Archiv


Auf der Kurzstrecke zum Mars

Raumfahrt. - Im russischen Raumfahrtzentrum Baikonur läuft derzeit der Countdown für die erste europäische Weltraummission, die auf einem anderen Himmelskörper landen soll. Dabei macht sich das Vorhaben zunutze, dass der Abstand zum roten Bruderplaneten so gering ist wie selten. Erreicht ''Mars Express'' gegen Weihnachten sein Ziel und gelingt die Landung des Erkundungsgeräts ''Beagle 2'', dann werden die Messinstrumente vor allem nach Wasser und Leben auf dem Mars fahnden.

    Die Planeten stehen gut für "Mars Express", denn die Entfernung zwischen Erde und Mars ist derzeit mit knapp 56 Millionen Kilometern so gering wie seit etwa 15 Jahren nicht mehr. Geht alles gut, dann wird Europas Pfadfinder zwischen den Sternen bereits gegen Weihnachten sein Ziel erreichen und hoffentlich erfolgreich sein Landemodul "Beagle 2" absetzen. Der Name des Landers ist indes keine Anspielung auf etwa einen vierbeinigen Roboter, sondern sucht den historischen Vergleich mit jenem Gefährt, das Charles Darwin vor rund 150 Jahren in neue Welten trug, um den Ursprung der Arten zu ergründen. So wäre denn auch der größte Erfolg der gerade 60 Zentimeter messenden Landeschüssel, würde sie tatsächlich außerirdisches Leben – aktuelles oder vergangenes – nachweisen können. Weil solches aber nicht notwendigerweise über die rote Oberfläche laufen muss, trägt "Beagle 2" einen kuriosen Bohrer, mit dem die Wissenschaftler unter die Haut des Mars blicken wollen. "Der Bohrer befindet sich am Ende des Greifarms, wo verschiedene Geräte montiert sind. Weil er einer Tierpfote ähnelt, trägt er den Namen PAW – Kralle. Die genaue Bezeichnung lautet aber Position Adjustable Workbench", erklärt Projektleiter Lutz Richter, am Institut für Raumsimulation des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR)==>http:///www.dlr.de) zuständig für dieses Experiment.

    Allerdings ist die Kralle weniger ein Bohrer als eher ein Hammer. Angetrieben wird sie durch einen Impulsbolzen, der von zwei Federn an beiden Enden hin- und hergeschossen wird, erläutert Richter: "Wie ein Maulwurf hämmert sich der ungefähr 30 Zentimeter lange Eindringkörper selbst in den Boden." Eilig hat es PAW dabei nicht – nach ein bis zwei Stunden, so hoffen die Kölner Forscher, wird er rund einen Meter tief in den Sandboden des Mars vorgedrungen sein. Möglicherweise ruht dort, was die Vorgänger von Mars Express und Beagle - darunter etwa die Viking-Sonden – an der Oberfläche vergeblich suchten: der Hinweis auf Leben. Möglicherweise habe man bislang an den falschen Orten geschaut, meint Michael Meyer von der Abteilung für die Erforschung des Sonnensystems der NASA: "Ein trockenes Flussbett mag zwar so aussehen, als ob es dort einst Leben gegeben haben könnte. Das heißt aber nicht, dass man die Beweise heute noch dort findet. Sie können durch Erosion oder Gesteinsumwälzungen heute ganz woanders liegen." Daher liege es näher, dort zu suchen, wo Hinweise auf Leben am ehesten hätten überdauern können. An der Universität Mainz wurde ein weiteres Kernelement von Beagle 2 entwickelt: das Massenspektrometer wird den Sand des Mars auf seinen Eisengehalt untersuchen, um über diese Informationen mehr zur Entstehung und innere Struktur des Bruderplaneten zu erfahren. Schließlich wirft das französische UV-Spektrometer "SPICAM" einen Blick an den Himmel und misst Wasserdampf und Ozongehalt der Atmosphäre. "

    Die ESA ist nicht die einzige Raumfahrtorganisation, die den geringen Abstand zum geheimnisvollen Nachbarn nutzt. So wird die US-Raumfahrtagentur NASA im nächsten Monat zwei neue Mars-Rover auf die Reise schicken. Die Vehikel ähneln dem Erfolgsmodell von "Pathfinder", fallen allerdings größer aus. Doch auch andere Planeten bleiben für die Europäer interessant. In zwei Jahren soll nach dem Vorbild von Mars Express eine Sonde zur Venus aufbrechen und die heißblütige Schwester der Erde genau inspizieren.

    [Quelle: Guido Meyer]