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Attentat von Christchurch
Ein Name wird zum Problem

Berittene Tempelritter, Kettenhemden, gezückte Schwerter: Die Show vor Spielbeginn beim neuseeländischen Rugbyclub Christchurch Crusaders hat es in sich. Aber nach dem Terroranschlag ist nichts mehr wie es vorher war. Der Verein erwägt eine Namensänderung. Doch die Crusaders sind ein Markenzeichen, der Name Millionen wert.

Von Andreas Stummer | 23.03.2019
Die "Crusaders" aus Christchurch feiern ihren Sieg im Super-Rugby-Finale.
Die "Crusaders" aus Christchurch denken über eine Namensänderung nach. (AFP / Marty Melville )
Ein Heimspiel der Canterbury Crusaders ist nicht nur einfach eine Rugby-Begegnung, es ist auch ein Spektakel. Ein paar Minuten vor Spielbeginn schießen meterhohe Flammen aus Fackeln am Stadionrand, bombastische Musik schwillt an. Ein halbes Dutzend Tempelritter reitet in Helmen, Kettenhemden und Waffenrock in die Arena und umrundet hoch zu Pferd und mit gezückten Schwertern das Feld.
Die Fans jubeln, schwenken Fahnen in den Clubfarben rot-schwarz, Kinder winken mit Schaumstoffschwertern. Schon vor dem Anpfiff zeigen die Crusaders wer Herr im Haus ist und der Erfolg gibt ihnen recht. In den letzten 22 Jahren der internationalen Super-Rugby-Liga haben sie neunmal den Titel geholt - öfter als jede andere Mannschaft. Die Crusaders sind das sportliche Aushängeschild von Christchurch.
Die Kreuzzüge sind finsterstes Mittelalter
Doch nach dem Massenmord von 50 Muslimen durch einen weißen Rechtsextremisten in zwei Moscheen der Stadt, fragen sich die Einheimischen ob ihr Team weiter die "Crusaders", übersetzt "die Kreuzritter" heißen soll.
"Ich bin dafür den klubnamen zu ändern", sagt ein Mann in Christchurch, "mir waren der Name und die Show vor dem Spiel schon immer ein wenig peinlich". Ein anderer meint: "Ich kenne die Geschichte der Kreuzzüge, der Name passt nicht für ein Rugbyteam und nach allem, was passiert ist sollten wir ihn ändern."
Die Kreuzzüge sind finsterstes Mittelalter - von der lateinischen Kirche sanktionierte, religiös motivierte Feldzüge gegen muslimische Staaten im Nahen Osten mit Millionen Opfern. "Kreuzzüge sind Kreuzzüge und Rugby ist Rugby", philosophiert Chris Anderson, ein Fan der Crusaders seit er fünf Jahre alt ist. Er ist genauso erschüttert über die Bluttat in den Moscheen von Christchurch, aber er findet man sollte die Kirche im Dorf lassen.
"Ich habe noch nie gehört, daß sich jemand über den Namen beschwert hätte. Ganz Neuseeland schämt sich über das was in Christchurch passiert ist, aber das ist eine Überreaktion. Es wird etwas zu einem Problem gemacht wird, das keines ist. Ich will den Namen beibehalten."
Der Klubname ist Millionen wert
Als die Crusaders vor 26 Jahren gegründet wurden, sollten sie eigentlich "Plainsmen" heißen, "die Flachländer", benannt nach der Canterbury-Ebene in der die Stadt Christchurch liegt. Doch für ein Team, das aggressiv und körperbetont spielte, das ein modernes, offensives Rugby prägte, schien "Crusaders" ein passender Name. Denn das einzige, das sie eroberten waren die Herzen von Rugbyfans weltweit.
Die Crusaders sind ein Markenzeichen, der Klubname Millionen wert. Doch nach der Bluttat vor acht Tagen in Christchurch sind sich Neuseelands Sportminister, die Spieler und die Vereinsführung einig, daß man nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergehen kann.
"Wir müssen unser Image und auch unseren Namen überdenken", sagt Colin Mansbridge, der Geschäftsführer der Crusaders, "aber alles zu seiner Zeit."
"Wir haben, das, was passiert ist, noch nicht verarbeitet - wir alle sind immer noch in Schock. Es ist schwer derzeit vernünftig, emotionslos und mit klarem Kopf über unseren Vereinsnamen zu diskutieren. Aber wir haben die Bedenken gehört und wir werden und wollen uns damit auseinandersetzen."
Sieben von zehn Neuseeländer gegen eine Namensänderung
Rugby ist nicht nur ein Sport in Neuseeland, Rugby ist Religion, Teil der Kultur. Nach Umfragen sind sieben von zehn Neuseeländern gegen eine Namensänderung. Die Canterbury Crusaders sind das international erfolgreichste Klubteam des Landes, aber egal welche Entscheidung der Verein treffen wird: Klub-Mitglied Maggie Berry ist sicher, dass ganz Christchurch weiter hinter ihrer Mannschaft stehen wird.
"Vielleicht wird es in Zukunft keine Show vor dem Spiel mit Pferden, Rittern und gezückten Schwertern mehr geben. Der Verein will sich mit der muslimischen Gemeinde und den Fans in Christchurch austauschen - ich begrüße das. Aber das alles war kein Thema vor dem Attentat. Ich denke nicht, dass wir uns darüber am Donnerstag vor einer Woche überhaupt unterhalten hätten."