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Auf dem Weg zum automatisierten Flughafen

Beim Check-in sind Automaten an deutschen Flughäfen längst keine Seltenheit mehr. Nun führt die Lufthansa auch für die Gepäckaufgabe Automaten ein. Das Unternehmen verspricht kürzere Wege, schnelle Abfertigungszeiten und mehr Unabhängigkeit für die Fluggäste.

Von Susanne Lettenbauer |
    "Gepäckanhänger angebracht, ja prima, halt, da fehlt noch der Beleg, aha gut."

    Am Kofferautomaten im Terminal 2 des Münchner Flughafens. Zufrieden hält der Reisende einen weißen quadratischen Zettel in der Hand. Die Quittung für sein Gepäck. Gerade hat er seinen Koffer zum ersten Mal ganz allein aufgegeben, ohne einen Schalterangestellten, nur mit Hilfe kleiner Videoclips und kurzer Bedienhinweise:

    " Also so ein bischen mulmiges Gefühl hat man trotzdem, ob es alles so klappt. Ok prima, ja – zufrieden."

    Der Ablauf ist immer gleich: Der Boarding Pass, beim Online Einchecken zu Hause aufs Handy geschickt, wird vom Automaten eingelesen, das Gepäck auf dem Laufband gewogen, von einem Scanner registriert und schließlich durch ein Rolltor auf die Gepäckanlage des Flughafens transportiert.

    Zwei lange Reihen der gelben Kofferautomaten stehen seit rund zwei Wochen in der Münchner Abflughalle, neben dem Eingang vom Taxistand und neben dem Eingang vom Parkhaus.

    "Ich finde das großartig, wenn ich verreise, das ist doch fantastisch. Man braucht nicht in langen Schlangen zu stehen und es ist ziemlich einfach, wenn man sich konzentriert."

    Meint dieser britische Fluggast. Seine drei Koffer hat er nacheinander auf das Laufband gestellt, einzeln abgefertigt per Fingerdruck, der Automat rechnet das Gewicht zusammen, bucht es zusammen auf den Boarding Pass, druckt die Quittung. Nach jedem Vorgang fragt der Automat die Zustimmung zum nächsten Schritt ab. Der älter Mann daneben wirkt eher skeptisch, der jüngere hilft ihm:
    "Ein alter Hund lernt keine neuen Tricks."

    "”Here, print receipt and finish.”"

    "Sie haben es sehr vereinfacht, das ist gut, spart Zeit, ich bin absolut zufrieden damit."

    Kurze Wege, schnelle Abfertigungszeiten, Unabhängigkeit - das sollen die neuen Automaten den Kunden bringen, sagt Erik Mosch, Leiter Produktmanagement und Passenger Services bei der Lufthansa. Laut Kundenumfragen erwarten die Fluggäste das heute von einer modernen Airline:

    "Wir haben festgestellt, dass die Gäste immer individualisierter reisen wollen. Sie wollen selbstbestimmt reisen, das heißt sie wollen bereits zu Hause einchecken, wollen ihre Bordkarte bereits auf ihre Handy haben. Sie möchten aber nirgends mehr anstehen. Sie wollen ihr Gepäck dann abgegeben wann sie wollen."

    Und das möglichst zeitnah zur Abflugzeit. Zwei Stunden früher am Flughafen einchecken, das gehört der Vergangenheit an. Zeit ist Geld für die meisten Reisenden. Diese Mitarbeiterin eines Softwareunternehmens auf dem Weg nach Leipzig nutzt den Schalter wie auch den Automaten:

    "Weil ich gleich zum Flieger muss und eigentlich an die Technik glauben sollte. Dann hoffen wir mal dass das Gepäck ankommt. So Gepäckanhänger angebracht. Weiter. Beleg drucken und beenden. So. Es scheint zu funktionieren. Und ich bekomme ein baggage receipt."

