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Auf dem Drachen zur ISS

Raumfahrt.- Seitdem die Ära der amerikanischen Space-Shuttles beendet ist, haben die USA nicht mehr an die Internationale Raumstation (ISS) angedockt. Das soll sich bald ändern - mit einem privat gebauten und finanzierten Frachtcontainer namens Dragon.

Von Guido Meyer |
    Der erste Auftritt des "Drachens" währte nur kurz: Lediglich etwas mehr als drei Stunden lang hatte die Raumkapsel Dragon vor gut einem Jahr die Erde umkreist. Nach zwei Runden um den Globus trat sie wieder in die Erdatmosphäre ein und landete – von Fallschirmen gebremst – im Pazifik. Sowohl die Raumfahrtfirma SpaceX als auch die amerikanische Weltraumbehörde NASA bewerten diesen Erstflug von Dezember 2010 als vollen Erfolg.

    Und so steht für SpaceX, ihre Falcon9-Rakete und die Raumkapsel Dragon nun der nächste Schritt an: Der "Drache" soll die Internationale Raumstation (ISS) ins Visier nehmen.

    "Beim nächsten Flug werden wir zunächst die Manövrierfähigkeiten von Dragon im All demonstrieren. Außerdem testen wir die Funkverbindung zwischen unserer Kapsel und der Raumstation. Erst dann werden wir uns der ISS nähern, Stück für Stück – solange, bis wir so nahe an der Station sind, dass der Roboterarm der ISS unsere Kapsel greifen und zum Andockstutzen führen kann."

    Gwynne Shotwell, die Präsidentin von SpaceX, über das geplante erstmalige Anlegen eines privaten Raumschiffs an der Internationalen Raumstation. Weil die Steuerungssysteme bislang erst während eines relativ kurzen Fluges getestet wurden, erlauben weder Amerikaner noch Russen ein autonomes Andocken der Dragon-Kapsel an die ISS. Dies ist derzeit russischen Kapseln sowie Europas Frachtraumschiff ATV vorbehalten. Einmal vom Roboterarm eingefangen und positioniert, wird sich die Kapsel dann am selben Andockmodul wiederfinden, an dem auch das europäische Raumlabor Columbus befestigt ist. Und dann kann das Ausladen der mitgeführten Nutzlast beginnen.

    "Die Kapsel wird vollgeladen mit was immer die NASA da hochbringen möchte: Racks für Experimente, Wasser, was auch immer. Und die Kapsel dockt dann an die Space Station an. Die Kapsel geht auch wieder zurück, das heißt, wir recovern die Kapsel unten am Boden wieder. Die NASA kauft den Service von uns, zahlt dafür pro Flug, im wesentlichen, und wir bringen also dementsprechend halt Cargo oder später auch Astronauten zur Space Station."

    Hans Königsmann, Vize-Präsident der kalifornischen Raumfahrtfirma SpaceX und dort zuständig für den Bereich Avionik. Auch andere amerikanische Firmen entwickeln derzeit Nachschubtransporter für die ISS. Doch Dragon bietet zwei Vorteile: Zum einen kann sie Experimente von der Raumstation auch wieder mit zur Erde zurücknehmen; zum anderen soll sie in wenigen Jahren in einer bemannten Version auch Astronauten in die Umlaufbahn tragen können.

    "Sowohl die Falcon9-Rakete als auch die Dragon-Kapsel wurden von Anfang an für bemannte Flüge ausgelegt. Viele der Sicherheitsanforderungen für den Transport von Astronauten haben wir schon dadurch erfüllt, dass unser Raumschiff sicher genug ist, sich der ISS überhaupt zu nähern. Derzeit arbeiten wir noch an einem Rettungssystem für die Startphase. Sollte beim Lift Off etwas schiefgehen, würde diese kleine Rettungsrakete auf der Spitze der Falcon 9 die Crewkapsel von der restlichen Rakete abtrennen, wegfliegen und in Sicherheit bringen."

    Vielleicht schon in zwei Jahren sollen Dragon-Kapseln dann auch – gegen Bezahlung – NASA–Astronauten zur ISS tragen können. Denn seit die Shuttle-Flotte stillgelegt ist, verfügen die USA über keinen eigenen bemannten Zugang ins All.