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Aufatmen in Redmond

Mit schöner Regelmäßigkeit schlagen zur Ferienzeit zu. So hatte auch der Autor von W32.Blaster seine Wurmattacke in die Zeit des Sommerlochs gelegt: Vergangenen Samstag sollten Hunderttausende infizierter Rechner gleichzeitig via Internet die Server des Windowsupdate-Dienstes mit Anfragen überhäufen und so in die Knie zwingen. Allerdings konnte Microsoft gerade noch rechtzeitig reagieren und seine Systeme gegen die so genannte Denial of Service-Attacke wappnen.

    Mit dem Anbrechen des jungen Tages in Neuseeland begann auch die für den 16. August terminierte Attacke des Wurmes W32.Blaster alias Lovesan auf die Rechnersysteme des "Windowsupdate"-Dienstes. Dennoch konnte der Parasit seine beabsichtigte Wirkung nicht entfalten: Unzählige mit dem Schädling infizierte Computer weltweit schickten zwar Internetanfragen an Microsofts Webseiten, doch die Flutwelle lief ins Leere. Denn bei der Adresse "Windowsupdate.com" handelt es sich eigentlich um eine Umleitung auf andere Internetadressen des Redmonder Konzerns. "Gewarnt durch Hersteller von Antivirusprogrammen sowie durch eigene Programmierer, konnte der Wurm rechtzeitig genau analysiert werden und dabei die Zieladresse des Angriffes identifiziert werden. Dadurch konnten wir am Samstag Probleme durch den Wurmangriff unterbinden", berichtet Microsoft-Sprecher Thomas Baumgärtner. Nicht nur Microsofts Server, sondern auch das Internet verkraftete den befürchteten Datensturm überraschend gut. So wurde am vergangenen Samstag nur ein leicht erhöhter Verkehr auf der Datenautobahn verzeichnet, der Stau im Internet blieb dagegen aus. Auch konnten offenbar die Systeme wichtiger Internetknotenpunkte rechtzeitig gegen einen Ausfall gesichert werden.

    Dagegen scheint sich ein Trend zu entwickeln, ausgerechnet das "Sommerloch" für Virusangriffe zu nutzen. So sorgte etwa im August 2001 das berüchtigte Virus "Code Red" für Aufregung unter Systemadministratoren, die in den Sommern zuvor bereits traurige Bekanntschaft mit "Loveletter" und der Denial-of-Service-Attacke auf den Webmaidienst Hotmail machen mussten. Dass die Ferienzeit den Parasiten möglicherweise bessere Chancen für ihre destruktiven Aktivitäten bieten, können Sicherheitsexperten indes nicht bestätigen. "Man kann nur darüber spekulieren, ob die Programmierer von Viren und Würmern zu dieser Jahreszeit besonders aktiv sind. Auch sind die Beweggründe dieser Menschen außerordentlich vielfältig", resümiert Olaf Lindner von Symantec. Ein Grund könnten so genannte Skriptkiddies sein, die die Ferienzeit nutzen, um ihnen verhasste Personen mit Viren heimzusuchen. Doch auch die Presse greift in der Phase magerer Nachrichtenlagen gerne Themen bevorstehender "Viruskatastrophen" zurück und sorgt so für eine größere Aufmerksamkeit nicht nur unter Betroffenen. "Ein so großes Echo hatten wir eigentlich nicht erwartet, aber wir als Antivirushersteller wollen keineswegs ein Geschäft mit der Angst betreiben", unterstreicht Lindner.

    Doch Bereitschaft einzelner Sicherheitsberater einerseits, das Geschäft mit Warnungen vor eher gering gefährlichen Computerparasiten zu beleben, und der Medien andererseits, diese Warnungen mit gewissem Nachdruck zu publizieren, sorgt mitunter dafür, dass wirklich bedrohliche Viren nicht ausreichend beachtet werden. So geschehen etwa im Fall des Virus "SQL-Slammer", der im Januar dieses Jahres zuschlug und beträchtlichen Schaden hervorrief. Dass indes die Zahl von Angriffen auf Internet und Computer jährlich enorm zunimmt, zeigen Untersuchungen der Computerkriminalitätsgruppe von Interpol in Lyon. Demnach wurden dieses Jahr 82.000 so genannte Vorfälle verzeichnet, während der Wert im vergangenen Jahr noch bei "nur" 21.000 gelegen hatte.

    [Quelle: Peter Welchering]