Archiv


Auf dem Weg zur Spitzen-Uni

Es geht um viel Geld: Insgesamt 1,9 Milliarden Euro wollen Bund und Länder in den nächsten vier Jahren ausgeben, um besonders gute Forschung an den Universitäten in Deutschland zu fördern. Ein verlockendes Angebot, auf das sich etliche Hochschulen beworben haben - und trotzdem sind viele Rektoren skeptisch.

Von Armin Himmelrath und Britta Mersch |
    Ausfüllhilfe für Anträge zur Exzellenzinitiative: Antragsskizzen für die Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und Forschung an deutschen Hochschulen sollten einen Umfang von 25 Seiten zuzüglich Anhang, Schriftgrad 11 Punkt, einfacher Zeilenabstand, nicht überschreiten.

    Volker Ronge: " Wenn Sie einen Aufsatz einreichen bei einem Journal, da kriegen Sie auch eine Seite Angaben, wie das redaktionell zu machen ist, daran ist ein Wissenschaftler eigentlich gewöhnt, das ist für ihn nicht das Problem."

    Antragsskizzen für Zukunftskonzepte werden in englischer Sprache erbeten. Zusätzlich zur Papierversion in 25-facher Ausfertigung wird die elektronische Fassung in einem word- oder pdf-Format auf CD-ROM erbeten.

    Noch 29 Stunden und neunzehn Minuten. Spätestens bis morgen, Punkt Mitternacht, müssen die ersten Hochschulen ihre Anträge für die so genannte Exzellenzinitiative abgeben. Und es geht um viel Geld: Insgesamt 1,9 Milliarden Euro wollen der Bund und die Länder in den nächsten vier Jahren ausgeben, um besonders gute Forschung an den Universitäten in Deutschland zu fördern.

    Das Geld soll in drei Förderlinien fließen: Da sind zum einen die Graduiertenschulen, in denen Doktoranden besonders gut betreut werden. Der zweite Förderbereich sind die Exzellenzcluster, bei denen sich Fachbereiche und Institute verschiedener Hochschulen zu gemeinsamen Projekten zusammenschließen. Die prestigeträchtigste Säule schließlich sind die so genannten Zukunftskonzepte. Dahinter verbergen sich Fahrpläne einzelner Hochschulen, mit denen sie als Elite-Universitäten in die wissenschaftliche Weltspitze vordringen wollen.

    Die 1,9 Milliarden Euro werden also aufgeteilt und nach unterschiedlichen Kriterien vergeben. Insgesamt sollen rund 80 Projekte gefördert werden: vierzig Graduiertenschulen, dreißig Exzellenzcluster und zehn Elite-Universitäten.

    Das klingt für die von Geldsorgen geplagten Hochschulen erst einmal vielversprechend - und trotzdem sind viele Uni-Rektoren skeptisch. Gerade kleine Hochschulen befürchten, nicht genug vom Förderkuchen abzubekommen. Der Wuppertaler Rektor Volker Ronge ist Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz in Nordrhein-Westfalen. Die Aussicht, eine Million Euro pro Jahr für eine Graduiertenschule mit Doktorandenausbildung ausgeben zu dürfen, findet er zwar verlockend, aber realitätsfern.

    " Da kann man sagen: wie toll, viel Geld! Aber dieses Geld bedeutet umgerechnet, dass beispielsweise wir in einer Graduiertenschule eine Größenordnung von 40 oder 50 Doktoranden haben müssten in diesem Projekt. Dafür müssten wir ein riesiges Gebäude anmieten, denn allein Arbeitszimmer für eine solche Zahl von Doktoranden zu produzieren, das kann eine normale Hochschule überhaupt nicht, und das hat den Effekt, dass natürlich die großen, die auch sozusagen Raumflexibilität haben, sehr viel eher zum Zuge kommen werden. Wir hätten uns eine kleinere lieber gewünscht, und so viel Geld hätten wir gar nicht haben wollen. Aber das gibt jetzt keine Chance."

