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Auf den Spuren der Panspermie

Astrobiologie. - Der Ursprung des irdischen Lebens ist ein strittiges Thema. Eine der Hypothesen nennt sich Panspermie und sie besagt, dass lebendige Zellen mit Kometen aus dem All auf der Erde abgeladen worden seien. Ein europäischer Forschungsballon soll jetzt in der hohen Atmosphäre herausfinden, ob so etwas überhaupt möglich ist.

Von Guido Meyer |
    Die These: Das Leben auf der Erde hat einen außer-irdischen Ursprung. Kometen könnten die ersten Bakterien hierhin gebracht haben. Panspermie nennt sich diese Theorie, wonach der Keim des Lebens durch Kometen oder Meteoriten verbreitet wird.

    "Ein Komet, der sich der Erde nähert, würde in den obersten Schichten der Atmosphäre verglühen. Transportiert er Leben, könnten diese Mikroorganismen überleben und langsam hinunter auf die Erde fallen. Während ihres Abstiegs durchlaufen sie ihren Lebenszyklus, sie reproduzieren sich solange, bis sie die Stratosphäre und die darunter liegende Troposphäre durchquert haben. Wenn sie dann auf dem Boden ankommen, beginnt das Leben auf der Erde."

    Clara Juanes-Vallejo von der britischen Cranfield University leitet im Auftrag der europäischen Weltraumagentur Esa einen Versuch, der die Möglichkeiten der Entstehung von Leben in der Stratosphäre überprüfen soll. Das Experiment: Ein Ballon mit Messinstrumenten wird bis in rund dreißig Kilometer Höhe aufsteigen. Der Ballon selbst hat aufgeblasen einen Durchmesser von rund fünfzehn Metern und ist etwa genauso lang. Etwa fünfzig Meter weiter unten hängt, in einer Gondel, sollen Pumpen Luft ansaugen.

    "Wir wollen Mikroorganismen einfangen. Die Temperaturen in der Stratosphäre liegen bei rund minus neunzig Grad Celsius. Dort herrscht nahezu Vakuum. Es sind extreme Bedingungen. Leben in der Stratosphäre zu finden würde bedeuten, dass die Theorie des Samenimports von außerhalb, aus dem Weltraum, funktioniert und die Erde so den Keim des Lebens erhalten hat."

    Da sich gemäß dieser Theorie die Vielfalt des Lebens dann erst auf der Erde, in den Ozeanen, entwickelt hat, seien in der Stratosphäre keine höher entwickelten Lebensformen zu erwarten, wahrscheinlich nicht einmal mehrzellige Organismen, so Clara Juanes-Vallejo.

    "Wir erwarten maximal Mikroorganismen in Form von Bakterien, vielleicht auch nur als Sporen, die sich erst dann zu Bakterien weiterentwickeln, wenn die Lebensbedingungen besser werden, zum Beispiel auf dem Erdboden. Solange schweben sie herum, ohne dass in diesem Fast-Vakuum-Zustand irgendetwas mit ihnen passieren würde. Irgendwann durchqueren sie dann die Troposphäre, die unterste Schicht der Atmosphäre, werden schließlich von der Erdschwerkraft angezogen und landen auf dem Boden."

    Bleibt die Frage, woher die Forscher wissen, ob mögliche Bakterien in der Stratosphäre wirklich außerirdischen Ursprungs sind und nicht vielleicht Verunreinigungen vom Erdboden, die vom Ballon selbst in die Höhe getragen wurden. Das Team der Cranfield University hat nach eigenen Angaben aber gut geputzt.

    "Die Sammelkammer für die Luft ist eine ultra-saubere, sterile Zone. Wir haben sie in einem Clean Room mit Ganzkörperanzügen zusammengebaut, mit Handschuhen, Mund- und Kopfschutz. Auch der Filter, durch den wir die dünne Luft der Stratosphäre einsaugen, ist in einem solchen Reinraum gebaut worden. Zusätzlich haben wir den Ansaugfilter für 32 Stunden bei 110 Grad Celsius in einem Ofen erhitzt. Wir sind also sicher, alle möglicherweise vorhandenen irdischen Bakterien abgetötet zu haben."

    Von Kiruna in Schweden aus fliegt der Ballon ungefähr fünf Stunden lang. Die Winde tragen ihn dann entweder nach Finnland oder nach Norwegen. Für Russland hat das Team keine Überflugrechte. Sollte der Ballon in russischen Luftraum eindringen, muss er von der Gondel gekappt werden. Diese soll dann binnen maximal zwei Tagen geortet, eingesammelt und per Hubschrauber und Lkw zurück nach Schweden zur Auswertung gebracht werden.