Der Winter war für die europäischen Skigebiete ein Reinfall. Genügend Schnee vom Himmel gab es nur in den höchsten Lagen. Wenn überhaupt jemand Skilaufen konnte, dann meist nur mit Hilfe der Eiskristalle aus den Schneekanonen – falls es nicht auch dafür zu warm war. Winter wie der vergangene könnten – angesichts der globalen Klimaerwärmung – bald öfter vorkommen, so dass viele Alpenkommunen und Skipistenbetreiber über millionenschwere Investitionen in neue Schneekanonen nachdenken:
"Das Ausmaß der Beschneiung wird stark zunehmen. Wenn man rein ökonomisch argumentiert, haben wir quasi den Fall, dass eine flächige Beschneiung, fast 100 Prozent Beschneiung angestrebt wird. Nicht ganz 100 Prozent, aber 80 oder 90 Prozent, nur dann kann man gewährleisten, Temperaturen vorausgesetzt, dass der Saisonstart Anfang Dezember auch wirklich garantiert werden kann."
Christian Rixen ist Biologe am Schweizer Institut für Schnee- und Lawinenforschung in Davos. In manchen Gegenden, etwa in Südtirol, ginge ohne Schneekanonen schon heute auf rund 90 Prozent der Pisten nichts mehr. Zwar erklären viele Gemeinden und Betreiber, dass der Kunstschnee keine Auswirkungen auf die Umwelt und die Wasserressourcen habe, aber:
"Die Behauptung, dass es keine Auswirkungen gibt, steht eigentlich auf tönernen Beinen, weil wir als Wissenschaftler viel zu wenige Messungen haben. Es gibt einen dringenden Forschungsbedarf in die Richtung."
Carmen de Jong vom Hochgebirgsinstitut der Universität von Savoyen in Chambéry. Das Wasser für die Schneekanonen kommt meist aus großen Rückhaltebecken. An diese inzwischen oft recht großen künstlichen Seen würden nicht die gleichen Sicherheitsmaßstäbe wie an Staudämme gelegt, warnt die Wasserwirtschaftlerin:
"Mittlerweile sind es, das sind jetzt Schätzungen, 95 Millionen Kubikmeter Wasser, die jährlich für Kunstschnee benutzt werden. Diese 95 Millionen Kubikmeter Wasser sind so viel wie die jährliche Nutzung einer Stadt mit circa 1,5 Millionen Einwohnern. Meine Schätzungen würden darauf hindeuten, dass zirka 30 Prozent von diesem Wasser verloren geht, durch entweder Sublimation, die direkte Verwandlung von Schnee in Gasform, oder dass eben der Kunstschnee, der schmilzt, direkt verdunstet."
Die französischen Wasserbehörden gehen sogar von 50 Prozent aus. Allein das zeigt, wie groß die Unsicherheiten seien, so Carmen de Jong. Ob 30 oder 50 Prozent – auf jeden Fall fehlt das verdunstete Wasser in den Bächen und Flüssen, in den Seen und im Grundwasser. Dabei wird in den Alpen Wasser vor allem im Winter oft zur Mangelware …
"…und gerade zu der Zeit, also in den Monaten Januar und Februar, wird am meisten Wasser für die Produktion von Kunstschnee auch entnommen. Das bedeutet, in manchen Bächen wird bis zu 70 Prozent vom Abfluss entnommen, und die Flüsse können dadurch auch beinahe austrocknen."
Zudem prophezeien Klimaexperten ohnehin Engpässe in der Wasserversorgung, ganz unabhängig von der Kunstschneeproduktion. In dieser Lage dreht der Skitourismus den Wasserhahn noch weiter zu.
"Es gibt Kommunen in den französischen Alpen, denen wurde so viel von ihrem Trinkwasser entnommen für Kunstschnee, dass sie jetzt zunehmend Wasser pumpen müssen. Und meine Befürchtung ist, wenn jetzt schon die kleineren Kommunen und auch in den Hochgebirgstälern betroffen sind, dann haben wir längerfristig gesehen ein großes Problem unterhalb. Das heißt, in gewissen Zeiten wird es dann in Zukunft Wasserstress geben."
Das heißt, die Städte und Gemeinden unterhalb der Skigebiete werden die Folgen zu spüren bekommen. Denn das Wasser aus den Alpen ist wichtig für die Trinkwasserversorgung. Der Kunstschnee bereitet aber auch Probleme, wenn die Skifahrer längst abgereist sind. Denn er bleibt länger auf den Hochgebirgswiesen und Matten liegen als der normale Schnee. Christian Rixen:
"Es kann sein, dass im hochalpinen Gebiet, wo die Vegetationsperiode ohnehin schon sehr kurz ist, dass dort zwei bis drei Wochen weniger zur Verfügung stehen für die Pflanzen zum Wachsen, zum Blühen, zum Samenproduzieren. Und das kann natürlich problematisch seien in hoch gelegenen Gebieten, wo man darauf angewiesen ist, dass die Pflanzendecke intakt ist."
Sonst hat die Erosion leichtes Spiel. Außerdem enthält das Fluss- oder Quellwasser, das für den Kunstschnee gefroren wird, mehr Nährstoffe als Schneewasser. Darunter leiden seltene Hochgebirgspflanzen wie manche Enzianarten, die keine Art von Düngung vertragen.
"Was wichtig ist, denke ich, in der Zukunft zu schauen, in welchen Gebieten es sich wirklich noch nachhaltig lohnt, in künstliche Beschneiung zu investieren, das heißt, zu schauen, sind die Gebiete hoch genug, sind die Temperaturbedingungen gegeben, dass man auch in den nächsten 20 Jahren günstig beschneien kann, und wenn das nicht der Fall ist, sollte man sich rechtzeitig überlegen, was es für Alternativen gibt."
