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Auf dem Boden zurück

Gentechnik. - Während in Deutschland die Bioethik-Debatte tobt, tagt in Seattle die US-amerikanische Gesellschaft für Gentherapie. Dort ist man nach dem ersten Todesopfer einer Gentherapie am Menschen vorsichtiger und auch weniger visionär geworden. Der Tod von Jesse Gelsinger hat der Branche einen heilsamen Schock versetzt und zu höheren Sicherheitsanforderungen an klinische Versuche geführt.

    Die bisherigen Ergebnisse der Gentherapie sind bestenfalls mager zu nennen. 532 angemeldete klinische Studien an 3400 Patienten, die meisten davon versuchen die eine oder andere Methode der Krebstherapie. Heilungserfolge sind jedoch kaum zu verzeichnen. Daher feierten die versammelten Gentherapeuten den französischen Professor Alain Fischer besonders, denn er kann einen solchen Erfolg vorweisen. "Er hat bei vier oder fünf Kindern eine schwere kombinierte Immunschwäche korrigiert, und diese Korrektur dauert jetzt schon über drei Jahre an", erklärt der Präsident der Amerikanischen Gentherapiegesellschaft Professor Inder Verma. Die Kinder bilden keine T-Zellen, ihnen fehlt daher eine wesentliche Instanz der Immunabwehr. Fischer konnte die Bildung dieser Zellen durch Gentransfer ankurbeln. Heute können die Kinder wie ihre gesunden Altersgenossen leben. Doch außer Fischers Ergebnissen können die Gentherapeuten noch nichts vorweisen.

    Daher konzentriert man sich verstärkt auf eine Verbesserung der Methoden, bevor man sich an neuen Krankheiten versucht. Intensive Forschung wird den Genfähren gewidmet, schließlich starb Jesse Gelsinger an einer Vireninfektion, die die bei ihm als Genfähren eingesetzten Schnupfenviren ausgelöst hatten. Aber selbst wenn es gelingt die Gene problemlos in die Körperzellen einzuschleusen, muss man sie dort erst einmal aktivieren und aktiviert erhalten. Häufig gaben die künstlich eingefügten Erbinformationen nach wenigen Wochen den Dienst auf. Um so erstaunlicher war eine in Seattle präsentierte Studie vom Baylor College of Medicine in Houston, Texas. Kazuhiro Oka konnte dort einen Cholesterinstoffwechselfehler seiner Labormäuse mit einer einmaligen Gentherapie für die gesamte Lebensdauer seiner Tiere beheben. "Der Kern unseres Ansatzes ist, dass wir das komplette Gen verwendet haben und nicht nur Fragmente", erklärt Oka. Dabei haben die Forscher auch "Verstärker" übertragen, die für eine dauerhafte Aktivierung der Erbinformation sorgen.

    [Quelle: Volkart Wildermuth]