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Auf höhere Ernteerträge programmiert

Biologie. - Weil grüne Pflanzen Kohlendioxid aus der Luft aufnehmen und daraus Zuckerverbindungen herstellen, wirkt ein Überschuss an Kohlendioxid wie ein Dünger. US-Forscher sahen sich jetzt genau an, wie Pflanzen auf den Klimawandel reagieren und wie Ernteerträge in Zukunft ausfallen könnten.

Von Volker Mrasek | 09.02.2009
    Die Forscher aus Illinois verpflanzten Sojabohnen gewissermaßen in die Zukunft. Zwei Jahre lang ließen sie die Hülsenfrüchte bei einer erhöhten Kohlendioxid-Konzentration wachsen. Sie lag 40 Prozent über dem heutigen Wert. Bedingungen, wie sie in 50 Jahren herrschen könnten. Doch die Biologen beließen es nicht bei einem bloßen Feldversuch. Sie untersuchten ihre Testpflanzen auch im Detail. Andrew Leakey, Assistenzprofessor für Botanik an der Universität von Illinois in Urbana und Erstautor der neuen Studie:

    "Im Unterschied zu bisherigen Studien haben wir das Genom der Sojabohnen untersucht, mit einer Technologie, die es erlaubt, die Aktivität von Zehntausenden Genen gleichzeitig zu messen. Außerdem haben wir die Gasflüsse bei der Atmung der Pflanzen erfasst, wenn sie Sauerstoff aufnehmen und Kohlendioxid abgeben. Dabei zeigte sich: Mehr als 90 Gene, die mit der Atmungsmaschinerie zu tun haben, wurden verstärkt angeschaltet und die Respirationsrate nahm um mehr als ein Drittel zu. Man kann sagen: Die Pflanzen programmierten ihren Stoffwechsel um."

    Daraus lässt sich schließen: Eine Ackerpflanze wie die Sojabohne betreibt nicht nur mehr Photosynthese und produziert mehr Zucker, wenn das Kohlendioxid-Angebot erhöht ist. Auch die nächtliche Atmung wird intensiviert, so dass sich die Zuckerverbindungen nicht einfach in den Blättern anhäufen, sondern weiterverarbeitet und in andere Pflanzenteile transportiert werden können.

    "Es reicht nicht, sich nur die Photosynthese-Leistung anzuschauen. Was würde es nutzen, wenn eine Ackerpflanze bloß mehr Zucker in ihren Blättern anreicherte? Wichtig für den Ernteertrag ist, dass die Pflanze zusätzliche Energie aufbringen kann, um den Zucker in Samen oder Knollen zu transportieren. Und das geschieht durch die Atmung. Es ist wie mit einer Fabrik. Es bringt nicht viel, die Produktion zu steigern, solange man die Güter nicht zu den Kunden liefert."

    Zumindest für die Sojabohne glauben die Biologen nun sagen zu können, dass sie ihre Erträge steigert, wenn die Kohlendioxid-Konzentration der Atmosphäre weiter zunimmt. Allerdings gebe es noch andere Faktoren, die man nicht übersehen dürfe, wie Andrew Leakey betont:

    "In unserem Kohlendioxid-Experiment ging der Ertrag um 15 Prozent nach oben. Aber ich wäre vorsichtig damit, dieses Ergebnis auf andere Agrarpflanzen zu übertragen. Die Sojabohne ist ein Hülsenfrüchtler und unterscheidet sich in ihrem Stoffwechsel von den drei anderen großen Kulturpflanzen Reis, Mais und Weizen. Mit ihnen müsste man ähnliche Versuche machen. Außerdem sprechen wir hier nur über den Kohlendioxid-Effekt. Durch den Klimawandel werden aber auch die Temperaturen steigen und Niederschläge anders verteilt. Das wiederum mindert den Ernteertrag."

    Welcher Effekt überwiegt, kann heute noch niemand sagen. Auf jeden Fall sollten Feldversuche mit weiteren Ackerpflanzen jetzt Priorität haben, meinen Leakey und seine Kollegen. Es müsse zunächst einmal geklärt werden, ob auch Weizen, Mais und andere bedeutende Getreidesorten ihren Stoffwechsel so umprogrammieren, dass mehr Kohlendioxid in Zukunft höhere Erträge erwarten lässt. Und wenn das so ist - ob es auch dann noch gilt, wenn Hitze- und Trockenstress für die Pflanzen zunehmen.