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Auch Frankreich feiert den Mauerfall

Auch Frankreich feiert den 20. Jahrestag des Mauerfalls. Wohin man heute Abend blicken wird: "Le mur" ist omnipräsent beim Nachbarn. Archive werden geöffnet, Radio France widmet gemeinsam mit dem Deutschlandradio dem Ereignis einen ganzen Sendetag - und es gibt Süßes im Namen der Freiheit.

    "Nie wieder" – Patrick Roger wünscht sich nur Glück und genüssliche Freude. Im wahrsten Sinne des Wortes: Denn der preisgekrönte Schokoladenhersteller hatte die wohl originellste Idee zum Jubiläum des Mauerfalls. Er verarbeitete eine Tonne Schokolade in eine 15 Meter lange Mauer. Auf der prangen die Worte "Freiheit" und "Berlin", sind Kunst und Graffiti fast originalgetreu in Schokoguss nachgebildet. Da das Kanzleramt sein großzügiges Geschenk aus logistischen Gründen ablehnte, lädt Patrick Roger nun die Mauerspechte zur süßen Jubiläumspartie in seine Läden.

    "Die Mauer ist sehr hart, wir werden dennoch mit Plastikbesteck versuchen, an der Mauer zu kratzen und nach Westen durchzustoßen."

    Bilder- und Lichtershow um 19 Uhr mitten im Herzen von Paris am Place de la Concorde, mit Premierminister Fillon, dem Pariser Bürgermeister Delanoe und Staatsminister Hoyer, Rekonstruktion einer von Künstlern gestalteten Mauer im Malerviertel Montmartre, eine andere Mauer entsteht und fällt vor dem Heinrich Heine Haus in der Pariser Cité Universitaire, Ausstellungen, Fotogalerien und unendliche Ausgaben an Sonderheften, - sendungen und Beilagen in der Presse. Fast könnte man denken, die Mauer fiel in Paris und nicht in Berlin!

    Seit Tagen veranstalten Fernseh- und Radiostationen eine Art Countdown zu dem Ereignis, das vor 20 Jahren zur Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten und Europas führte.

    Kooperation des Deutschlandradios mit Radio France
    "On fait le mur": Unter dem Schlagwort "Wir machen die Mauer" schaltet Radio France, das öffentliche rechtliche Radio, sämtliche sieben Programme heute gleich, gestaltet unter Beteiligung aller Sparten ein einziges Programm für die circa 14 Millionen Zuhörer aller Kanäle 24 Stunden lang live aus Berlin. Eine Minirevolution und Auftakt einer neuen Partnerschaft mit DeutschlandRadio. Das übernimmt auf Mittel- und Langwelle das Programm, gemeinsam wird das Mauergedenkkonzert am Abend übertragen.

    Die großen französischen Fernsehsender werden live auf den Festakt und das Volksfest am Brandenburger Tor schalten, nachdem in den vergangenen Tagen vor allem auch die Rolle Frankreichs bei der Wiedervereinigung kritisch durchleuchtete wurde. Frankreich hat eigens auf Initiative von Europastaatssekretär Lellouche seine diplomatischen Archive fünf Jahre früher geöffnet. Böse Zungen unterstellen, weil der Konservative das damalige Zögern des sozialistischen Präsidenten Mitterand herausheben wollte. Auch Kanzlerin Merkel wird in der Tageszeitung Figaro zitiert mit den Worten, Mitterand habe wohl nicht an der Spitze für die Wiedervereinigung gekämpft.
    Ein Vorwurf, den der damalige Berater Mitterands und spätere Außenminister Vedrine so nicht stehen lassen will:

    "Als Mitterand im Dezember 1989 nach Ostberlin fährt, dann um Kohl zu helfen, die Übergangsphase in der DDR zu managen. Amerikas Präsident Bush findet die Idee so gut, dass er seinen Außenminister Baker eine Woche früher schickt! In dieser Übergangsphase war es legitim, sich um die DDR zu kümmern, ab Februar 1990 ändert sich das."

    Von Anfang an hatte Mitterand Bedingungen für die Wiedervereinigung definiert: Anerkennung der Ostgrenzen, keine Gefährdung Gorbatschows und seiner Reformpolitik und vor allem die Stärkung Europas: Letztere kam vor allem durch die Währungsunion: Die Mark wurde auch wegen der Wiedervereinigung dem Euro geopfert.