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Auf Tour mit PDA und ''Crumpet''

Deutsche Urlauber, so spötteln unsere Nachbarn gerne, erkennt man zuverlässig am ''Baedeker'' vor der Nase. Doch auch hier macht Digitaltechnik dem Klassiker immer mehr Konkurrenz. So wird eine Reise am Routenplanungsprogramm daheim vorbereitet und das Navigationssystem im Auto geleitet den Urlauber sicher durch die Fremde zum Ziel. Danach schlägt bislang jedoch wieder die Stunde von Faltplänen und gedruckten Reiseführern. Hier setzt jetzt aber ''Crumpet'' an: der digitale Fremdenführer.

    Von Thomas Reintjes

    Ob Heidelberg oder Helsinki – über jedes Reiseziel stehen Informationen im Überfluss bereit. Vor allem über das Internet lassen sich alle Möglichen Angaben zu einem fremden Ziel schon zu Hause beschaffen. Das Problem ist also nicht die Menge an Information, sondern vielmehr die Vielfalt, in der sie daher kommt. Forscher vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik in Sankt Augustin bei Bonn sowie sieben weiteren europäischen Instituten entwickelten daher "Crumpet". Das System soll die Fülle touristischer Informationen intelligent verwalten, bewerten und möglichst einfach zugänglich machen. Unterwegs zeigen die so genannten "Personalisierten Dienste für mobile Tourismusanwendungen" über einen kleinen Handheld-Computer die Texte und Bilder an, die vermutlich für den Benutzer interessant sind. Mitentwicklerin Barbara Schmidt-Belz

    Das System ist - wie wir sagen - location aware. Das heißt, es misst automatisch, wo der Benutzer gerade ist und vermittelt dann auch automatisch die Dienste, die in der Nähe sind. Der Anwender kann so etwa herausfinden, welche Restaurants in der Nähe liegen. Das System selbst kennt vielleicht die Präferenzen seines Besitzers für beispielsweise italienische, deutsche oder chinesische Küche und würde dann auch die Liste der verfügbaren Restaurants in der Nähe entsprechend so sortieren, dass die voraussichtlich Interessantesten oben angezeigt werden.

    Ziele, die gerade in der Nähe sind, können auch aktuelle Handy-Dienste schon ausfindig machen. Deren Handhabung ist aber nicht besonders komfortabel. Crumpet agiert dagegen selbstständig und geht auf den Benutzers ein. Mit der Zeit lernt der elektronische Stadtführer so die Vorlieben seines Besitzers kennen, indem das System dessen Verhalten beobachtet und nach und nach lernt, ob er sich beispielsweise eher für historische Gemäuer oder moderne Kunst interessiert. Dahinter steckt eine komplexe Software. Die Informationssuche und Bewertung übernehmen dabei so genannte Agenten, kleine Softwarebausteine mit bestimmten Aufgaben:

    Es gibt dann zum Beispiel Agenten, die bestimmte Dinge durchsuchen und Informationen zurückliefern. Es gibt andere, die solche Informationen bereithalten und je nach Wunsch des Klienten bereitstellen. Wieder andere überwachen die Qualität der drahtlosen Kommunikation und reagieren darauf, indem sie bei schlechtem Empfang beispielsweise große Bilder nicht übermitteln, so dass die Größe der übertragenen Daten an die zur Verfügung stehende Bandbreite angepasst wird.

    So ist Crumpet sowohl in herkömmlichen GSM-Mobilfunknetzen als auch mit UMTS oder WLAN einsetzbar. Auf einen anderen Übertragungsweg setzt dagegen das System UMIS, das ebenfalls von Fraunhofer-Wissenschaftlern des Instituts für Integrierte Schaltungen in Erlangen entwickelt wurde: das digitale Radio DAB. Dazu erklärt Ingenieur Alexander Zink:

    Wir wollten für Radioanwendungen etwa im Auto einen Datendienst kreieren, der audio-basiert und nicht unbedingt auf einen Bildschirm angewiesen ist. Die Idee hinter UMIS ist, dass ich Informationen über touristische Sehenswürdigkeiten oder andere Objekte automatisch angesagt bekomme, wenn ich mich diesen Objekten nähere.

    Im Pilotprojekt in Ingolstadt meldet UMIS beispielsweise freie Parkplätze im nächsten Parkhaus oder sagt die Speisekarte eines Restaurants an. Wie beim Crumpet-System sind die Informationen auf die persönlichen Interessen des Nutzers abgestimmt. Beide Systeme sind Forschungsprojekte, die von der Fraunhofer-Gesellschaft zusammen mit Unternehmen entwickelt wurden. Marktreif sind die mobilen Informationsagenten zwar noch nicht. Aber mit den entstehenden Breitbandnetzen wie UMTS und DAB sind die nötigen Voraussetzungen für einen Einsatz geschaffen.