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Auf Asteroidenkurs

Forschungspolitik. - Heute Morgen hat das Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt in Berlin seine Pläne für das neue Jahr präsentiert. Knapp die Hälfte des Budgets fließt zur europäischen Raumfahrtagentur Esa, doch auch mit dem Rest hat das DLR viel vor. Der Wissenschaftsjournalist Dirk Lorenzen sagt im Gespräch mit Arndt Reuning, welche Ziele das Forschungszentrum verfolgt.

Dirk Lorenzen im Gespräch mit Arndt Reuning | 24.01.2013
    Reuning: Herr Lorenzen, was ist denn das große Ziel für das DLR im Jahr 2013, oder gibt es das überhaupt?

    Lorenzen: Herr Reuning, das DLR ist wirklich so eine Art Gemischtwarenladen, da gibt es nicht das eine ganz große Thema. Aber natürlich ragen ein paar große Projekte aus diesen vielen verschiedenen Bereichen heraus. Und im größten Teilbereich des DLR, der Raumfahrt, da ist es sicherlich eine Mission zu einem Asteroiden. Da arbeitet das DLR mit der japanischen Raumfahrtbehörde Jaxa zusammen, und die Japaner starten im kommenden Jahr ihre Sonde Hayabusa-II und fliegen damit einige Jahre zu einem Asteroiden. Und wenn man dort ankommt, dann kommt die große Stunde des DLR. Denn das DLR baut Mascot, so einen zehn Kilo schwerer Lander, eine Landekapsel. Und Mascot wird dann auf diesem Asteroiden landen, Material auf der Oberfläche untersuchen und Bilder machen, und, jetzt wird es auch wieder spannend, es wird sich dann hüpfend über diese Asteroidenoberfläche bewegen, weil man eben an verschiedenen Orten des Asteroiden Messungen machen will. Und dieses Mascot diesen Asteroidenlander zu entwickeln und zu bauen, das ist eben ein großes Thema in diesem Jahr. Und da greift das DLR-Team eben auf seine große Erfahrung und seine weltweit anerkannte Erfahrung im Bereich Robotik zurück.

    Reuning: Sie haben die Zusammenarbeit mit Japan gerade erwähnt. Ist das als politisches Signal zu verstehen?

    Lorenzen: Zum Teil sicher ja. Japan kommt da wirklich eine große Bedeutung zu. Ende Februar wird das DLR ein eigenes Büro in Tokio eröffnen. Das ist dann nach Washington erst das zweite DLR-Büro außerhalb Europas. Und DLR Chef Jan Wörner hat heute auch ganz klar gesagt, warum man es eben in Tokio macht und nicht in Peking, was vielleicht für manche so die näherliegende Wahl gewesen wäre. Und er sagt, natürlich sei China ein wichtiger Partner, aber von Japan aus sei die Zusammenarbeit mit anderen Ländern im fernen Osten vielleicht einfacher. Und die Kooperation mit China sei zwar sehr gut, aber, das müsse er offen sagen, eben auch nicht immer einfach, zum Beispiel bei Fragen des geistigen Eigentums. Und das DLR sieht sich eben auch in seinem Selbstverständnis als Partner, der weltweit mit verschiedenen Staaten zusammenarbeiten kann, aber eben nicht exklusiv mit einem, auch [...] wenn man das in China vielleicht gern so hätte. Insofern tritt man bei dieser allgemeinen Chinaeuphorie, die an vielen Orten anzutreffen ist, beim DLR etwas auf die Bremse.

    Reuning: Beim Thema Raumfahrt denken viele an die ISS, die internationale Raumstation. Die wird ja nicht mehr unbedingt von allen Partnern geschätzt. Welche Rolle spielt die ISS noch.

    Lorenzen: Die ISS spielt eine große Rolle, und da hat wirklich das DLR sicherlich auch viele Partner in der europäischen Weltraumorganisation Esa überzeugt, gerade beim letzten Ministertreffen vor einigen Monaten in Neapel. Zum einen ist natürlich die Nutzung der Raumstation als Forschungslabor, das geht ganz im Routinebetrieb weiter. Aber das DLR hat die Esa auch überzeugt, wie wichtig die strategische Ausrichtung dieser Raumstation ist. Und da arbeitet man ja mit der Nasa jetzt sehr eng zusammen. Nasa und Esa entwickeln gemeinsam das nächste amerikanische bemannte Raumschiff. Europa liefert dann, wie es heißt, das Servicemodul, das ist der Teil des Raumschiffs, den Bordcomputer, Steuerungseinheit, Strom und Wasserversorgung [umfasst], also alles was so technisch ein Raumschiff braucht. Und die Nasa greift da eben auch wieder auf sehr bewährte Technologie Europas zurück, nämlich auf Europas Raumtransporter ATV. Diese grundsätzliche Einigung hat man vor einigen Monaten erzielt. Jetzt geht es um das Detail. Die Verträge mit der Industrie sollen Mitte des Jahres fertig sein, dann geht die konkrete Arbeit endlich los.

    Reuning: Das DLR trägt im Namen auch den Begriff der Luftfahrt. Welches Thema ragt da heraus?

    Lorenzen: Bei der Luftfahrt geht es um ein ganz interessantes Forschungsprojekt, und zwar um die Gefährdung der Vulkanasche. Sie erinnern sich sicherlich an den Tage im Luftverkehr vor drei Jahren, bei dem berühmten isländischen Vulkan. Da gab es ja diese Asche, die viele Flüge unmöglich gemacht hat. Das DLR musste damals sehr aufwändig mit Messflügen die Aschesituation über Deutschland erfassen. Künftig möchte man Weltraumdaten nutzen, um so eine Art Vulkanasche-Wetterbericht zu erstellen. Und jetzt sitzt das DLR-Team eben daran, versucht aus diesem Weltraum-Daten so etwas zu gewinnen, ob man das dazu nutzen kann. Noch ist etwas offen, ob das mit dem bestehenden Satelliten wirklich funktioniert, oder ob das DLR einen eigenen Vulkanasche-Satelliten bauen will oder bauen muss. Aber ab 2016, das ist der Plan, soll mann dann bei einem Vulkanausbruch sofort wissen können, wo man sicher fliegen kann und wo besser nicht.