    Der Wettbewerb, sagt Volker Ronge, richte sich also hauptsächlich an die großen Universitäten, nach der Devise: "Wer hat, dem wird gegeben werden." Kleinere Hochschulen wie die Uni Wuppertal seien von Anfang an fast chancenlos gewesen. Das habe sich schon bei den ersten Vorbesprechungen mit dem zuständigen Landesministerium gezeigt.

    " Wir zum Beispiel sind mit, ich glaube, fünf oder sechs Projekten in die Präsentation gegangen, und haben dann im Gespräch mit dem Ministerium am Ende gesagt: Wir nehmen zwei davon, die haben nach Einschätzung der Bürokratie die besseren Chancen, und lassen alle anderen zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls weg."

    Rückblende. Am Anfang sollte alles ganz einfach sein.

    " Wir müssen dafür Sorge tragen, dass wir auch unter den Bedingungen des Föderalismus möglich machen, dass wir Unis haben, die mit der gesamten Welt mithalten können,"

    verkündete Olaf Scholz, damals Generalsekretär der SPD, während der Neujahrsklausur der SPD-Bundestagsfraktion im Januar 2004 in Weimar. Die Parteispitze taufte ihr Projekt Innovationsoffensive. Das Ziel: die Einrichtung von Eliteuniversitäten. Christoph Matschie, seinerzeit Staatssekretär im SPD-geführten Bundesbildungsministerium:

    " Aus meiner Sicht muss, wer in Zukunft erfolgreich sein will, beides tun, er muss viele breit ausbilden, und er muss auch Eliten bilden, und wir müssen uns stärker darauf konzentrieren, Elite zu fördern, internationale Spitzenleistung hervorzubringen und auch sichtbar zu machen."

    Und zwar mit 1,9 Milliarden Euro für höchstens drei Elite-Universitäten - ein klares Konzept, das die SPD-Spitze da im Januar 2004 vorstellte. Doch dieses Konzept hatte einen Schönheitsfehler. Die SPD und ihr damaliger Regierungspartner im Bund, die Grünen, hatten die Länder nicht mit auf der Rechnung. Und die sind laut Grundgesetz vorrangig für die Hochschulpolitik zuständig. Die Idee, dass die Bundesregierung an den Ländern vorbei drei Elite-Universitäten fördert, war also schlicht illegal.

    Entsprechend verhalten fielen die Reaktionen vieler Landespolitiker in Sachen Elite-Universitäten aus.
    Doris Ahnen, SPD, Kultusministerin in Rheinland-Pfalz

    " Ich bin gegen eine Neugründung auf der grünen Wiese. Ich meine, wir müssen an bestehende Strukturen ansetzen, und wir sollten eben auch an unseren Stärken ansetzen und die stärker herausstellen."

    Peter Frankenberg, CDU, Wissenschaftsminister in Baden-Württemberg

    " Unser gemeinsames Ziel ist es, im Sinne eines verstärkten Wettbewerbes - und die Mittel werden sicherlich vor allen Dingen zur Wettbewerbsanregung dienen - zu einer stärkeren Differenzierung des Hochschulsystems zu kommen."

    Peer Steinbrück, SPD, damals Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen:

    " Es ging in meinen Augen zu Beginn dieser Diskussion zu Beginn des Jahres nicht darum, vier oder fünf Elite-Universitäten zu haben, sondern es ging in Wirklichkeit darum, sind wir in der Lage, uns zu verabreden, gegebenenfalls auch unter Heranziehung internationalen Sachverstandes zwölf bis fünfzehn Exzellenzfelder zu definieren, auf die wir uns dann konzentrieren, um in der Champions League zu spielen. Das ist der eigentlich richtige Ansatz, von dem ich hoffe, dass er auch im Bereich der Hochschulministerinnen und Hochschulminister zusammen mit der zuständigen Bundesministerin nun endlich mal durchgesetzt werden kann."

