU aufgenommen zu werden, war stärker. Der erste Reaktor des litauischen Kernkraftwerks Ignalina, ein Kernkraftwerk vom gleichen Bautyp wie das in Tschernobyl, wird Ende nächsten Jahres auf Druck aus Brüssel abgeschaltet. Doch obwohl das Thema politisch entschieden ist, scheint sich nicht jeder mit dem Ende der litauischen Atomära abgefunden zu haben. So gibt es diejenigen, die noch auf ein stilles Wunder zu hoffen scheinen. Der Direktor des Atomkraftwerkes Viktor Sevaldin:
Der erste Block wird Ende 2004 abgeschaltet, weil wir schon ein entsprechendes Gesetz haben, das dies festlegt. Was den zweiten Block angeht, haben wir das Gesetz bis jetzt noch nicht. Es wäre theoretisch möglich, den zweiten Reaktor auch nach 2009 noch zu bedienen, aber wir wissen noch nicht, was die litauische Regierung beschließen wird. Ich werde die Entscheidung der Regierung spätestens 2008 erfahren, denn dann müsste ich neue Kernbrennstäbe bestellen, um den Betrieb weiter laufen zu lassen.
Realistischer als die Vorstellung, Ignalina könnte den Schließungstermin überleben, ist jedoch folgender, offen diskutierter Plan. Der Leiter der Energiewirtschaftlichen Abteilung im Wirtschaftsministerium Vladas Gagilas:
Wir denken im Moment darüber nach, vielleicht ein neues Kernkraftwerk anstelle von Ignalina zu bauen. Diese Frage müssen wir in Zukunft entscheiden.
Kaum ein anderes Land ist so abhängig von Kernkraft wie Litauen. 80 Prozent des gesamten heimischen Strombedarfes werden von einem der beiden Reaktoren gedeckt. Die andere Hälfte Ignalinas produziert für den Export. Siebeneinhalb Milliarden Kilowatt Atomstrom verkauft Litauen jährlich an seine Nachbarn Estland, Lettland und Russland. Und auf die Einnahmen aus diesem Geschäft kann das Land nur schwer verzichten. Der stellvertretende Leiter der Delegation der Deutschen Wirtschaft in Litauen Aldas Kikutis:
Wir gehen davon aus, dass der Energiesektor in Litauen etwa. 15 – 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes des Landes ausmacht. Wenn das Kernkraftwerk abgeschaltet wird, hätte Litauen keine Möglichkeit mehr, Strom zu exportieren. Das würde gerade noch die Bedürfnisse der litauischen Industrie decken, aber in die Zukunft blickend müsste man noch zusätzliche Kapazitäten installieren.
Die Diskussion um den Neubau eines Atomkraftwerkes ist also mehr als die Idee von einigen Verrückten. Die Vereinbarungen mit der EU weisen zwar offiziell in eine andere Richtung. Litauen hat sich zur weiteren Privatisierung seines Energiesektors und zur Modernisierung der bestehenden konventionellen Kraftwerke entschlossen.
Der Anteil der erneuerbaren Energie soll bis 2010 von jetzt drei auf zehn Prozent steigen. Doch dieser Prozess verläuft nur schleppend. Der Plan, einen litauischen Windpark mit Hilfe ausländischer Investoren zu errichten, ist zunächst einmal gescheitert. Der Einspeisungspreis, den die litauische Regulierungsbehörde für Windenergie festgesetzt hat, sei zu niedrig. Die Verfechter der Kernenergie nutzen die Gelegenheit, um ihre Pläne voranzutreiben. Viktor Sevaldin:
Wir sollten nicht so sehr an die Windenergie glauben. Es ist nicht mehr als Spielerei. Wenn 50 Windmühlen gebaut werden, bedeutet das eine Gesamtkapazität von maximal 75 Megawatt, wenn die Windverhältnisse ideal sind. Ein Atomkraftwerk liefert 1000 Megawatt. Vergleichen Sie das mal: 1000 zu 75. Es müssten 2300 solcher Windmühlen gebaut werden, um die Kapazität eines Atomkraftwerkes zu ersetzen. Und bei der Atomkraft hat Ignalina Vorteile, zum Beispiel im Vergleich zu Deutschland. Ich glaube nicht, dass die deutsche Regierung einen Platz für ein neues Atomkraftwerk zur Verfügung stellen wird. Aber die Kernkraftwerke in Europa werden auch immer älter und müssen irgendwann geschlossen werden. Wenn wir hier ein neues bauen, können wir den Strom zum Beispiel nach Deutschland liefern. Im Westen ist es nicht so einfach, einen solchen Ort zu finden. Wir haben ihn schon und auch die Infrastruktur.
Immerhin hat das Wirtschaftsministerium nach unbestätigten Informationen bereits Wissenschaftler beauftragt, eine Machbarkeitsstudie für das Projekt durchzuführen. Ein Großteil der litauischen Bevölkerung steht ebenfalls hinter Kernenergie. Doch es gibt etwas, was den Bau eines neuen Atomreaktors in Litauen verhindern könnte, und das ist die Finanzierung. Rund eine Milliarde Euro könne eine Anlage mit einer Kapazität von 1000 Megawatt kosten, schätzen Experten. Viktor Sevaldin:
Die litauische Regierung wäre unmöglich in der Lage, ein solches Kernkraftwerk zu bauen. Es ist zu teuer. Es wäre nur möglich, wenn ein ausländischer Investor das übernimmt.