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Auch Frankreich stritt früh um Riefenstahl

In Deutschland nach 1945 geächtet, im Ausland vor und nach 1945 gefeiert - diese Erzählung war ein Topos der Autobiographie, welche die umstrittene Regisseurin Leni Riefenstahl 1987 vorlegte. Doch das ist ein Mythos. Das belegt nun die Kunsthistorikerin Gaėlle Liedts in einem Buchbeitrag, der sich mit der Riefenstahl-Rezeption in Frankreich auseinandersetzt. Auch in Frankreich sei die Regisseurin schon vor 1939 als "Diktatorin des deutschen Kinos" bezeichnet worden, so Liedts.

Von Erik Eggers | 28.12.2011
    Vor allem aber korrigiert Liedts jenen euphemistischen Bericht Riefenstahls für den NS-Parteitagsfilm "Triumph des Willens", der bei der Weltausstellung 1937 in Paris eine "Goldmedaille" erhalten hatte. "Der französische Ministerpräsident Edouard Daladier überreichte sie. Damit wurde ein Dokumentarfilm, keineswegs ein Propagandafilm, ausgezeichnet. Welches Interesse hätten die Leitung einer Weltausstellung und der französische Ministerpräsident daran gehabt?", heißt es in der Biographie der Künstlerin, die 2003 im Alter von 101 Jahren starb.

    Daladier sei damals nicht im Amt gewesen, stellt Liedts richtig, auch sei "Triumph des Willens" in Frankreich unbeachtet geblieben. Vor allem aber sei besagte Goldmedaille auf der Weltausstellung fast 4000 Mal vergeben worden und insofern von geringer Bedeutung gewesen. Zudem Liedts hat zudem eine antisemitische Äußerung Riefenstahls in der Zeitung Paris-Soir gefunden: Demnach erklärte die Regisseurin Ende Januar 1939 in Paris, dass die "Juden, die Hollywood führen", an dem Misserfolg ihrer USA-Reise schuld gewesen seien.

    Rezensierter Beitrag:
    G. Liedts, Zwischen Verehrung und Hass Riefenstahls künstlerischer Ruhm in Frankreich von den 1930er Jahren bis heute, in: M. Herzog/M. Leis (Hrsg.), Kunst und Ästhetik im Werk Leni Riefenstahl, Edition text + kritik München 2011, 183-205.