Rasch kann man in den Fallgeschichten "Auf der Flucht mit Mona Lisa", die der kanadische Journalist Andreas Schroeder gesammelt hat, Grundmuster ausmachen. Das paradoxe Gesetz der Überdimensionierung gehört dazu: Je unglaubwürdiger ein Schwindel, desto glaubwürdiger ist er. Kein rechtschaffener Bürger kann sich nämlich vorstellen, daß ein Betrüger mehrere Jahre harter Arbeit investiert, um die Fundamente seines Coups zu legen. Jener James Addison Reavis tat dies genau so wie der im Akkord fälschende Konrad Kujau. Geht die "kriminelle Arbeit" in den Bereich harter, körperlicher Tätigkeiten über wie etwa im Falle von Bankräubern, deren Tunnelbauten noch jedem Bergingenieur Respekt abnötigen, dann avancieren die Täter schnell zu Volkshelden. Sie werden zu umgekehrten Vorzeigekapitalisten, und da sie meist dem Proletariat entstammen, feiert man sie dort als seinesgleichen. Zugegeben, es fällt schwer, den mit planvoller Intelligenz und großem psychologischen Feingefühl operierenden Meistergaunern böse zu sein. Ausnahmslos handelt es sich im vorliegenden Band um Künstler, kreative und phantasiereiche Existenzen, denen eine Sicherheitslücke das bedeutet, was anderen eine Goldgrube ist. Folgerichtig wurde aus dem Scheckbetrüger Frank Abagnale, der die Fluggesellschaft Pan Am um Millionen prellte, ein Sicherheitsberater in der Wirtschaft. Sein einfacher Köpenick-Trick mit falscher Pilotenuniform und nachgedruckter Fluglizenz hätte im Zeitalter der Computervernetzung keine Chance mehr, aber die internationale Hackergemeinde beweist täglich aufs Neue, daß jeder Fortschritt Lücken reißt.
Wer bei Andreas Schroeder den perfekten Kleinbetrug am Zigarettenautomaten verraten kriegt, fühlt sich fast schon animiert ihn, nachzuahmen: Münzattrappen aus Trockeneis. Kaum haben sie das Schubfach freigegeben, sind sie auch schon verdampft. Nein, kein heißer Tip, heutzutage sind Automaten dagegen gefeit. Dennoch muß vor dem Buch uneingeschränkt gewarnt werden: Die Lektüre eröffnet ganz neue Horizonte, vor allem hinsichtlich der Euro-Einführung. Denn wo immer etwas umgestellt, geändert, überschrieben wird, das lehrt die Geschichte, sind Heere von Glücksrittern zur Stelle. Rein kapitalistisch liegen sie auch gar nicht so falsch. Selbst erwischte Betrüger kommen quer durch Zeiten und Länder erstaunlich ungeschoren weg. Nach ein paar Jahren Gefängnis kann so mancher auf einen ruhigen Lebensabend blicken. "Mundus vult decipi" wußte schon ein mittelalterlicher Papst, die Welt will betrogen sein, und fügte an: "ergo decipiatur", also wird es auch geschehen. Ein unfehlbarer Satz.