    Während die junge Vielfliegerin eher unsicher wirkt, lässt sich eine ältere Frau begeistert den Automaten von einem Servicemitarbeiter erklären:

    "Ich habe mal zugeschaut, dass ist ganz einfach, das nächste Mal kann ich das alleine machen. Da kommt die Schleife raus, die kommt auf den Koffer drauf, das ist ´ganz einfach zu bedienen. Ich habe meinen Boarding Pass schon zuhause am Computer ausgedruckt. Man muss den Boarding Pass nur in den Computer hinein tun, dann kommt schon die Schleife für den Koffer heraus. Ganz einfach."

    Trotz der Gepäckautomaten bilden sich auch an den Schaltern kleine Menschenschlangen. Aus Gewohnheit oder aus Misstrauen ?

    "Ich fliege nicht so oft, ich weiß nicht so recht. Generell vielleicht nicht schlecht für die, die mehr fliegen. Aber nur Automaten fände ich auch nicht gut. Da ist ein persönlicher Ansprechpartner sicher idealer."

    Ideal wäre er, aber nicht unbedingt sicherer. Sicherheitsbedenken wegen falsch etikettierter Koffer, oder einem Missbrauch muss der Kunde nicht haben, verspricht der Lufthansa-Servicechef Mosch. So muss Sperrgepäck und Übergepäck noch immer am Schalter abgegeben werden:

    "Der Automat registriert, ob Sie den Gepäckanhänger richtig angebracht haben. Wir haben einen entsprechenden Scanner und erst dann wird Ihr Gepäckstück erst abtransportiert. Dass heißt wir haben damit vermieden, dass Ihr Gepäck unkontrolliert abgefördert wird, sondern es ganz sicher, dass Ihr Gepäck erst dann abgefördert wird, wenn Sie den Gepäckanhänger richtig angebracht haben. Also es ist kinderleicht. Dann geht es ganz normal über die Gepäck wird zum Flugzeug transportiert und Sie können Ihren Koffer wie gewohnt am Zielort entgegennehmen."

    Der automatisierte Flughafen, beim Check-in und der Gepäckaufgabe ist er an vielen Flughäfen bereits Realität: Tickets werden über Smartphone-Apps gebucht, der gewünschte Sitzplatz kann beim Online-Check in am heimischen Computer 24 Stunden vor Abflug reserviert werden. Falls Flüge verspätet abheben, wird der Fluggast per SMS informiert. In Kürze kommt hinzu, dass der Gepäckanhänger schon zu Hause am Computer ausgedruckt werden kann, ebenso:

    "...dass sie in der Lage sind, ihr Gepäck zu tracken und sie wirklich am Ende des Tages genau wissen, wo sich ihr Gepäck befindet. Was wir haben also Service: Falls Ihr Gepäckstück – warum auch immer – nicht am Zielort ankommt, dann schicken wir Ihnen eine SMS und versuchen Lösungen anzubieten."

    Nach München und Frankfurt plant die Lufthansa auch in Hamburg und Berlin die Kofferautomaten zu etablieren, wenn möglich an allen deutschen Flughäfen, wenn die örtliche Gepäckanlage dies zulässt. Servicemitmitarbeiter stehen trotzdem weiterhin mit Rat und Tat zur Seite, betont die Airline.

    Thomas Weyer, Geschäftsführer Infrastruktur am Flughafen München, begrüßt die Entwicklung ausdrücklich. Es komme dem Kunden sehr entgegen, aber auch dem Flughafenbetreiber:

    "Ich glaube, dass ist für alle was, weil am Ende des Tages der gesamte Prozess der hinter diesen Geräten steht kein andere ist als wenn eine älter Person seinen Koffer auf das Band heben muss, wenn er sein Ticket abholt. Das einzige was ja wegfällt ist das Ticketabholen und diese Banderole, die macht er dann eben selber fest, ansonsten bleibt alles beim Gleichen."