    Von Anfang an schon gab es also keine Einigkeit zwischen Bund und Ländern. Aus den drei Spitzenhochschulen wurden erst fünf, dann schließlich zehn. Trotzdem interpretierte die damalige Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn den Elitewettbewerb unverdrossen als Erfolgsgeschichte. So wie im April 2004 bei einer Pressekonferenz in Berlin.

    " Ich freue mich sehr, dass ich heute sagen kann, dass die Debatte um Spitzenuniversitäten, die ich Anfang dieses Jahres angestoßen habe, wirklich zu einem guten Ergebnis geführt hat. Dass Bund und Länder sich hier heute verständigt haben zur Förderung von Exzellenz durch Spitzenuniversitäten und ein Netzwerk der Exzellenz im Wissenschaftsbereich abzuschließen."

    Was dann einsetzte, ist ein Paradebeispiel für die Lähmung in der deutschen Bildungspolitik, unter der die Hochschulen seit Jahren leiden. Der Grund: Weil die Zuständigkeiten in diesem Bereich zwischen dem Bund und den Ländern verteilt und häufig auch umstritten sind, gönnten die Länder der rot-grünen Bundesregierung dieses Vorzeigeprojekt nicht. Zudem befürchteten einige Länderfürsten, dass sie leer ausgehen würden: Denn bei bundesweit nur zehn Hochschulen kann die Förderung nicht alle Länder beglücken, zumal sich die aussichtsreichen Universitäten auch noch in wenigen Regionen konzentrieren.

    So wurde das Elite-Projekt im Gezerre zwischen Bund und Ländern nach allen Regeln der föderalen Bildungspolitik zerlegt. Aus der Idee einiger weniger Spitzen-Unis wurden "Exzellenzcluster", "Graduiertenschulen" und vage Formulierungen von "Gesamtstrategien" - je unkonkreter, desto besser. Wortführer des Länderprotests war der hessische CDU-Ministerpräsident Roland Koch. Er setzte seine Zustimmung zum Elitewettbewerb als Faustpfand ein in den Verhandlungen um die Föderalismus-Reform. Kochs Credo. Egal, ob Studiengebühren, Hochschulreformen oder eben der Elitewettbewerb: Wenn es um die Unis geht, soll der Bund nichts mitentscheiden.

    " Die Föderalismus-Kommission diskutiert darüber, aber ich glaube, dass auch in der Föderalismus-Kommission völlig klar ist, es wird keine andere Lösung geben: Die Länder werden nicht zulassen, dass diese Kompetenz auf den Bund übergeht. Wir sind fest davon überzeugt, dass der Wettbewerb der Länder und der Wettbewerb der Universitäten das Richtige ist."

    So ging es mehrfach hin und her: Mehrmals wurde eine Einigung angekündigt, dann stellte sich Roland Koch wieder quer. Mal passte ihm der Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht, mal wollte er zunächst eine Einigung im Föderalismus-Streit abwarten. Dann endlich war es soweit: Im Juni 2005 verkündeten Bund und Länder endlich die Einigung - eineinhalb Jahre nach Beginn der Debatte. Dazu beigetragen hatte möglicherweise auch die Ankündigung einer vorgezogenen Bundestagswahl.

    Von Edelgard Bulmahns ursprünglicher Wettbewerbsidee war nicht mehr viel übrig geblieben. Zehn Elite-Hochschulen, 30 Exzellenznetzwerke, 40 Graduiertenschulen für die Doktorandenausbildung: Die 1,9 Milliarden Euro werden also nicht auf wenige Forschungsstandorte konzentriert, sondern nach dem Gießkannenprinzip quer über die Republik verteilt. Die Länder haben sich also durchgesetzt. Aber zahlen muss die Bundesregierung trotzdem: Insgesamt 1,5 Milliarden Euro stellt der Bund bis Ende 2011 zur Verfügung, nur 400 Millionen Euro kommen von den Ländern.

