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Auf Erfolgskurs trotz Piraten

Die Auftragsbücher waren voll. Die Schiffe immer gut beladen. Und trotzdem war 2011 ein schwieriges Jahr für die deutschen Reeder. Eine hohe Auslastung ist eben nicht alles. Eines der größten Probleme: Piraten.

Von Verena Herb |
    Die deutsche Schifffahrt steckt nicht in solch einer Krise wie 2009, sagt Michael Behrendt, Präsident des Verbandes Deutscher Reeder, doch 2011 war für die Branche ein schwieriges Jahr.

    "Das Jahr hat sich schlechter entwickelt, als wir es erwartet hatten. Wir hatten alle ein Rekordjahr 2010. Und wir sind in diesem Jahr auch ursächlich durch einen teilweise ruinösen Wettbewerb einzelner Marktteilnehmer in eine schwierige Situation geraten."

    Was Michael Behrend so diplomatisch versucht anzudeuten: Große Reedereien drücken die Frachtraten, häufig zu Lasten der eigenen Rendite. Einzig, um sich künftige Marktanteile zu sichern. So ist die sogenannte Spotrate für die Verschiffung eines Containers von Shanghai nach Europa nach Angabe der deutschen Logistik-Zeitung beispielsweise in der letzten Septemberwoche auf 734 Dollar gesunken. Anfang des Jahres lag der Preis noch bei 1381 Dollar. Das sei angesichts der hohen Auslastung der Schiffe und stabiler Ladungsmengen schwer nachvollziehbar, so VDR-Präsident Michael Behrendt:

    "Das ist irrational. Das ist leider das Typische für diese Branche, dass irrationale Entscheidungen getroffen werden."

    Dennoch: Die Rahmenbedingungen für die Schifffahrt sind nach wie vor gut: Die Weltwirtschaft wächst, somit der Welthandel und damit die Schifffahrt. Auch Deutschland werde davon profitieren.

    "Wir erwarten ein Marktwachstum von sechs bis sieben Prozent. Ich wüsste kaum Industrien, die in einem so starken Volumen wachsen. Und das müsste auch dazu führen, dass auf der Ratenseite auch wieder Stabilität eintritt."

    Doch neben den wirtschaftlichen Entwicklungen sehen sich die Reeder vor allem mit dem Problem der Piraterie konfrontiert. Vergangene Woche haben Bundesregierung und Parlament einer Verlängerung des europäischen Anti-Piraten-Einsatzes "Atlanta" zugestimmt, was die deutsche Schifffahrt überaus begrüßt und wofür sie auch dankbar ist, macht der VDR deutlich. Doch das alleine reicht nicht. Die Schiffe müssen sich selbst schützen können:

    "Das heißt, wie müssen bewaffnete Sicherheitskräfte an Bord haben. Bloß: Wir wollen nicht irgendwelche Sicherheitskräfte an Bord haben, sondern wir wollen gut geschulte, international zertifizierte. Dafür muss die Bundesregierung einen Beschluss fassen, nämlich dieses Zertifizierungsverfahren. Alle sind dafür, bloß dass das Dafür-Sein noch nicht in einen Beschluss umgesetzt ist und hier mahnen wir wirklich unverzüglich einen Beschluss an. Weil hier geht es um das Leben von Menschen."

    Ralf Nagel, Hauptgeschäftsführer des Reederverbandes unterstreicht nochmals die Bedeutung dieser Entscheidung. Zumal die europäischen Nachbarn dort schon längst weiter sind:

    "Die Norweger haben so was, die Dänen haben so was, die Briten sind kurz davor, es einzuführen. Die Griechen haben trotz all der anderen Probleme, die dieses Land ja im Moment hat, es auch geschafft. Also: es wird schon höchste Zeit, dass wir unsere Effizienz in Sachen Gesetzgebung auch an der Stelle auch endlich beweisen."

    Nach Aussage des VDR finden in der übernächsten Woche erneut Gespräche statt: Ein Abkommen noch vor Weihnachten scheint nicht ausgeschlossen.