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Auf die Ameisen folgt nun der "Shrek"

Die Vision vom schauspielerlosen Film nimmt immer mehr Konturen an: Nachdem schon in "Ants" die Hauptdarsteller rein digitale Ameisen waren, unternehmen derzeit mit "Shrek" US-Künstler den Versuch, mit technischen Mitteln menschliche Figuren realitätsnah zu imitieren. Dabei liefern echte Schauspieler über spezielle Eingabegeräte die Vorlagen für Bewegung und Mimik der Computer-Kreaturen.

Armin Amler |
    Die größte technische Herausforderung stellten sich die Schöpfer dieses Hollywood-Filmes selbst und freiwillig: "Shrek" ist das erste Produkt mit totaler Computer-Animation, in dem Menschen die Hauptrollen einnehmen. Wie es Raman Hui, der Chef-Animator ausdrückte: "Shrek" ist tatsächlich ein Menschenfresser- hat aber dennoch Emotionen, die niemandem von uns verborgen sind. "Wir kombinierten dabei die Grundlagen menschlicher Mimik mit einer anatomisch korrekten Bewegungssimulation. Dabei werden sogar individuelle Züge bei der Lippenbewegung berücksichtigt", erklärt Produzent Aaron Warner. Dabei kamen die Macher von "Shrek" der Grenze des Machbaren sehr nahe, als etwa die Animation darstellen musste, wie die Figur ein Gefühl verbirgt und dabei seine Aussagen im Widerspruch zu seinen Gedanken standen. Um solche Probleme zu lösen, ersannen die Experten von Steven Spielbergs Dreamworks-Filmproduktion ein eigenes, patentiertes System, mit dem sich am Computer enorme Ausdrucksformen in die Gesichter der animierten Darsteller zaubern lassen. Der Animator wird dadurch praktisch selbst zum Schauspieler. "Die Ergebnisse waren so fotorealistisch, dass wir die Figur nachträglich etwas abändern mussten, damit sie wieder in die Umgebung der Techno-Märchenwelt passte", sagt Max Brown von Dreamworks-Productions. Die Spezialeffekt-Künstler gingen quasi den umgekehrten Weg von Anatomen und rekonstruierten etwa einen Schädel zunächst aus der knöchernen Form und legten anschließend Muskeln, Fettpolsterchen bis hin zur Haut mit ihren charakteristischen Falten darüber.

    Das Verfahren reicht weit über die Probleme der Darstellung von Sprech-Phonemen und Lippensynchronisation hinaus. Zahlreiche Parameter bestimmen mit unterschiedlichen Prozentsätzen die Ausprägung der langen Ketten an Ausführungs-Befehlen und erzielen so einen Detailreichtum, die selbst im immer anspruchsvoller werdenden Geschäft der Computer-Animation bisher ihresgleichen sucht. Die menschlichen und beinahe menschlichen Charaktere in dem Film stammen dabei allein aus der Hand des technischen Direktors. Er kreiert jene Systeme, mit Hilfe derer die einzelnen Animatoren den Figuren ihr Leben einhauchen. Per Tastendruck kontrollieren die digitalen Marionettenspieler ein statisches Modell des individuellen animierten Charakters und erzeugen die einzelnen Bewegungen des Skeletts, die sich dann später in der Bewegung des animierten Gesichts und Körpers manifestieren. Die Modelle verändern ihre Gestalt von Einzelbild zu Einzelbild und erreichen so eine sanfte und flüssige Bewegung. Selbst die kompliziertesten Ausdrücke des Gesichts sind damit absolut kein unlösbares Problem mehr.

    Mit "Shrek" leistet Dreamworks Pionierarbeit, der noch zahlreiche Produkte folgen werden. Ob damit allerdings nicht auch eine Büchse der Pandora eröffnet wird zu einer Welt, in der von Fernsehshows bis zu Nachrichtensendungen alles vom Computer generiert werden kann, bleibt abzuwarten. Wie weit die Möglichkeiten heute bereits gediehen sind, unterstreicht "Shrek" jedenfalls eindrucksvoll.