    Allerdings: An die Hochschulen hatte bei diesem föderalistischen Gezerre niemand gedacht. Nachdem im Juni 2005 die Entscheidung für den Wettbewerb endgültig gefallen war, musste nun alles ganz schnell gehen. Innerhalb weniger Wochen sollten die Unis ihre Teilnahmeabsicht anmelden. Der Wuppertaler Rektor Volker Ronge:

    " Über die Kürze der Fristen jetzt kann man überhaupt nichts sagen, es ist für die Forschung und die Art des Denkens, die dahinter steckt, eine unglaublich unsinnige Art und Weise, so etwas zu machen."

    Trotzdem nahmen die Hochschulen die Herausforderung an. Schließlich geht es um viel Geld. Und auch nach der Voranmeldung blieb der Zeitdruck bestehen: Schon sechs Wochen später mussten die vollständigen Konzepte für alle drei Förderlinien bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Bonn auf dem Tisch liegen.

    " Das eigentliche Schreiben der Anträge, das passiert natürlich jetzt in wenigen Wochen, und ich finde, das passiert in einer der Forschung unangemessenen Art und Weise."

    Und es bleibt kompliziert. Für den Elitewettbewerb haben sich die Verantwortlichen auf ein komplexes, mehrstufiges Verfahren geeinigt. Zunächst gab es ab Juli vergangenen Jahres die schon beschriebene erste Vorrunde für die Bewerbungen, in der die Hochschulen erst ihre Absichtserklärung und dann einen Vorantrag einreichen mussten. Aus diesen Voranträgen wurden im Januar besonders aussichtsreiche Universitäten ausgewählt und dazu aufgefordert, ihre Projekte noch weiter zu konkretisieren. Die Frist dafür läuft morgen Abend um Mitternacht ab.

    Bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft, wo die Anträge gesammelt werden, rechnet man bis zur letzten Minute mit dem Eingang der Bewerbungsschreiben. Am Donnerstag ist die DFG-Geschäftsstelle in Bonn deshalb auch bis Mitternacht geöffnet.

    Parallel zu der morgen zu Ende gehenden Bewerbungswelle startete Anfang April eine zweite Wettbewerbsrunde, ebenfalls mit Absichtserklärungen, Voranträgen und Hauptanträgen. Die Sieger dieser zweiten Runde werden erst im Herbst 2007 feststehen.

    Wie gesagt, ein kompliziertes Verfahren. Für unangemessen hält der Wuppertaler Rektor Volker Ronge jedoch nicht nur diese Rahmenbedingungen des Wettbewerbs. Sein Verdacht: In Wirklichkeit gehe es vor allem darum, dass in dem unübersichtlichen Wettbewerb jedes Bundesland seinen Teil vom Förderpaket abbekomme. Deshalb werde wohl nicht alleine nach der Qualität der Anträge entschieden, sondern auch nach der schematischen Verteilung von Finanzmitteln in Deutschland, wie sie die Bundesländer einst im Staatsvertrag von Königstein verabredet haben. Ronge:

    " Es kommt hinzu, dass die Länder natürlich erwarten, dass hier nicht nur nach Exzellenz begutachtet und ausgewählt wird, sondern dass man im Grunde mit dem berühmten Königsteiner Schlüssel rechnet, wonach eine gewisse Proportionalität der Projekte auf die Länder entfällt."

