Wir sind in Pelindaba, dem südafrikanischen Nuklearforschungszentrum bei Pretoria. Während der Apartheid wurden hier für die kommerziellen Reaktoren bei Kapstadt die Brennelemente hergestellt. Die kommen inzwischen aus Russland und in Pelibanda werden heute die Brennstoffkugeln für einen südafrikanischen Hochtemperaturreaktor entwickelt. Die seien jetzt ebenso gut wie früher die besten deutschen, urteilt Chefingenieur Robert Peters bei einer Vorführung im Labor.
"Schön klopfen, fangen wir langsam an, dann geht es schneller."
Aus einem Spender läuft Graphitpulver in eine Matritze. Eine tennisballgroße Hohlkugel entsteht, die später den Graphitkern mit den Brennstoffpartikeln aufnehmen soll. Peters:
"Mit dem Klopfen an den Fütterer, das so ein bisschen laut aufklangte, war, um zu sorgen, dass wir das ganze Pulver in die Form hineinführen."
450.000 Kugeln wird der südafrikanische PBMR - der Kugelhaufenreaktor, wie er jetzt heißt - einmal brauchen. Die Kettenreaktion läuft in diesen Kugeln, und in ihnen sollen die Spaltprodukte möglichst auch eingeschlossen bleiben. Im PBMR strömt Heliumgas als Kühlmittel zwischen den Kugeln hindurch und schafft die Zerfallshitze aus dem Reaktor hinaus. Dieser Typ gilt als besonders sicher und - weil er nicht so große Strommengen produziert -, als ideal für den dezentralen Einsatz auf dem Land. Auch deshalb habe man die deutschen Patente gekauft und weiterentwickelt, erklärt Johann Slabber, Chefentwickler des PBMR. Er und sein Team haben die Form des Kernreaktors verändert und arbeiten daran, die Hitze direkt - ohne zwischengeschalteten Dampferzeuger - zu nutzen, um höhere Temperaturen zu erzielen. Südafrika setzt große Hoffnungen in die Technik. Ein Exportschlager soll sie werden, erklärt Jaco Kriek, der Chef derPBMR Company in Centurion bei Pretoria:
"Letztendlich wollen wir die Temperaturen so weit erhöhen, dass wir mit dem PBMR in die Wasserstoffwirtschaft einsteigen können. Wir arbeiten an Konzepten für die Meerwasserentsalzung, zur Herstellung von Kohlenwasserstoffen aus Kohle oder um das Öl aus den kanadischen Ölsanden zu holen. Aber zunächst wollen wir 2010 den Prototyp in der Nähe von Kapstadt bauen, um Strom zu erzeugen. Es geht um den Nachweis, dass der nukleare Teil der Technologie sicher sind."
Ob der Hochtemperaturreaktor so harmlos ist, wie man ihm nachsagt, gilt nach einer Studie zum Forschungsreaktor AVR in Jülich als umstritten. Einer der Kritiker ist Michael Sailer, Geschäftsführer des Ökoinstituts Darmstadt:
"Nach den neuen Erkenntnissen, die ja im wesentlichen auf die Auswertung einer Studie des Forschungszentrums Jülich zurückgehen, hat man wesentliche sicherheitstechnische Parameter falsch eingeschätzt beim AVR, die man auch nicht überwachen konnte."
Ein Problem liegt im Prinzip des Hochtemperaturreaktors: Die Kugeln darin sind dauernd in Bewegung, so dass sich gerade herrschende Temperatur nicht direkt messen lässt. Niemand könne genau wissen, so Reaktorexperte Sailer, ob an jeder Kugel genügend Kühlgas vorbei ströme und ob die Kettenreaktion laufe wie berechnet. Im Jülicher Testreaktor AVR lagen die Temperaturen jedenfalls viel höher als gedacht. Das hat Auswirkungen - etwa auf die Fähigkeit der Graphitkugeln Spaltprodukte abzufangen. Sailer:
"Der Effekt, dass die Wärme wesentlich höher ist, führt dazu, dass die Freisetzung aus den Brennelementen damit sehr viel höher werden kann, und wenn man sich da um 200 Grad oder mehr in der Temperatur verschätzt, dann sind natürlich Vorausberechnungen für die Freisetzung von radioaktiven Stoffen im Normalbetrieb, aber auch möglicherweise auch das Verhalten bei Störfällen, nicht mehr vorausberechenbar. Und es können dann schlimmere Situationen entstehen als eigentlich geplant."
Die Jülicher Forscher fordern deshalb auch für diesen Reaktortyp einen Sicherheitseinschluss, eine Betonhülle, die die Umwelt vor den Folgen eines Unfalls schützen soll. Weil der PBMR als von Natur aus sicher gilt, ist eine Hülle derzeit im Konzept nicht vorgesehen. Die Südafrikaner weisen die Kritik zurück. Die Probleme mit dem Jülicher AVR lägen vor allem im Reaktordesign, durch das unter anderem das Kühlgas ungenutzt seitlich an den Kugeln vorbei strömen konnte. Außerdem, so Johan Slabber:
"Der Forschungsreaktor AVR ist 1967 zum ersten Mal kritisch geworden, und in ihm wurden in der Entwicklungsphase der Brennstoffkugeln viele schlechte Kugeln getestet, aus denen Spaltprodukte austraten."
Michael Sailer ist trotzdem kritisch - unter anderem, weil auch bei dem neuen PBMR die Temperatur nur im Computer berechnet wird - und wie Papier, sind auch Computersimulationen geduldig:
"Insofern ist eine Lösung offen, ob das ein sicherer Reaktor werden kann."
