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Auf die Finger geschaut

Die hierzulande geplante Einführung von biometrischen Merkmalen in Ausweisen wird wegen mangelhafter Zuverlässigkeit heftig kritisiert. In den USA entwickelten Forscher jetzt aber eine Methode, die digitale Fingerabdrücke wesentlich sicherer macht.

Von Klaus Herbst |
    Die neue Software, die aus drei Hauptkomponenten besteht, detektiert die Fingerabdrücke für den Datenabgleich mit der so genannten "Watchlist", einer Datenbank mit unerwünschten und als kriminell verdächtigten Einreisesuchenden. Der Sicherheitsexperte Lawrence Wein von der Stanford University:
    "Das zurzeit beim US-Visa-Programm verwendete biometrische Erkennungssystem arbeitet nicht so gut, wie die US-Regierung glauben machen will. Es funktioniert keineswegs mit 96 Prozent Genauigkeit. Wenn man die Bildqualität nach den tatsächlich erreichten Qualitätsniveaus untergliedert, dann finden wir verschiedene Skalierungen. Zehn Prozent der Personen, die laut "Watchlist" gesucht werden, erreichen nur die schlechteste von acht Erkennungsstufen. Diese Personen werden nur zu rund fünfzig Prozent detektiert - da könnte man genauso gut eine Münze werfen!"

    Die US-Sicherheitstechnologen setzen weiterhin vor allem auf das Einscannen der Fingerabdrücke. Konzipierte größere Endgeräte erfassen mehr als zwei Finger wie bisher üblich. Sie verbessern damit die ungenügende Erkennungsrate, ohne Kosten und Wartezeiten explodieren zu lassen.

    "Anstatt zwei Fingerabdrücke einzuscannen, bekommen wir mit den Fingerabdrücken beider Hände ausreichend Informationen, um alle Personen zu identifizieren – auch Menschen, bei denen die Fingerkuppen abgetragen sind. Aus Veranlagung, altersbedingt, aufgrund von harter Handarbeit und auch absichtlich können Fingerkuppen abgeschliffen werden. Mit dem Zehnfingersystem erreichen wir eine Erkennungsrate von 95 Prozent. Das Personal an den Grenzen müsste nicht aufgestockt werden und die Zahl falscher Alarme würde nicht gesteigert. "

    Nur wenn der Scanner entdeckt, dass das Bild verschwommen ist, da die Daten nicht ausreichen, werden beide Hände komplett geprüft. Ergänzt wird das System durch zwei weitere neue Softwarelösungen im Hintergrund: Eine analysiert das Verhalten der Menschen mit den Methoden der Spieltheorie. Der Rechner unterstellt also automatisch böse Absichten der Einreisenden und wehrt sich dagegen, ausgetrickst zu werden. Die andere Lösung wendet aus der Stauforschung bekannte Methoden an, damit die Warteschlangen nicht noch länger werden, die schon jetzt viele Reisende abschrecken. Die in Deutschland favorisierte Gesichtserkennung spielt weiterhin nur eine Nebenrolle, ganz egal ob zwei- und dreidimensional. Für völlig unpopulär hält der US-Sicherheitsforscher die Spiegelung von Augeniris und Netzhaut.

    "Ich glaube, die Öffentlichkeit ist auf die augenbasierten Systeme nicht vorbereitet. Man ist dazu nicht bereit und fürchtet, dass Iris- und Retinadetektion die Privatsphäre verletzen. Automatische Gesichtserkennung wäre wohl akzeptabler, aber wir setzen auf einen neuen, besseren Algorithmus für die Fingerabdruckerkennung, der gerade entwickelt wird. Die neue Software ist noch nicht an den Grenzen zum Einsatz gekommen, aber wir kennen technische Daten des neuen Systems. "

    Lawrence Wein will die ausgiebig verbesserte Software mit dem erweiterten Scanner in den kommenden Wochen den politischen Entscheidungsträgern in Washington erklären und schmackhaft machen. Er ist Autor mehrerer einflussreicher Veröffentlichungen zum Thema Sicherheit und Bioterrorismus.