    Doch dieses Bedenken haben sich - zumindest in der ersten Vorauswahlrunde, deren Ergebnisse im Januar bekannt gegeben wurden - nicht bewahrheitet. Im Gegenteil: Die Auswahl jener zehn Hochschulen, die sich noch bis morgen um eine Förderung als Elite-Universitäten bewerben können, konzentriert sich stark auf Süddeutschland. Sieben der zehn Kandidaten kommen aus Baden-Württemberg und Bayern, dazu noch jeweils eine Uni aus Bremen, Nordrhein-Westfalen und Berlin. Kein Wunder, dass Baden-Württembergs Wissenschaftsminister Peter Frankenberg, CDU, mit dem bisherigen Verlauf des Wettbewerbs äußerst zufrieden ist:

    " Sowohl in der Bewertung als auch in den Ergebnissen kann man sagen, dass hier wirklich schon in der ersten Runde sich eine erste Crème der deutschen Hochschulen herauskristallisiert hat, die nun, wenn die endgültige Entscheidung fällt, die Hälfte von diesen Anträgen dann gefördert werden. Ich glaube, das ist ein Erfolg für das Programm als solches, und da können wir sagen, das war ein Erfolg auch für die Politik, die dieses dann letztlich durchgesetzt hat."

    In anderen Bundesländern herrscht dagegen regelrechte Katerstimmung. Hessen, Sachsen und Rheinland-Pfalz etwa sind in Sachen Elite-Universitäten bisher leer ausgegangen. Ernst-Ludwig Winnacker, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, sieht den Grund dafür in den unterschiedlichen Rahmenbedingungen von Ländern und Universitäten:

    " Dazu gehört nicht nur Geld, dazu gehört auch Langfristigkeit. Es ist anders, ob Sie eine Universität sind, die erst seit zwölf Jahren eine Chance hatte, sich zu qualifizieren oder eine, die eine Tradition hat, wie die Münchener Universitäten, wo in Jahrzehnten die Qualität aufgebaut sind."

    Dass die Rahmenbedingungen in den jeweiligen Bundesländern eine enorme Rolle für die Wettbewerbschancen der einzelnen Hochschulen spielen, bestätigt auch Axel Freimuth, Rektor der Universität in Köln:

    " Das kann zu einem mit Geld zusammen hängen, das hat vielleicht zum anderen auch was zu tun mit der generellen Hochschulförderung, Baden-Württemberg zum Beispiel war sehr zurückhaltend im Bau neuer Universitäten im Gegensatz zu Nordrhein-Westfalen. So wichtig es für Regionen ist, dass man eine dichte Hochschullandschaft hat, man darf auch nicht so viele Hochschulen bauen, dass man sie am Ende nicht mehr finanzieren kann."

    Doch das gute Abschneiden der Süd-Universitäten im Januar bedeutet noch nicht, dass jetzt automatisch die Elite-Auszeichnungen nach Bayern und Baden-Württemberg gehen. Über die heute und morgen abgegebenen Anträge wird nämlich erst im Oktober entschieden. Und erst dann steht endgültig fest, wer sich Elite-Universität nennen darf und wer nicht. Ernst Ludwig Winnacker:

    " Ich bin nach diesem Ergebnis einfach zuversichtlich, dass wir auch im Oktober wirklich die Spitzen rausfinden. Und, ist doch schon mal toll, dass es sie gibt in Deutschland. Ich fühle mich gut (...) und darin bestärkt, dass es tolle Wissenschaft gibt in Deutschland. Das ist doch ein Ergebnis."

    Tolle Wissenschaft in Deutschland, die durch den Elitewettbewerb so richtig zur Geltung kommt. Ein zufriedener Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Ein leistungsorientierter Wettbewerb der deutschen Forscher um 1,9 Milliarden Euro. Es scheint also alles in bester Ordnung zu sein.

    Der bisherige Verlauf des Elitewettbewerbs kann aber auch anders interpretiert werden. Als gezielte Förderung der großen Universitäten nämlich, bei der die kleinen Unis ohne lange Tradition kaum eine Chance haben. Und erst recht keine Chance haben die Fachhochschulen. Warum spielen sie überhaupt keine Rolle, wenn es um Elitewissenschaft in Deutschland geht? Joachim Metzner, Rektor der Fachhochschule Köln:

    " Das haben wir uns natürlich auch gefragt und führen dieses mangelnde Interesse an der Fachhochschularbeit darauf zurück, dass von vorneherein dieses Programm ja abgehoben hat auf Grundlagenforschung, das Wort "Anwendungsbezug" fällt in allen Papieren nicht."