In Pelindaba ist man weiter optimistisch. Im nächsten Jahr hofft Robert Peters, dass die Umbauarbeiten für die Serienproduktion abgeschlossen und die Genehmigungen erteilt sein werden.
"Schön klopfen, fangen wir langsam an, dann geht es schneller."
Aus einem Spender läuft Graphitpulver in eine Matritze. Eine tennisballgroße Hohlkugel entsteht, die später den Graphitkern mit den Brennstoffpartikeln aufnehmen soll. Peters:
"Mit dem Klopfen an den Fütterer, das so ein bisschen laut aufklangte, war, um zu sorgen, dass wir das ganze Pulver in die Form hineinführen."
450.000 Kugeln wird der südafrikanische PBMR - der Kugelhaufenreaktor, wie er jetzt heißt - einmal brauchen. Die Kettenreaktion läuft in diesen Kugeln, und in ihnen sollen die Spaltprodukte möglichst auch eingeschlossen bleiben. Im PBMR strömt Heliumgas als Kühlmittel zwischen den Kugeln hindurch und schafft die Zerfallshitze aus dem Reaktor hinaus. Dieser Typ gilt als besonders sicher und - weil er nicht so große Strommengen produziert -, als ideal für den dezentralen Einsatz auf dem Land. Auch deshalb habe man die deutschen Patente gekauft und weiterentwickelt, erklärt Johann Slabber, Chefentwickler des PBMR. Er und sein Team haben die Form des Kernreaktors verändert und arbeiten daran, die Hitze direkt - ohne zwischengeschalteten Dampferzeuger - zu nutzen, um höhere Temperaturen zu erzielen. Südafrika setzt große Hoffnungen in die Technik. Ein Exportschlager soll sie werden, erklärt Jaco Kriek, der Chef derPBMR Company in Centurion bei Pretoria:
"Letztendlich wollen wir die Temperaturen so weit erhöhen, dass wir mit dem PBMR in die Wasserstoffwirtschaft einsteigen können. Wir arbeiten an Konzepten für die Meerwasserentsalzung, zur Herstellung von Kohlenwasserstoffen aus Kohle oder um das Öl aus den kanadischen Ölsanden zu holen. Aber zunächst wollen wir 2010 den Prototyp in der Nähe von Kapstadt bauen, um Strom zu erzeugen. Es geht um den Nachweis, dass der nukleare Teil der Technologie sicher sind."
Ob der Hochtemperaturreaktor so harmlos ist, wie man ihm nachsagt, gilt nach einer Studie zum Forschungsreaktor AVR in Jülich als umstritten. Einer der Kritiker ist Michael Sailer, Geschäftsführer des Ökoinstituts Darmstadt:
"Nach den neuen Erkenntnissen, die ja im wesentlichen auf die Auswertung einer Studie des Forschungszentrums Jülich zurückgehen, hat man wesentliche sicherheitstechnische Parameter falsch eingeschätzt beim AVR, die man auch nicht überwachen konnte."
Ein Problem liegt im Prinzip des Hochtemperaturreaktors: Die Kugeln darin sind dauernd in Bewegung, so dass sich gerade herrschende Temperatur nicht direkt messen lässt. Niemand könne genau wissen, so Reaktorexperte Sailer, ob an jeder Kugel genügend Kühlgas vorbei ströme und ob die Kettenreaktion laufe wie berechnet. Im Jülicher Testreaktor AVR lagen die Temperaturen jedenfalls viel höher als gedacht. Das hat Auswirkungen - etwa auf die Fähigkeit der Graphitkugeln Spaltprodukte abzufangen. Sailer:
"Der Effekt, dass die Wärme wesentlich höher ist, führt dazu, dass die Freisetzung aus den Brennelementen damit sehr viel höher werden kann, und wenn man sich da um 200 Grad oder mehr in der Temperatur verschätzt, dann sind natürlich Vorausberechnungen für die Freisetzung von radioaktiven Stoffen im Normalbetrieb, aber auch möglicherweise auch das Verhalten bei Störfällen, nicht mehr vorausberechenbar. Und es können dann schlimmere Situationen entstehen als eigentlich geplant."
Die Jülicher Forscher fordern deshalb auch für diesen Reaktortyp einen Sicherheitseinschluss, eine Betonhülle, die die Umwelt vor den Folgen eines Unfalls schützen soll. Weil der PBMR als von Natur aus sicher gilt, ist eine Hülle derzeit im Konzept nicht vorgesehen. Die Südafrikaner weisen die Kritik zurück. Die Probleme mit dem Jülicher AVR lägen vor allem im Reaktordesign, durch das unter anderem das Kühlgas ungenutzt seitlich an den Kugeln vorbei strömen konnte. Außerdem, so Johan Slabber:
"Der Forschungsreaktor AVR ist 1967 zum ersten Mal kritisch geworden, und in ihm wurden in der Entwicklungsphase der Brennstoffkugeln viele schlechte Kugeln getestet, aus denen Spaltprodukte austraten."
Michael Sailer ist trotzdem kritisch - unter anderem, weil auch bei dem neuen PBMR die Temperatur nur im Computer berechnet wird - und wie Papier, sind auch Computersimulationen geduldig:
"Insofern ist eine Lösung offen, ob das ein sicherer Reaktor werden kann."
In Pelindaba ist man weiter optimistisch. Im nächsten Jahr hofft Robert Peters, dass die Umbauarbeiten für die Serienproduktion abgeschlossen und die Genehmigungen erteilt sein werden.