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Aufblasbar ins All

Raumfahrt. - Der Transport von Lasten in den Weltraum erfolgt meist in kleineren Schritten: Einzelne Module werden vor Ort zu großen Komplexen zusammengesetzt, denn alle Bauteile müssen in die Nutzlastspitzen der jeweiligen Trägerrakete oder in die Ladebucht der Raumfähren passen. Neben der Größe spielt auch das Gewicht der Bauteile eine Rolle. Auf dem Deutschen Luft- und Raumfahrtkongress in München konnte man nun neue Leichtbau-Konzepte begutachten.

Guido Meyer |
    Es ist das Prinzip der sich selbst aufblasenden Luftmatratze. Nur ist sie nicht leer - bis auf Luft -, sondern bildet nach ihrer Entfaltung eine Außenhaut um das eigentliche feste Modul im Inneren. Das ganze nennt sich Inflatable Module und basiert auf dem Trick, um das eigentliche Weltraumlabor herum eine weitere Hülle entstehen zu lassen, die für Astronauten noch einmal etwa doppelt so viel Aufenthaltsraum bereitstellt.

    Es handelt sich um eine faltbare und aufblasbare Schale, die zusammengelegt von einem Space Shuttle oder einer russischen Proton-Rakete ins All geschossen werden kann. Dort angekommen, wird sie aufgeblasen und stellt den Astronauten dann rund 3500 Kubikmeter zusätzlichen Raum zur Verfügung - drei Mal so viel wie zum Beispiel einige der festen Module der Internationalen Raumstation ISS. So viel Fläche kann man in keiner Rakete unterbringen. Die Außenhaut ist außerdem stabiler als Metall, und das Ganze ist beim Start Platz sparend.

    So Diane Maxwell von der Space Development Corporation in Houston, Texas. Der Aufbau aus mehr als 20 Außenschichten macht die Hülle sehr stabil; sie besteht teilweise aus superfestem Kevlar, aus dem auch schusssichere Westen gefertigt werden. Die NASA hat derartige Werkstoffe in Wassertanks und Vakuumkammern getestet. Und auch die Europäer experimentieren derzeit mit neuen Materialien. So wird das Weltraumteleskop Herschel geplant, das Staub und Wasser im All im Infrarot-Bereich untersuchen soll. Es verfügt als Treibstoff über flüssiges Helium, gelagert in einem Tank, der der Kühlung wegen innerhalb von Herschel aufgehängt ist. Horst Bansemir, Leiter Festigkeit bei Eurocopter in München, erläutert:

    Die Aufhängung des Tanks für den Satelliten Herschel dient zur Isolierung zwischen Raumtemperatur und dem Flüssigheliumbestückten Tank. Und die Wärmeleitung von den Faserverbunden ist um Zehnerpotenzen niedriger als bei Metallen, sodass es sich dort lohnt, zur Isolierung Faserverbunde zu nehmen. So ist es möglich, den Tank, der mit Flüssighelium gefüllt ist, lange zu benutzen. Die Lebensdauer des Satelliten ist bestimmt durch diese Wärmeleiteigenschaften.

    Je weniger Wärmeleitung also und damit Wärmeverlust des eiskalten Treibstoffs, desto länger reicht dieser, und desto länger kann Herschel im All arbeiten. Kohlenstofffaser-verstärkter Kunststoff - CFK - ist derzeit auch auf dem Weg zum Mars und wird in zwei Jahren mit zur Venus fliegen. Horst Bansemir:

    Bei Mars Express und bei Venus Express haben wir die Solargeneratoren gebaut. Die Faserverbundwerkstoffe werden auch dort eingesetzt und dienen insbesondere der Steifigkeit der Flügel und auch der Festigkeit der Flügel bei sehr geringem Gewicht. Und das Ganze dient dazu, möglichst viel Watt zu erzeugen bei einem niedrigen Gewicht.

    Gewichtsreduzierung heißt auch in der Luftfahrt Kostenreduzierung. So will Airbus ebenfalls weg vom Metall und hin zum Faserverbund. Der Rumpf künftiger Flugzeuge soll so ein Drittel leichter und 40 Prozent billiger werden. Michael Kupke von Airbus in Bremen:

    Das Projekt CFK-Rumpf ist ein nationales, öffentlich gefördertes Projekt, das über vier Jahre läuft, momentan also Mitte 2003 bis 2007. Das Endziel, das wir aber 2007 natürlich noch nicht erreichen, ist es, den heutigen Aluminiumrumpf langfristig durch einen Rumpf aus Kohlenstofffaser-verstärktem Kunststoff zu ersetzen.

    Eines der CFK-Rumpf-Designs von morgen könnte das Doppelschaler-Prinzip sein, das die bisherigen zahlreichen Schichten der Flugzeug-Außenhaut zwischen zwei feste Schalen verteilt. Kupke:

    Wir können nämlich dann auf bestimmte Teile der Struktur verzichten, die heute bei der metallischen Struktur vorhanden sind. Und der Zwischenraum zwischen den Wänden isoliert natürlich auch, sodass wir, wenn wir dort eine Wärmeisolierung vorsehen, die wieder im Innenraum einsparen können.

    Ob für den Luftraum, die Umlaufbahn, Mars oder Venus - es gilt: Leichter kommt weiter - und kostet weniger.