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Atommüll in der Fassung

Mineralogie. - Seit 1968 werden in Deutschland Atomkraftwerke betrieben. Billig ist die Atomenergie , sauber, und es entstehen nicht einmal Treibhausgase. Offen bleibt die Frage, wo der nukleare Abfall gelagert werden soll. Denn bei Halbwertszeiten von Tausenden von Jahren müssen die Endlager vor allem eines sein: sicher. Ein Problem, dass nicht nur Politiker und Umweltschützer, sondern vor allem Geologen beschäftigt. So gehörte der nukleare Müll auch zu einem der Kernthemen auf der Goldschmidt-Konferenz der Geochemiker, die heute in Davos zu Ende geht.

    Von Sabine Goldhahn

    Die Geologie des Bodens ist eine Seite. Die Art der Verpackung für radioaktiven Müll eine andere. Denn für ein atomares Endlager müssen Abfälle wie Plutonium so verpackt sein, dass sie nicht durch natürliche Vorgänge freigesetzt werden. Bislang ist es üblich, hochradioaktive Abfälle in Glas einzubetten; ein Verfahren, das vor allem in Deutschland und anderen europäischen Ländern Standard ist. Das Problem dabei:

    Gläser sind nicht stabil in der Umgebung, das wissen wir aus historischen Beispielen, durch archäologische Artefakte zum Beispiel oder auch in alten Schlössern in Europa, die Gläser werden trübe mit der Zeit und das ist ein ganz deutliches Zeichen, dass Glas nicht stabil ist.

    Reto Gieré von der Purdue University im US-amerikanischen West Lafayette sucht seit Jahren nach einem Verpackungsmittel für radioaktiven Müll, das einerseits sicherer ist als Glas und andererseits Zehntausende von Jahren überdauert. - Schlechte Voraussetzungen für einen Laborversuch. Fündig wurde der Wissenschaftler erst in der Natur:

    In der Natur kommen radioaktive Elemente immer in Kristallen vor, und die Kristalle können diese gefährlichen Substanzen für Tausende, für Millionen von Jahren einbetten, ohne dass die jemals in das Grundwasser ausgeschieden werden.

    Eines dieser Kristalle ist bei Mineraliensammlern besonders beliebt: der Monazit, ein zäher Phosphat, der große Mengen des radioaktiven Elements Thorium enthält. Gieré:

    Die Thoriumatome sind normalerweise ziemlich regelmäßig verteilt in der Kristallstruktur, auf einem bestimmten Platz, der von einer bestimmten Anzahl von anderen Atomen umgeben ist, und das kann man sich ein bisschen so vorstellen: Ein radioaktives Element sitzt auf einem Platz in einer Kristallstruktur wie in einem Käfig, und ist umgeben von anderen Atomen, die harmlos sind.

    Diese Lösung aus der Natur will der Forscher künftig für radioaktive Abfälle nutzen. Dabei verwendet er jedoch keine natürlichen, sondern künstliche Kristalle. Die kann er mit chemischen Verfahren so beeinflussen, dass sie genau für den radioaktiven Müll passen, der entsorgt werden muss, beispielsweise für Plutonium:

    Plutonium normalerweise hat eine vierfach positive Wertung, wir können Plutonium beispielsweise einbauen anstelle von Zirkoniunm, das ist ein anderes Element, aber nicht radioaktiv, in ein Mineral, das Zirkon heißt...

    sagt Reto Gieré. Ein Problem bei dieser eleganten Lösung: der hochradioaktive Müll ist flüssig. Denn die Brennstäbe aus den Kernkraftwerken werden zunächst wiederaufbereitet, wobei viele flüssige Abfälle anfallen. Und Flüssigkeiten kann man nicht über Jahrtausende lagern. Gieré:

    Man bringt diese Flüssigkeiten in Kontakt mit Pulvern von verschiedenen Oxiden, Calcium, Zirkonium, Titaniumoxide, man mischt dieses Pulver und trocknet es und am Schluss wird das durch ein normales keramisches Verfahren in eine Keramik umgewandelt, das erfordert erhöhte Temperaturen und Drücke und am Schluss hat man einen Festkörper und die radioaktiven Elemente sind verteilt auf die verschiedenen Kristalle, die dort produziert werden, eingeschlossen in den Kristallstrukturen und in einen Kanister, der normalerweise aus Stahl besteht.

    So verpackt, sollte der radioaktive Müll nicht nur die Jahrtausende, sondern auch die geologischen Veränderungen auf der Erdoberfläche und Klimaschwankungen überstehen.

    Im Moment will man ja Endlager in möglichst trockenen Gebieten machen, weil man Angst hat, dass Grundwasser diese Endlager beeinflussen wird und auch diese gefährlichen Substanzen lösen und transportieren wird,

    ...erklärt der Forscher. Im Zuge der Klimaveränderung kann jedoch niemand sagen, ob nicht dort, wo heute noch Wüste ist, in einigen tausend Jahren feuchtwarme Verhältnisse herrschen. Gieré:

    deshalb haben wir Kristalle aus Afrika untersucht, die sind 33 Millionen Jahre alt und die haben den ursprünglichen Urangehalt, den sie bei der Genese, bei der Entstehung enthalten, haben sie immer noch enthalten. Trotz der sehr intensiven chemischen Verwitterung in diesem tropischen Klima.

    Bleibt zu hoffen, dass die Endlagerung von Atommüll mit dieser modernen, wenngleich teuren Technologie langfristig gelöst werden kann.