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Auf der Suche nach Antimaterie

Raumfahrt. - Am 19. April soll ein letztes Mal die amerikanische Raumfähre Endeavour starten, wie immer mit dem Ziel Internationale Raumstation. Und wie immer kommt sie nicht ohne Mitbringsel: In der Ladebucht des Space Shuttles verankern der Techniker der US-Raumfahrtbehörde Nasa in diesen Tagen die Hauptnutzlast dieses vorletzten Fähren-Fluges: einen Spektrographen, der Antimaterie und Dunkle Materie im Weltall aufspüren soll.

Von Guido Meyer | 31.03.2011
    Mitte März wurde die Raumfähre Endeavour ein letztes Mal zur Startrampe gerollt. Seitdem wartet das Space Shuttle darauf, beladen zu werden. Denn die Nutzlast für die Mission STS-134 befindet sich noch einige Kilometer weiter am Kennedy Space Center – und zwar in der International Space Station Processing Facility, einer Art Abfertigungshalle für die Hardware, die zur Internationalen Raumstation (ISS) geflogen werden soll.

    Reges Treiben im Innern – Techniker in weißen Kitteln, mit Mundschutz, Handschuhen und Kopfbedeckung. Es soll steril zugehen in dieser Halle, die fast so groß ist wie ein Fußballfeld. Für die einzelnen Elemente der ISS ist sie der letzte Zwischenstopp auf der Erde, bevor die Teile in der Ladebucht einer Raumfähre verankert und ins All geschossen werden. Es ist leer geworden in der Halle, nach mehr als zehn Jahren Aufbauarbeit an der ISS. Alles muss raus. Nur noch ein Versorgungscontainer für die letzte Shuttle-Mission im Juni steht hier – und das Experiment, dass die Endeavour im April zur Raumstation transportieren soll.

    "Wir sind hier in der Vorbereitungshalle für die Space-Shuttle-Instrumente. Und wir stehen hier vor dem AMS-Experiment. AMS steht für Antimatter Magnet Spectrometer, also ein Antimaterie-Magnet-Spektrometer."

    Klaus Lübelsmeyer ist der ehemalige Direktor des ersten Physikalischen Instituts der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. Die RWTH ist maßgeblich beteiligt an Entwicklung und Bau dieses Experiments. Das Antimaterie oder Alpha Magnetic Spectrometer ist im wesentlichen eine große silberweiße Tonne, in der mehrere Menschen stehend Platz fänden.

    "Den Magneten hat man sich vorzustellen als ein großes Fass. Und das Fass ist quasi nach oben offen. Das ist zwar abgedeckt durch einige weitere, dünne Detektoren, die aber den Teilchenfluss in dieses Fass hinein nicht stören. Und die Teilchen kommen aus dem Weltall praktisch in dieses Fass hinein und werden dort durch verschiedene andere Detektoren sortiert und vermessen."

    Astrophysiker hoffen, dass ihnen mit dem AMS endlich Antimaterie in die Falle geht, das heißt: in das "Fass" AMS fällt und dort nachgewiesen wird. Denn eine der Theorien zur Erklärung der fehlenden Antimaterie im Kosmos besagt, dass sie bei der Entstehung des Weltalls durch Kollision mit Materie komplett vernichtet wurde. Stimmt dieses Denkmodell und damit die Große Vereinheitlichte Theorie, wonach alle physikalischen Kräfte früher eins waren, müsste es jedoch im Weltall magnetische Monopole geben. Lübelsmeyer:

    "Das Nichtvorhandensein von Antimaterie, da kann man gewisse experimentelle Forderungen stellen, und die sind also als negativ nachgewiesen worden. Zum Beispiel magnetische Monopole sind bislang nicht gefunden worden. Wir nehmen eigentlich an, dass Antimaterie existiert, und haben die besten Chancen, sie nachzuweisen. Sollten wir mit diesem Experiment in diesen 18 Jahren keine Antimaterie nachweisen, dann haben sicherlich gewisse Ursprungsforderungen oder –voraussetzungen der Physik gewisse Schwierigkeiten, und dann muss man darüber sehr tief nachdenken."

    Derzeit wird das AMS in der Montagehalle am Kennedy Space Center letzten Tests unterzogen, zum Beispiel daraufhin überprüft, ob die Datenübertragung zwischen dem Spektrometer und der Bodenkontrolle in Houston funktioniert. Jack Keifenheim, Projekt-Ingenieur für das Alpha Magnetic Spectrometer.

    "Wir haben das AMS jetzt ein letztes Mal hochgefahren. Danach werden wir es in einer benachbarten Halle aus der horizontalen in eine vertikale Position bringen und das Instrument in seinen Transportkanister verladen. Diesen rollen wir dann zur Startrampe, wo wir das AMS aus dem Kanister in die Ladebucht der Endeavour heben. Dann schließen wir ein letztes Mal die Shuttle-Türen und starten hoffentlich am 19. April."