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Auf dem Weg zur privaten Raumstation

Raumfahrt.- Seit nunmehr zehn Jahren ist die Internationale Raumstation (ISS) im All - und noch immer wird daran gebaut. Zwischenzeitlich gibt es von der Raumfahrtfirma Bigelow Aerospace aus Las Vegas ein Gegenprojekt: die erste kommerzielle Raumstation.

Von Guido Meyer | 22.11.2010
    Seit vier Jahren umkreist ein umbemanntes Modul die Erde, das sich erst im All selbstständig aufgeblasen hat: Genesis 1, der Prototyp einer privaten Raumstation, finanziert und konzipiert vom amerikanischen Multimillionär Robert Bigelow aus Las Vegas. Vor drei Jahren schoss eine russische Dnepr-Rakete das baugleiche Element Genesis 2 ins All. Beide umrunden seitdem die Erde, funktionieren einwandfrei und senden Daten über Stromverbrauch, Luftdruck und Wohlergehen der an Bord befindlichen Motten und Schaben zur Erde. Kein Wunder also, dass Bigelow Aerospace nach Höherem strebt und als nächstes mehrere solcher Module mit dem Namen Sundancer zu einer eigenen Raumstation verbinden will.

    "Sundancer und die anderen Module werden unbemannt gestartet, ohne Menschen an Bord. Nachdem jedoch das erste Element aufgeblasen ist, möchten wir möglichst bald eine Besatzung hinterherschicken. Sie könnte dann das Andocken der übrigen Bauteile überwachen, falls damit etwas schiefgeht."

    Mike Gold ist Chef des Büros von Bigelow Aerospace in Washington, D.C. Die komplette kommerzielle Raumstation soll aus zweien solcher Module vom Typ Sundancer bestehen, einem Verbindungsknoten und einem weiteren Element, das aufgeblasen mehr als 300 Kubikmeter Raum bereitstellen soll, was etwa dem Doppelten des amerikanischen Destiny-Labors als Teil der Internationalen Raumstation (ISS) entspricht.

    "Während die ISS nur eine sechsköpfige Mannschaft beherbergen kann, können wir diese Crewstärke auf einen Schlag verdoppeln. In unserer Station können sich zwölf Astronauten ständig aufhalten. Diese Mannschaftsgröße werden wir nach nur vier Starts erreicht haben, im Gegensatz zu den Dutzenden, die nötig waren, um die ISS aufzubauen."

    In vier oder fünf Jahren will Bigelow Aerospace den ersten Sundancer ins All schicken. Seit wenigen Wochen laufen in einem Simulator im US-Bundesstaat Wisconsin die ersten Tests, die das Lebenserhaltungssystem dieser Module durchspielen. Zwei Mitarbeiter der Firma halten sich dafür regelmäßig, aber nicht ständig in einem Eins-zu-Eins-Modell des Sundancers auf und testen beispielsweise die aufbereitete Atemluft, das Wasser-Recycling aus Urin und das Kühlsystem.

    "Wir haben bereits Kunden für unsere Station gewonnen. Dazu gehört beispielsweise die japanische Weltraumbehörde JAXA. Japan ist zwar auch an der ISS beteiligt, darüber hinaus aber daran interessiert, mehr und öfter japanische Astronauten für weniger Geld ins All schicken zu können. Auch andere staatliche und private Einrichtungen sind an der Nutzung unserer Module interessiert."

    Wann genau der erste Sundancer seinen Tanz im All beginnen soll, hängt von den Mannschafts-Transportmöglichkeiten ins All ab. Dabei setzt Bigelow auf eine neue Raumkapsel von Boeing sowie auf die Dragon-Kapsel der Firma SpaceX. Und die Pläne gehen bereits weiter: In einem nächsten Schritt könnte eine Station in der Erdumlaufbahn aufgeblasen, zum Mond geschickt werden und dort als Mond-Basis funktionieren.