Und auf Sommertourismus umstellen. Etwas anderes, davon sind die Wissenschaftler überzeugt, bliebe wohl kaum.
"Das Ausmaß der Beschneiung wird stark zunehmen. Wenn man rein ökonomisch argumentiert, haben wir quasi den Fall, dass eine flächige Beschneiung, fast 100 Prozent Beschneiung angestrebt wird. Nicht ganz 100 Prozent, aber 80 oder 90 Prozent, nur dann kann man gewährleisten, Temperaturen vorausgesetzt, dass der Saisonstart Anfang Dezember auch wirklich garantiert werden kann."
Christian Rixen ist Biologe am Schweizer Institut für Schnee- und Lawinenforschung in Davos. In manchen Gegenden, etwa in Südtirol, ginge ohne Schneekanonen schon heute auf rund 90 Prozent der Pisten nichts mehr. Zwar erklären viele Gemeinden und Betreiber, dass der Kunstschnee keine Auswirkungen auf die Umwelt und die Wasserressourcen habe, aber:
"Die Behauptung, dass es keine Auswirkungen gibt, steht eigentlich auf tönernen Beinen, weil wir als Wissenschaftler viel zu wenige Messungen haben. Es gibt einen dringenden Forschungsbedarf in die Richtung."
Carmen de Jong vom Hochgebirgsinstitut der Universität von Savoyen in Chambéry. Das Wasser für die Schneekanonen kommt meist aus großen Rückhaltebecken. An diese inzwischen oft recht großen künstlichen Seen würden nicht die gleichen Sicherheitsmaßstäbe wie an Staudämme gelegt, warnt die Wasserwirtschaftlerin:
"Mittlerweile sind es, das sind jetzt Schätzungen, 95 Millionen Kubikmeter Wasser, die jährlich für Kunstschnee benutzt werden. Diese 95 Millionen Kubikmeter Wasser sind so viel wie die jährliche Nutzung einer Stadt mit circa 1,5 Millionen Einwohnern. Meine Schätzungen würden darauf hindeuten, dass zirka 30 Prozent von diesem Wasser verloren geht, durch entweder Sublimation, die direkte Verwandlung von Schnee in Gasform, oder dass eben der Kunstschnee, der schmilzt, direkt verdunstet."
Die französischen Wasserbehörden gehen sogar von 50 Prozent aus. Allein das zeigt, wie groß die Unsicherheiten seien, so Carmen de Jong. Ob 30 oder 50 Prozent – auf jeden Fall fehlt das verdunstete Wasser in den Bächen und Flüssen, in den Seen und im Grundwasser. Dabei wird in den Alpen Wasser vor allem im Winter oft zur Mangelware …
"…und gerade zu der Zeit, also in den Monaten Januar und Februar, wird am meisten Wasser für die Produktion von Kunstschnee auch entnommen. Das bedeutet, in manchen Bächen wird bis zu 70 Prozent vom Abfluss entnommen, und die Flüsse können dadurch auch beinahe austrocknen."
Zudem prophezeien Klimaexperten ohnehin Engpässe in der Wasserversorgung, ganz unabhängig von der Kunstschneeproduktion. In dieser Lage dreht der Skitourismus den Wasserhahn noch weiter zu.
"Es gibt Kommunen in den französischen Alpen, denen wurde so viel von ihrem Trinkwasser entnommen für Kunstschnee, dass sie jetzt zunehmend Wasser pumpen müssen. Und meine Befürchtung ist, wenn jetzt schon die kleineren Kommunen und auch in den Hochgebirgstälern betroffen sind, dann haben wir längerfristig gesehen ein großes Problem unterhalb. Das heißt, in gewissen Zeiten wird es dann in Zukunft Wasserstress geben."
Das heißt, die Städte und Gemeinden unterhalb der Skigebiete werden die Folgen zu spüren bekommen. Denn das Wasser aus den Alpen ist wichtig für die Trinkwasserversorgung. Der Kunstschnee bereitet aber auch Probleme, wenn die Skifahrer längst abgereist sind. Denn er bleibt länger auf den Hochgebirgswiesen und Matten liegen als der normale Schnee. Christian Rixen:
"Es kann sein, dass im hochalpinen Gebiet, wo die Vegetationsperiode ohnehin schon sehr kurz ist, dass dort zwei bis drei Wochen weniger zur Verfügung stehen für die Pflanzen zum Wachsen, zum Blühen, zum Samenproduzieren. Und das kann natürlich problematisch seien in hoch gelegenen Gebieten, wo man darauf angewiesen ist, dass die Pflanzendecke intakt ist."
Sonst hat die Erosion leichtes Spiel. Außerdem enthält das Fluss- oder Quellwasser, das für den Kunstschnee gefroren wird, mehr Nährstoffe als Schneewasser. Darunter leiden seltene Hochgebirgspflanzen wie manche Enzianarten, die keine Art von Düngung vertragen.
"Was wichtig ist, denke ich, in der Zukunft zu schauen, in welchen Gebieten es sich wirklich noch nachhaltig lohnt, in künstliche Beschneiung zu investieren, das heißt, zu schauen, sind die Gebiete hoch genug, sind die Temperaturbedingungen gegeben, dass man auch in den nächsten 20 Jahren günstig beschneien kann, und wenn das nicht der Fall ist, sollte man sich rechtzeitig überlegen, was es für Alternativen gibt."
Und auf Sommertourismus umstellen. Etwas anderes, davon sind die Wissenschaftler überzeugt, bliebe wohl kaum.