Archiv


Auf der Suche nach ET's Heimat

Astronomie. - 1995 fanden Astronomen den ersten Planeten, der nicht um unsere Sonne, sondern um einen anderen Stern kreist. Seitdem ist eine ganze Reihe von so genannten extrasolaren Planeten entdeckt worden, wobei das Wort "entdeckt" zugegebenermaßen etwas übertrieben ist, denn so richtig sehen wie kann man sie bis heute nicht.

Monika Seynsche im Gespräch mit Thomas Henning |
    Es ist etwa so, als würden Sie ein Glühwürmchen suchen, das vor einem Flutlicht herum fliegt - die Sterne leuchten einfach zu stark, als dass man extrasolare Planeten direkt erkennen könnte. Deshalb können die Forscher bisher nur auf einen Planeten schließen, wenn sie einen Stern sehen, der sich sonderbar benimmt, also zum Beispiel leicht von seiner Bahn abgelenkt wird oder ein bisschen heller als normal beleuchtet. Einer von denen, die nach solchen extrasolaren Planeten suchen, ist Thomas Henning vom Max-Planck-Institut für Astronomie.

    Monika Seynsche: Herr Henning, was ist so spannend an diesen Planeten?

    Thomas Henning: Ich glaube, dass es jeden interessiert, ob es Leben außerhalb unseres Planetensystems gibt, oder zumindest Leben außerhalb unserer Erde. Der erste Schritt dorthin ist, überhaupt nachzuweisen, ob es andere Planetensysteme gibt. Das ist ein alter Traum der Menschheit und wenn man sich überlegt, dass wir erst seit zehn Jahren wissen, dass es solche extrasolaren Planeten gibt, und gerade dabei sind, einige ihrer wesentlichen Eigenschaften wie etwa ihre Masse zu bestimmen, dann finde ich das ein sehr aufregendes Forschungsthema.

    Seynsche: Wenn Sie sagen, es müsste Leben auf diesen Planeten geben, dann müssen die ja auch in einer bestimmten Entfernung von dem Stern sein. Wie untersuchen Sie so etwas denn?

    Henning: Die Planeten, die wir bisher entdeckt haben, auf denen gibt es vermutlich kein Leben, denn sie sind entweder zu nah dran oder sind viel zu massereich. Der nächste Schritt wäre, erdähnliche Planeten zu finden. Soweit sind wir noch nicht, aber das ist das Ziel der Forschung. Aber Sie haben vollkommen recht, selbst wenn die Masse stimmt, muss auch die Entfernung richtig sein. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, die Erde würde sich nicht auf einer Kreisbahn bewegen, sondern einmal sehr nahe an die Sonne kommen und einmal sehr weit weggehen. Dann würde sie sich wahrscheinlich verbrennen, wenn wir zu nah an die Sonne kommen, beziehungsweise das Leben, dem würde es etwas zu heiß werden.

    Seynsche: Sie versuchen ja, richtige Bilder von solchen extrasolaren Planeten zu finden. Wie macht man das, wie kann ich mir das vorstellen?

    Henning: Das Riesenproblem auf der Erde ist natürlich die Atmosphäre. Das Licht des Planeten und des Sterns kommen beide durch die Atmosphäre, und die Turbulenzen in der Atmosphäre, die Unruhe in der Atmosphäre führt zu einem Wackeln des Sternenlichts. Dieses Wackeln verdeckt dann den eigentlichen Planeten, den wir suchen wollen. Wenn man sich überlegt, dass der Kontrast des Lichtes zwischen dem Stern und dem Planeten ganz gering ist, Sie haben vorhin schon von dem Glühwürmchen geredet, dann kann man sich vorstellen, dass wenn der Heuhaufen auch noch hin und her wackelt vor dem Glühwürmchen - und das tut der Stern - dass man dann den Planeten nicht entdecken kann. Deshalb versuchen die Astronomen, auf dem Boden die Atmosphäre auszuschalten, zum Beispiel mit Mitteln der adaptiven Optik - oder man geht in den Weltraum.

    Seynsche: In Ihrer Session heute geht es ja auch um viele Verfahren, die in der Zukunft angewendet werden sollen. Worum geht es dabei?

    Henning: Bisher hat im Wesentlichen nur das Wackeln, das heißt die Änderung der Radialgeschwindigkeit des Sterns, zur Entdeckung von Planeten geführt. Man hat auch Transits verwendet, also Sie haben vielleicht alle von dem Venus-Transit gehört - im Planetensystem funktioniert das ja offensichtlich. Man hat einige Planeten entdeckt mit Transits unterdessen. Was wir wollen, ist auch das Wackeln des Sterns durch den Planeten im Ort zu entdecken, man nennt das Astrometrie. Aber wir wollen auch den Planeten direkt sehen, das Licht des Planeten. Das kann man entweder im Weltraum mit zum Beispiel dem James-Webb-Teleskop, was in etwa zehn Jahren gestartet wird. Aber das kann man auch auf der Erde versuchen mit sehr großen Teleskopen. Die nächste Generation optischer Teleskope wird noch einmal einen Sprung machen: gegenwärtig sind wir bei Zehn-Meter-Teleskopen, man wird irgendwann bei 50-Meter-Teleskopen sein, und dann die adaptive Optik und diese Teleskope zusammen können dann tatsächlich dazu führen, dass wir das Licht dieser Planeten direkt sehen.

    Seynsche: Und was haben Sie davon, wenn sie das Licht direkt sehen - was sagt Ihnen dieses Licht?

    Henning: Bisher ist es so, wir können eigentlich nur die Masse bestimmen. Wenn man es genau sieht, liefert die Radialgeschwindigkeitsmethode sogar nur eine untere Grenze für die Masse. Wenn wir das Licht analysieren können, können wir etwas darüber sagen, was sich in der Atmosphäre abspielt, also so ähnlich wie man das auch bei der Erdatmosphäre macht. Man durchleuchtet sie und versucht dann, ihre Bestandteile zu entdecken, wie viel Ozon gibt es, gibt es Wasserdampf? Das heißt wenn wir an das Licht der Planeten herankommen, dann können wir etwas lernen über die Atmosphäre der Planeten zum Beispiel.

    Seynsche: Jetzt ist die ESOF eine sehr breit gefächerte Tagung. Warum sind Sie hier?

    Henning: Ich erhoffe mir selbst, dass natürlich gesehen wird, dass Naturwissenschaften auch in den Grundlagenbereichen wichtige Impulse für unsere Gesellschaft geben und dass man erkennt, dass man Forschung auf breiter Basis unterstützen muss, damit die Besten - die Talente - dann studieren, dass sie ausgebildet werden und später dazu beitragen, entweder in der Wissenschaft oder auch in der Volkswirtschaft wesentliche Beiträge zu leisten.