    Anwendungsbezogene Forschung aber ist gerade die Stärke der Fachhochschulen. Und damit, so Metzner, seien die FHs im Grunde genommen von vorneherein chancenlos gewesen:

    " Das heißt, man hat sicherlich auch übersehen, dass hier an den Fachhochschulen eine Forschung in den letzten Jahren und Jahrzehnten entstanden ist, die man sicherlich in den Spitzen auch als exzellent bezeichnen kann, die aber mit anderen Kriterien zu beurteilen ist als die, die der Exzellenzinitiative zugrunde gelegt wurden."


    Dabei hätte es durchaus Chancen für die Beteiligung der Fachhochschulen am Elite-Wettbewerb gegeben. Schließlich gibt es ja auch die Förderung von Exzellenz-Netzwerken, und in diesen Netzwerken wäre durchaus Platz gewesen für die FHs, meint Joachim Metzner:

    " Es ist sicherlich daran gescheitert, dass die Universitäten für sich einen solchen Rückstand, ein solches Defizit in der Forschungsförderung und Unterstützung reklamiert haben, dass man gesagt hat: Erst muss mal da was getan werden, und dann sehen wir weiter."

    Mit anderen Worten: Die Unis haben es vor allem ihrer guten Lobbyarbeit zu verdanken, dass sie nun mit den Geldern aus dem Elitewettbewerb gefördert werden.

    Trotzdem stehen die Universitäten nicht automatisch besser da, meint Axel Freimuth:

    " Ich kann das jetzt als Rektor der Universität Köln auch mal offensiv sagen. Von uns wird gefordert, dass wir innerhalb der Universität Stärken stärken sollen, also das Geld dahin stecken, wo die besten Professoren sitzen, das sollten wir dann vielleicht im Land Nordrhein-Westfalen auch machen und diejenigen unterstützen, die in solchen Wettbewerben zum Beispiel ihre gute Position auch nachweisen. Das stößt natürlich bei den anderen nicht auf Gegenliebe. Aber bitte sehr, auf der anderen Seite wird es von uns verlangt. Und wenn man sich in irgendeiner Weise einem Wettbewerb öffnen möchte im Hochschulsystem, dann muss man auch Gelder in die Richtung fließen lassen, wo die Leute gut sind (...) Aachen müsste sicherlich weiter gut gefördert werden und die anderen, Köln, Bonn, die haben eigentlich auch durchaus vernünftig abgeschnitten. Ich bin natürlich nicht zufrieden, aber ich bin auch nicht unzufrieden. Wir haben immerhin mit einem Exzellenzcluster und eineinhalb Graduiertenschulen stehen wir, was das angeht, hinter Heidelberg überhaupt nicht zurück."

    Die Unis Köln und Heidelberg im direkten Vergleich, die Bundesländer im Süden gegen diejenigen im Norden, die Fachhochschulforschung gegen die Universitätsforschung, Große gegen Kleine - trotz aller Unzufriedenheit scheint es tatsächlich, als habe plötzlich eine ganz neue Lust am Wettbewerb Einzug gehalten in den deutschen Hochschulen.

    Die eine, alles überstrahlende deutsche Elite-Universität, das deutsche Harvard - davon hatten manche geträumt, als die Exzellenzinitiative vor mehr als zwei Jahren auf den Weg gebracht wurde. Doch auch wenn von diesem Ziel so gut wie nichts übrig geblieben ist: Für erhebliche produktive Unruhe in den Universitäten hat der Elitewettbewerb trotzdem gesorgt. Und das kann den deutschen Hochschulen nur gut tun.